Frauen al dente. (German Edition)
Frankfurt nach Düsseldorf vereinbart. Peer Sanders erwog ernsthaft, aus seiner Liebhaberei zu Schafen zumindest einen lukrativen Nebenerwerb aufzubauen. Schafprodukte von der Wolle bis zum Käse standen hoch im Kurs. Wenn das Ganze noch auf Öko-Basis stattfand, versprach es durchaus Gewinne. Er war Geschäftsmann genug, um zu wissen, daß sein Mini-Bestand an Schafen für ein solches Projekt nicht ausreichte. Er plante eine Vergrößerung. Und benötigte einen Kredit – den Hella und ihre Bank ihm gewähren sollten.
»Haben Sie Lust, mit mir hinaus auf meinen Hof zu fahren? Ich würde Ihnen gerne dort erklären, wie ich mir das Geschäft vorstelle. Auf dem Papier klingt es vielleicht etwas abenteuerlich.«
Hella krauste nachdenklich die Stirn. Eine Ortsbesichtigung wäre wahrscheinlich gar nicht so übel. Das von Sanders vorgeschlagene Projekt zählte zu den Alternativprojekten, in den Augen konservativer und ausschließlich gewinnorientierter Bankleute lag darin immer ein Risiko. Sie drückte auf die Sprechtaste.
»Frau Schuhmann, habe ich in den nächsten Stunden einen Termin?« erkundigte sie sich.
»Ausnahmsweise steht nichts an. Wegen der Betriebsversammlung um fünfzehn Uhr. Sie gehen sicherlich hin?«
Für Mitglieder des Managements gehörte die Betriebsversammlung zu den geheimen Pflichten. Hella versäumte sie grundsätzlich nie. Doch heute würde sie eine Ausnahme machen.
»Ich sehe mir mit Herrn Sanders ein Kreditobjekt an. Eine Öko-Schaffarm, Sie kennen ja die Schwierigkeiten mit diesen Projekten.« Frau Schuhmann wußte Bescheid. In solchen Fällen war immer eine Besichtigung notwendig. Sollte jemand nach Hella fragen, würde sie sie entschuldigen.
Hella nahm ihre Jacke und ihre Handtasche. »Ich bin soweit.« Als sie hinter Peer Sanders an Frau Schuhmann vorbei zum Ausgang ging, fing sie verblüfft den schwärmerischen Blick auf, den sie ihm hinterherwarf. Sah er wirklich so gut aus?
Ähnlich wie Marlen am Abend zuvor, konnte auch Hella sich dem Zauber des ›Hofes‹, wie Peer sein Anwesen in penetranter Bescheidenheit nannte, nicht entziehen. Es strahlte eine unwiderstehliche Ruhe aus. Eine Trutzburg in unsicheren Zeiten.
»Schön haben Sie es hier«, stellte sie fest. Sie standen draußen im Hof. Der milde Sommerwind streichelte ihr über die Haut. Er trug den süßlichen Duft von Blüten zu ihnen herüber, die sie nicht kannte.
Peer lächelte auf sie herab. Er überragte sie um mindestens eine Kopflänge. »Die Schafe stehen auf der Weide hinter dem Teich, wo ich auch die Farm errichten möchte.« Er warf einen kritischen Blick auf ihre Schuhe. »Am besten, ich gebe Ihnen ein paar Gummistiefel, dort hinten ist es nicht besenrein.«
Ohne sich zu zieren schlüpfte Hella in die Stiefel. Zusammen mit ihrem Designer-Kostüm gaben sie ein seltsames Paar ab. Doch sie verschwendete keinen Gedanken daran. Es gab Wichtigeres im Leben als die passende Kleidung zu jeder Gelegenheit.
Der Weg hinter dem Haus war nicht asphaltiert, doch gepflegt. Er schien häufig benutzt zu werden. An einigen Bäumen reiften Pflaumen, die ersten waren schon abgefallen. Nicht mehr lange, und sie mußten geerntet werden.
»Haben Sie eigentlich jemanden für die Arbeit auf dem Hof? Die können Sie doch wohl kaum selber bewältigen«, fragte sie.
Er lachte. »Ich helfe nur, wenn ich abends etwas Zeit finde oder Urlaub habe. Ansonsten wird die Arbeit von ein paar Angestellten erledigt. »
Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Ein großes Anwesen, mehrere Angestellte. Konnte man sich dies von einem Vorstandsgehalt bei
pleasure
leisten?
»Meine Eltern haben mir dies alles vererbt«, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. »Meine Familie gehört zum Niederrheinadel. Als Meerbusch vor ein paar Jahren zur Stadt ernannt wurde und überall Bauland gesucht wurde, haben meine Eltern ein paar Grundstücke verkauft und Gewinn gemacht. Wie Sie sehen, profitiere ich nun davon.« Er öffnete ein Gatter und ließ Hella den Vortritt. Schafe lösten sich aus dem Schatten der Bäume und umringten Peer und seinen Gast. Ein besonders kräftiges Schaf stupste Hella mit der Schnauze an. Gehorsam öffnete sie die Hand und ließ sich ablecken. Sofort rückten die anderen Schafe nach. Bis auf ein Schaf. Es hielt sich abseits, beäugte die Szene jedoch unablässig.
»Sehen Sie das Tier da drüben? Das ist Bella, mein Lieblingsschaf. Ich habe sie als Stammutter für meine Züchtung vorgesehen. Ihr Lamm soll das erste Schaf sein, das
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