Frauen al dente. (German Edition)
unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt.
»Schlecht möglich. Unsere diskrete Hella hat es mit ihm doch immer in irgendwelchen romantischen Hotelzimmern getrieben. Und sie ist bestimmt nicht der Typ, der sich ein paar Unterhosen zur Erinnerung mit nach Hause bringt. Er muß etwas anderes suchen. Ich seh' mal nach.« Entschlossen ging sie hinüber, doch er kam ihr schon entgegen. Zufrieden strahlend und gut ausgepolstert.
»Nie wieder besteh' ich auf kleinen Scheinen. Es ist doch mehr, als ich gedacht habe«, entschuldigte er sich für seine Unförmigkeit. »Grüßt Hella von mir. So long!« Ein Zwanzigmarkschein blitzte aus seiner rechten Sakkotasche.
Verblüfft folgten sie ihm mit den Augen, als er leise pfeifend im Treppenhaus verschwand. Er drehte sich sogar noch einmal um und winkte.
»Glaubst du, was ich glaube?« fragte Marlen gedehnt.
»Der Kerl hat die Taschen voller Geld!«
»Hellas Geld! Das hat sie ihm doch nie im Leben freiwillig gegeben!«
»Weshalb auch? Kredite kann er doch über die Bank abwickeln. Da stimmt etwas nicht. Komm, wir holen es uns wieder! Wir können doch nicht ruhig dabei zusehen, wie er unsere Freundin beklaut.«
Barbara nahm immer zwei Stufen auf einmal die Treppe hinab. Marlen war langsamer. Zumal sie vor Aufregung beinahe Lisa vergessen hätte und noch einmal zurück mußte.
Barbara entdeckte Jens, als er sich ahnungslos ans Steuer seines Sportwagens setzte und den Motor anließ.
»Zu Fuß kriegen wir den nicht mehr. Wir nehmen mein Auto.«
Oh nein, nicht auch noch das! Barbara fuhr mit dem Teufel im Nacken. Wem sein Leben lieb war, verzichtete freiwillig auf ihre Chauffeurdienste.
Doch ihr Wagen parkte direkt vor der Haustür. Wenn sie Jens einholen wollten, der sich bereits in den Verkehr einfädelte, blieb ihnen keine Wahl.
Marlen quetschte sich mit Lisa auf den Rücksitz.
»Ich muß das Kind anschnallen!« kreischte sie, als Barbara quasi aus dem Stand losbrauste. Doch ihre Freundin konzentrierte sich bereits voll auf ihre neue Rolle als Michaela Schumacher. Mit der Nase fast auf dem Lenkrad nahm sie die Verfolgung auf. Verzweifelt bemühte Marlen sich, den Sitz mit Lisa trotz des Geschaukels festzuschnallen. Dabei blinkte in ihrem Kopf unablässig die rote Warnleuchte. Sie schwitzte aus allen Poren, bis es ihr endlich gelungen war.
Wo steckte dieser Jens mit seinem Sportwagen? Marlen konnte ihn nirgends entdecken.
»Fahr schneller, du verlierst ihn ja!« rief sie.
Das hätte sie besser nicht sagen sollen. Die Tachonadel zeigte bereits über fünfzig. Nun schaltete Barbara noch einen Gang zu. Sie riß das Steuer nach links und scherte in eine winzige Lücke zwischen einem Motorradfahrer und einem Ford-Transit-Lieferwagen ein.
»Fahr vorsichtiger. Du bringst uns ja um!«
Marlen zog unwillkürlich den Kopf zwischen die Schultern. Es hätte so ein friedlicher Morgen werden können, und nun das.
»Da vorne ist er!« Ihr Arm schoß nach vorne, haarscharf an Barbaras Kopf vorbei.
»Nimmst du wohl den Arm weg!« fauchte Barbara.
Dank ihrer halsbrecherischen Fahrkünste verringerte sich der Abstand zwischen den beiden Wagen. Nur ein Golf trennte sie noch.
»Weg mit dir«, zischte Barbara. Der Golf-Fahrer gehorchte. Er setzte den Blinker und bog nach rechts ab.
Sie klebten nun beinahe Stoßstange an Stoßstange. Kaum vorstellbar, daß Jens sie noch nicht bemerkt hatte. Doch er hielt seine Geschwindigkeit unverändert bei.
Endlich. Eine Ampel. Und sie schlug tatsächlich auf Rot um. Die Wagen vor ihnen bremsten und sie mit.
»Raus!!« Barbara stieß die Wagentür auf und rannte nach vorne. Marlen stürzte hinterher.
»Was ist denn mit euch los?« Überrumpelt zeigte Jens keinerlei Abwehrreaktionen, als Barbara auf seiner Seite die Tür aufriß. Erst als sie sich zu ihm hinabbeugte, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen, begann er, sich zu wehren. Ein ziemlich schwieriges Unterfangen in seiner Lage. Genauso schwierig, wie für Barbara, an das Geld heranzukommen.
»Steig aus und rück den Zaster raus«, zischte sie im besten Ganovenjargon. Die ersten Passanten wurden auf sie aufmerksam und blieben stehen, um abzuwarten, wie es weitergehen würde.
»Ich denke gar nicht daran. Hella hat mir das Geld geschenkt. Für treue Dienste, ihr könnt sie ja fragen. Ich war es ihr wert.« Jens grinste eine Spur zu überheblich.
In Barbara erreichte ihr Widerwillen den Siedepunkt. Was für ein Schmierlappen. Aber war es möglich, daß er die Wahrheit sprach?
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