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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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du bist heute Abend gut drauf«, sagte ich.
    »Klar«, sagte Klaus. »Ich bin mit dir zusammen. Da bin ich immer gut drauf!« Fröhlich schaute er mich über eine Gabel Rotkohl hinweg an.
    Wieso war dieser Mann so unkompliziert?
    Und warum war es mit ihm einfach nicht romantisch?
    Romantische Liebhaber essen eben keinen Rotkohl und trinken kein Bier und schlafen nicht in Konzerten und lesen keine Zeitung mit ekelhaften Geschwüren vorne drauf. Ganz klar. Klaus fehlte einfach das gewisse Etwas.
    »Aber dir geht es wieder mal nicht toll«, analysierte der feinfühlige Herr Doktor.
    »Woran merkst du das?«
    »Du bist ungewöhnlich schweigsam. Was ist los, hat dich die Altistin geschafft? Du musst nicht glauben, dass sie besser war als du. Nur lauter. Und dicker. Mach dir nichts draus.«
    Der Kellner kam und brachte ein großes Bier. An Süßspeisen könne er Mousse à l’orange empfehlen, sagte er, mit frischen Mangospalten und in Sherry flambiert. Auch gebe es eine hervorragende Crème de chocolat auf frischer Sahne und mit Mokkatrüffeln beraspelt.
    »Hm«, sagte Klaus. »Das nehme ich beides.«
    »Ich dachte im Moment mehr an die junge Dame«, sagte der Kellner und grinste anzüglich. Schließlich hatte ich immer noch nichts zu essen, während Klaus schon an den Gebeinen des abgenagten Wildschweines knabberte.
    »Meine Frau isst so was nicht«, sagte Klaus selbstbewusst. »Wenn Sie keinen Grießbrei haben oder Milchreis im Pappbecher, werden Sie bei ihr kein Glück haben.«
    Der Kellner drehte ab. Klar, dachte er bestimmt, Ärztekongress. Dieser Doktor hat seinen schlimmsten Fall gleich mitgebracht.
    »Also, warum bist du wieder breisüchtig?«, fragte Klaus, während er die Knochen auf einen Extra-Teller legte. »Zwischendurch hast du doch schon wieder mit Messer und Gabel gegessen! Will es mit der Karriere nicht klappen?«
    »Das auch«, sagte ich düster.
    »Und mit diesem Opernfuzzi auch nicht?«
    Klaus nun wieder. Messerscharfer Diagnostiker. Früher hätte er sich dieser lockeren Wortwahl übrigens niemals befleißigt.
    »Er betrügt mich«, sagte ich und hatte Mühe, nicht loszuheulen. »Ich weiß es seit heute Abend.«
    »Das ist doch in deinem Milieu so üblich«, sagte Klaus ungerührt und rettete den letzten Knödel vor dem Abfalleimer. »Das weiß ich doch aus eigener Erfahrung.«
    Ich steckte diesen Seitenhieb hastig weg.
    Klaus hatte Simon jedenfalls nicht wiedererkannt. Wie sollte er auch, im Tiefschlaf.
    »Quatsch«, sagte ich, zum Angriff übergehend. (Angriff ist die beste Verteidigung.) »Du hast ja überhaupt keine Ahnung! Simon ist ein Mann von Welt, er ist vollkommen autark, er ist ein Künstler durch und durch …«
    »Genau«, sagte Klaus ungerührt. »Diese Sorte kenne ich. Das sind die Schlimmsten.«
    »Wie kannst du sie alle über einen Kamm scheren!« schnauzte ich. »Du als Intellektueller solltest wissen …«
    »Dein Brei kommt«, sagte Klaus erfreut.
    Tatsächlich. Der ölige Kellner brachte eine große Schüssel mit Grießbrei und eine silberne Karaffe Himbeersaft.
    »In diesem Hause ist nichts unmöglich«, näselte er stolz, als ich ihn sprachlos anstarrte. »Guten Appetit, gnädige Frau!«
    Die gnädige Frau errötete bis zum lieblichen Rundausschnitt. Wie peinlich! Ich konnte doch unmöglich jetzt vor all den Leuten den Grießbrei in mich hineinschaufeln! Im Abendkleid mit Puffärmeln!
    »Ober!«, rief Klaus und winkte mit einem Fünfzigmarkschein. »Meine Frau ist allergisch gegen Silberbesteck. Bitte bringen Sie ihr einen Plastiklöffel.«
    Der Ober lächelte säuerlich. Unter seiner öligen Frisur begann er zu schwitzen. Trotzdem gelang es ihm, Haltung zu bewahren. Mit seiner üblichen Zackigkeit drehte er ab.
    »Ober!«, rief Klaus ungerührt hinter ihm her. Der Ober zuckte. »Wenn es möglich ist, bitte einen roten!«
    »Na, geht es dir jetzt besser?« Klaus stand vor dem Zimmerspiegel und riss sich die Krawatte vom Halse.
    »Ja«, sagte ich zufrieden und ließ mich auf das ovale Bett fallen. »Du hast dich ja ganz schön für meine Belange eingesetzt. Echt partnerschaftlich! Wer kann das heute noch!«
    Mit einem Seufzer des Wohlbehagens zog ich mir die hochhackigen Pumps von den geschwollenen Füßen und warf sie unter die Heizung.
    Klaus befreite sich von seinem Jackett und schmiss es auf einen Sessel. »Klar«, sagte er, während er in der hoteleigenen Fernsehzeitung blätterte. »Ich liebe dich doch schließlich.«
    Schweigend guckte ich ihm auf die Rückfront.
    Er

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