Frauen al dente. (German Edition)
bestimmt aus dem Zimmer schob.
So, wie sie sie demnächst aus Lisas Leben drängen würde.
»Du kannst dich auf mich verlassen. Lisa wird es gut gehen.« Hella lächelte ein engelgleiches Lächeln und zwinkerte Peer hinter Marlens Rücken in stillem Einverständnis zu. »Amüsiert euch schön«, fügte sie hinzu. Was Marlen plötzlich wie der Gipfel aller Heimtücke erschien. Waren das nicht die Worte der bösen Stiefmutter gewesen, bevor sie Hansel und Gretel zur Beerensuche in den Wald schickte? Oder war sie selbst am Ende die böse Stiefmutter, die dabei war, ihr Kind für ein Linsengericht, genannt Karriere und persönliche Freiheit, zu opfern?
Ein Gedanke, der sich in ihrem Kopf festsetzte und sie während der Fahrt ausgiebig beschäftigte.
Etliche Kilometer später blickte sie staunend auf die gelben Felder und blühenden Klatschmohnwiesen. Bislang hatte sie Frankfurt immer für eine Großstadtwüste aus Beton und Glas gehalten. »Wohin bringen Sie mich?«
Peer Sanders warf ihr einen strahlenden Blick zu, bevor er geschickt einem entgegenkommenden Rallyefahrer auswich. Während Marlen vor Schreck über das halsbrecherische Ausweichmanöver beinahe unter dem Armaturenbrett versank, lachte er wie ein übermütiger Junge. Hier draußen erinnerte er kaum noch an den dynamischen Verleger, von dessen Wort für sie soviel abhing.
»Sind Sie eigentlich verheiratet?« fragte sie voll ehrlichen Interesses, aber bar jeder journalistischen Geschicklichkeit. Diplomatie schien heute nicht zu ihren Stärken zu zählen.
Um ein Haar wären sie nun doch noch im Graben gelandet. Ihr Überraschungsvorstoß schien ihn zu verschrecken.
»Nicht mehr«, murmelte er lakonisch.
»Verstehe.« Dabei verstand Marlen eigentlich überhaupt nichts. Klar war doch eigentlich nur, daß er einmal verheiratet gewesen war. Doch was war passiert? Hatte seine Frau ihn verlassen? Oder war sie gar verstorben? Lieber ein geschiedener Mann als ein verwitweter. Witwern wurde nachgesagt, ihre Frauen im nachhinein heiligzusprechen. Wie sollten mögliche Nachfolgerinnen gegen solche Vorbilder jemals ankommen?
Doch unwillig verscheuchte sie diese Gedanken. Was war bloß mit ihr los? Beutelte sie mal wieder ein Hormonstoß? Seit wann zermarterte sie, Marlen Sommer, supercoole Redakteurin und möglicherweise bald stellvertretende Chefredakteurin der Frauenzeitschrift
pleasure
sich den Kopf übers Heiraten?
Noch immer hatte er ihre Frage, wohin sie fuhren, nicht beantwortet. Doch zu ihrer Überraschung lenkte er den Wagen nun durch ein schmiedeeisernes Tor in eine alleebesäumte Auffahrt. Die dichten Baumwipfel bildeten ein beinahe lückenloses Dach. Nur gelegentlich blitzten besonders hartnäckige Strahlen der Abendsonne durch das dichte Blätterwerk. Marlen rechnete fest damit, daß sich am Ende des Weges ein hochherrschaftliches Anwesen offenbaren würde. Ein Castle auf dem Lande. Lord und Lady Sanders erlaubten sich, Ihre Aufwartung zu machen.
Schon wieder. Weshalb sah sie sich in Gedanken bloß ständig an der Seite des Mannes neben ihr? Und schon längst nicht mehr als einfache Ehefrau eines ebenso einfachen Schafzüchters im schottischen Hochland, sondern mittlerweile zum Adelsstand erhoben als Lady Sanders?
Zum Glück wurde sie einer Antwort enthoben. Denn bekanntlich sind die Antworten, die man sich selbst geben muß, die schwierigsten. Peer Sanders hielt vor einer zweistöckigen Villa im Stil der Jahrhundertwende.
»Ein Privathaus!« entfuhr es Marlen überrascht. Wo war das nette, kleine Restaurant, das er ihr versprochen hatte?
»Schön, nicht wahr?« freute Sanders sich. »Hier wohnen meine Freunde. Ich möchte Ihnen doch mein neues Schaf zeigen. Und Ihnen natürlich meine Freunde vorstellen«, ergänzte er rasch, als sich die Haustür öffnete und ein Mann und eine Frau, beide in den besten mittleren Jahren, zur Begrüßung die wenigen Stufen vom Haus zu ihnen hinuntergelaufen kamen. Es setzte ein allgemeines mehr oder weniger freudiges Händeschütteln ein. Von Marlen aus betrachtet war das Vergnügen eher gering, denn der Abend zu zweit gab sich als schöne Illusion zu erkennen. Zudem fühlte sie sich rettungslos overdressed. Denn ihre Gastgeber trugen genau wie Peer Sanders legere Freizeitkleidung. Und niemandem hing das halbe Hinterteil aus dem Kleid – wie ihr. Mit tiefer Inbrunst sehnte Marlen sich nach der von Sanders empfohlenen Jacke, mit der sie ihre Blöße wenigstens notdürftig hätte bedecken können. Dieser gemeine
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