Frauen al dente. (German Edition)
Uhr würde der Schatten Peer Sanders die schmale Türöffnung verdunkeln. Zufrieden würde er sich am gedeckten Tisch niederlassen. Und wenn sie sich dann für den obligatorischen Begrüßungskuß über ihn beugte, würde sie den strengen Geruch nach Schafen schon gar nicht mehr wahrnehmen.
»Mögen Sie Schafe?« fragte sie unvermittelt und ohne erkennbaren Grund, als er neben ihr an der Theke eines kleinen Bistros Platz nahm. Der Einfachheit halber behielten sie ihre Mäntel an. Für eine Cappuccinolänge.
Belustigt sah er auf sie herab. »Merkwürdig, daß Sie mich das fragen. Aber Sie haben recht, ich mag Schafe, sogar sehr. Mein Lieblingsschaf heißt Bella. Es sollte bei Freunden als Osterbraten enden, doch sie brachten es nicht übers Herz, es zu töten. Also nahm ich es zu mir. Auf mei-nem kleinen Hof ist genug Platz. Zwischen uns war es sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Also baute ich Bella einen Stall, und damit sie nicht so allein ist, kamen nach und nach Magda, Veronika und Leni dazu. Und einmal im Jahr bringe ich alle vier mit Toni zusammen. Damit sie auch ein bißchen Spaß haben.« Er lachte dröhnend. Köpfe fuhren zu ihnen herum, Peer Sanders war eben ein Mann, mit dem man auffiel.
»Wenn ich jemals wieder heiraten sollte, dann wünsche ich mir eine Frau wie meine Bella. Mit wachem Verstand, stolz, aber nicht hochmütig. Und mit einem großen Herz für ihre Lämmer.« Über den Rand seiner Cappuccinotasse hinweg suchte er Marlens Blick und versenkte sich in ihre Augen. Marlen beschlich das verwirrende Gefühl, daß er sie auf ihre Fähigkeiten als künftiges Mutterschaf für seine eigene Nachkommenschaft prüfte. Oder machte er sich nur über sie lustig? Verlegen suchte sie nach einem unverfänglicheren Gesprächsthema, doch ihr fiel beim besten Willen nichts ein.
»Am Wochenende fahre ich übrigens nach Frankfurt. Ein Geschäftsfreund von mir hat als Gag zum Firmenjubiläum ein echtes Schaf geschenkt bekommen. Als Wolf im Schafspelz. Blödsinnige Idee. Jetzt weiß er natürlich nicht, wohin mit dem Tier. Was bleibt mir also übrig, als es zu mir zu nehmen. Haben Sie Lust, mich zu begleiten? Natürlich mit Lisa?« Die Frage kam ganz nebenbei.
»Nach Frankfurt? Gute Idee … Das heißt, eigentlich nicht. Ich muß zwar auch dort hin, und zwar möglichst bald, aber ich habe dem Anwalt von Lisa … das heißt, genau genommen, ihrem Gegenvormund, versprochen, mit ihm die Wohnung von Lisas Mutter aufzulösen.«
»Selbstverständlich. Aber weshalb sollten wir nicht zusammen nach Frankfurt fahren, wenn wir ohnehin beide dorthin müssen? Regeln Sie alles Notwendige, und dann sagen Sie mir Bescheid.« Während er bezahlte, pfiff er leise vor sich hin. Ein Mann von Weitsicht und klaren Entschlüssen. Verwirrt folgte Marlen ihm. Kaum zu glauben, daß ein solches Prachtexemplar von Mann noch frei herumlief. Vielleicht lag es an seinem Schaftick, daß er noch zu haben war. Bei nächster Gelegenheit würde sie dem Geheimnis auf den Grund gehen.
Als Marlen kurz vor Mitternacht die Tür aufschloß, lag die Wohnung bereits im Dunkeln. Hella und Lisa schliefen bereits, und Barbara war noch nicht zu Hause. Um so besser, dann blieb ihr heute wenigstens das angekündigte Vier-Augen-Gespräch mit Hella erspart.
Kapitel 13
»Wenn du auswandern willst, vergiß die Green Card nicht!« Barbara konnte sich ihren lästerlichen Kommentar mal wieder nicht verkneifen.
»Lieber zehnmal Überlebenstraining im Dschungel als eine Wochenendreise mit Lisa. Ich muß ja alles mitnehmen.«
In einem Anfall von Verzweiflung raufte Marlen sich die Haare, mitten in einem wüsten Durcheinander von Windeln, Babykosmetik, Babykleidung, Spielzeug und Kinderwagen samt Tragetasche. »Sanders macht auf der Stelle kehrt bei diesem Anblick.«
»Mach dir lieber Sorgen um deinen eigenen Anblick. In einer Stunde steht dein Boß auf der Matte, und du bist immer noch nicht rasiert.« Anklagend wies Barbara auf Marlens Stoppelbeine, die unter dem Nachthemd hervorragten.
Zwischen Windelwechseln und Redaktionsmeeting blieb die regelmäßige Beinenthaarung auf der Strecke, wie Marlen ehrlicherweise zugeben mußte. Im Alltag kein Problem. Trug sie eben Hosen. Doch ein vielversprechendes Wochenende mit dem attraktivsten und möglicherweise wichtigsten Mann von
pleasure
erforderte größere Anstrengungen.
»Schmier mir schon mal ein Knäcke mit Halbarine«, rief sie, während sie fingerdick Enthaarungscreme auf ihre Beine strich. »Was hat dich
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