Frauen al dente. (German Edition)
Tagen seine Frau mit seinem Körper wärmte und ihr an heißen mit seinen Ohren Kühlung zuwedelte. Und das Beste, aber auch Anstrengendste an ihm: Er würde seiner Frau niemals von der Seite weichen. Sie würde sich auf ihn verlassen können. Hundertprozentig. Unsinn, zweihundertprozentig.
Ihre Blicke begegneten sich. Obwohl sein Mund ernst blieb, lächelte er sie an. Nur mit seinen Augen. Hellblau, tausend Blinzelfältchen in den Winkeln.
»Ist wirklich alles in Ordung?« fragte er leise und irgendwie sehr sanft.
Marlen räusperte sich irritiert. Innerlich schüttelte sie verärgert über sich selbst den Kopf. Meine Güte, was war nur mit ihr los? Es wurde Zeit, daß sie ihr Sexualleben in Ordnung brachte. Zärtliche Anwandlungen für einen verknöcherten Anwalt. Sicheres Zeichen von sexuellem Notstand. Dieser Mann war nichts für eine Nacht. Also Hände weg. Konzentrier dich lieber auf Sanders, schalt sie sich.
Entschlossen und viel zu hastig sprang sie auf.
»Was passiert mit all den Möbeln? Und Resis Kleidung, ihrer Wäsche?« erkundigte sie sich einen Touch zu forsch.
Auch Martin Bode erhob sich. »Die Kleidung und die Wäsche, für die Sie keine Verwendung haben, gebe ich an Frauenhäuser hier in Frankfurt. Die Möbel versuche ich über ein Anwaltsbüro, Freunde von mir, zu verkaufen. Der Erlös wandert auf Lisas Sparbuch. Was nicht weggeht, verschenke ich mit Ihrem Einverständnis ebenfalls an ein Frauenhaus. Oder eine andere gemeinnützige Einrichtung. Damit aus Frau Kunerts Tod wenigstens etwas Nützliches erwächst.«
»Ist es nicht ein Irrsinn? Nächtelang haben Resi und ich uns ausgemalt, wie es wohl sein würde, nach dem Studium endlich Geld zu verdienen. Eine größere Wohnung sollte es sein, vielleicht ein Auto, in jedem Fall wollten wir reisen. Am liebsten einmal um die Welt. Kleidung natürlich nur vom Feinsten. Und plötzlich ist man tot und nichts kann man mitnehmen. Was bleibt dann außer der Gewißheit, daß man sein Leben genossen hat? … Und nicht einmal die ist ewig, … denke ich mir«, grübelte Marlen. Die steile Falte auf ihrer Stirn schien ihr Gesicht in zwei Hälften zu spalten. Die Powerfrau enthüllte ihre nachdenkliche Seite.
»Womit Sie sich zum Kern des menschlichen Seins vorgearbeitet haben«, grinste Bode. Um sofort wieder ernst zu werden. »Vergessen Sie nicht, daß Frau Kunert mehr als einfach nur Sachen hinterlassen hat. Mit Lisa hat sie uns ein Stück von sich selbst geschenkt. Sie müssen ihr sehr nahe gestanden haben, sonst hätte sie Ihnen das Kind bestimmt nicht anvertraut.«
»Vermutlich.« Der Kloß in ihrem Hals schwoll zur Übergröße an. Dankbar nahm sie das Taschentuch entgegen, das er ihr reichte.
»Wissen Sie schon, für welches Erinnerungsstück Sie sich entscheiden?« hörte sie ihn fragen. Sie schüttelte so heftig den Kopf, daß ihre Locken ihn an der Wange streiften. Sofort wich er zurück. Was sie mit leisem Bedauern erfüllte. Wenn er jetzt einfach seine Arme ausgebreitet und sie an seine Brust gedrückt hätte – gegen ein bißchen Nestwärme hätte sie sich mit Sicherheit nicht gewehrt. In aller Freundschaft, versteht sich.
»Seien Sie doch nicht so steif!« mahnte sie. »Obwohl Sie Resi beinahe schon besser als ich kennen, nennen Sie sie immer noch Frau Kunert. Sie heißt Resi. Und ich übrigens Marlen.« Huch! Was hatte sie denn jetzt geritten? Plötzlich und aus heiterem Himmel dem Anwalt das Du anzubieten. Hoffentlich deutete er ihr Angebot nicht falsch und fühlte sich von ihr bedrängt.
Er wirkte tatsächlich ziemlich verblüfft. Doch zum Glück beschränkte er sich auf ein schlichtes ›Ich heiße Martin. ‹ Er lächelte ein besonders warmes Lächeln. Diesmal mit Mund und Augen gleichzeitig. Er wäre Resi bestimmt ein guter Mann geworden, wenn ihnen die Zeit geblieben wäre, es miteinander zu probieren.
Und Lisa ein hervorragender Vater.
»Die Halskette. Haben Sie irgendwo ein silbernes Gliederhalsband entdeckt? Eines, das eigentlich aus zwei Ketten bestand, aber nur noch eine besitzt?« Sie erzählte ihm, wie sie und Resi das Halsband bei einem Händler auf dem Trödelmarkt entdeckt und sich beide sofort darin verliebt hatten. Damals hatte Resi das Halsband ein wenig sentimental ›ihr Freundschaftshalsband‹ genannt. Was Marlen in ihrer betont coolen Phase eher peinlich fand. Doch jetzt schien es ihr wichtiger als sonst etwas, die Kette zu finden. Sie würde die beiden Teile wieder zusammenfügen und Lisa schenken, sobald sie
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