Frauen al dente. (German Edition)
einmal stellte sie sich die Frage, welcher Teufel sie geritten hatte, sich das anzutun.
Kapitel 14
Das Hotel, in dem Martin Bode die Zimmer gebucht hatte, lag nicht gerade zentral. Es lag sogar eher außerhalb, wenn man die Anzahl der Umstiegsbahnhöfe von Bahn und Bus bis Frankfurt-Zentrum zur Grundlage nahm. Ein Geheimtip unter Geschäftsreisenden und entsprechend war das Publikum. Steif und distinguiert. Selbst am Wochenende. Ein schreiendes Baby erzielte die gleiche Wirkung wie ein Tornado in der Badewanne. Laptops wurden in Panik zugeklappt, aufgeschlagene Zeitungen zusammengeknäult, und fluchtartig leerte sich die kleine Empfangshalle. Marlen fühlte, wie ihr der Schweiß den Nacken hinablief. Seit dem Tag, als ihr mitten in der überfüllten Straßenbahn ein Strumpfhalter geplatzt war und sie das Malheur erst bemerkte, als sich der Nylon bereits um ihr Fußgelenk kringelte, hatte sie nie wieder öffentlich soviel Aufsehen erregt. Wobei sie nun feststellte, daß sie sehr gut darauf verzichten konnte.
Hellas spontaner Entschluß, sich der kleinen Reisegruppe anzuschließen, verursachte zusätzliche Probleme. Dank irgendeiner Großveranstaltung herrschte absolute Bettenknappheit. Drei gebuchte Einzelzimmer waren okay, doch ein weiteres Zimmer für Hella – ausgeschlossen.
Lisa konnte unmöglich länger warten. Also nahm Marlen den Zimmerschlüssel für ihr Einzelzimmer entgegen und verschwand mit ihr und der prallgefüllten Wickeltasche nach oben. Eine verständnisvolle weibliche Seele, die, wie Marlen argwöhnte, das Glück eigenen Kinderreichtums bezahlte, indem sie die Hure und Toiletten dieses feinen kleinen Hotels mit Wasser, Seife und Staubsauger schrubbte, bot sich an, die Milchflasche fürLisa zu erwärmen. In ihrem tiefsten Innern erklärte Marlen sich mit ihr solidarisch.
»Wie viele Kinder haben Sie denn?« erkundigte sie sich teilnahmsvoll, als sie die Milchflasche für Lisa entgegennahm.
Die Frau blickte sie an, überrascht, daß sich jemand für ihr Schicksal interessierte. »Ich und Kinder? Der Herr bewahre mich! So ein Hotel macht genug Arbeit, da brauche ich wirklich keine Blagen mehr!«
»Äääh …«, stotterte Marlen verdutzt. Obwohl sie sich ernsthaft um Taktgefühl bemühte, konnte sie nicht verhindern, daß ihr Blick an dem Putzkittel der Frau haften blieb.
Herzhaft auflachend warf die Frau den Kopf in den Nacken. »Oh wie so trügerisch«, deklamierte sie. »Heutzutage ist Personal teuer. Während der Woche helfen mir ein paar Aussiedler-Deutsche aus Polen, doch die Großreinigung mach' ich selbst. Da kann ich wenigstens sicher sein, daß auch auf den Türen geputzt wird.« Sprach's und schleppte den Putzeimer in den nächsten Hur.
»Alles in Ordnung«, verkündete Hella kurz darauf fröhlich. »Dein Herr Sanders hat mir sein Zimmer überlassen. Er kann bei seinem Geschäftsfreund übernachten.« Was Hella begeisterte, bedeutete für Marlen den Todesstoß ihrer geheimsten Hoffnungen. Auch wenn sie jeden Verdacht weit von sich weisen würde – aber sie müßte aus Stein sein, um Peer Sanders einen Korb zu geben. Sofern er ihr überhaupt jemals ein Angebot machte. Was nun allerdings mehr als fraglich war. Sie mit Lisa in diesem Business-Hotel, und er bei seinem Schaf draußen vor den Toren der Stadt.
»Danke, Hella, das hast du wirklich fein gemacht«, bedankte sie sich sarkastisch. »Was gibt dir eigentlich das Recht, dich in meine Angelegenheiten zu mischen? Du schuldest mir eh noch die Erklärung, aus welchem Grund du unbedingt mit nach Frankfurt wolltest.«
Hella schien unerschütterlich. »Um deinetwillen, natürlich«, flötete sie, als erweise sie Marlen einen Liebesdienst. »Zwei Männer und eine Frau – das führt nur zu unnötigen Komplikationen.«
»Ich höre und staune. Kannst du mir auch verraten, welchen Mann du für mich übernehmen willst? Jens scheint dir ja bereits nicht mehr zu genügen.« Irgend etwas stimmte mit Hella nicht, stellte Marlen voller Mißtrauen fest.
Sie leistete sich sogar das Vergnügen, sie zu verspotten, wenn auch sehr sanft: »Natürlich liegt die erste Wahl bei dir. Du weißt doch, ich bevorzuge grundsätzlich nur Second-Hand-Modelle.«
»Manchmal kann ich ein wahres Ekel sein, es tut mir leid«, entschuldigte Marlen sich zerknirscht, als sie sich an diese Bemerkung erinnerte.
Hella setzte sich zu ihr aufs Bett und nahm Lisa auf den Schoß. »Schon gut. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was in dir vorgeht. Im Augenblick stürzt
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