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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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Jahr 1916 für vier
     Monate öffnen. Dann griff der Staat zum Mittel der »Schutzhaft«, um die gefürchtete Rednerin mundtot zu machen.
    Nun blieb Rosa Luxemburg nur noch das geschriebene Wort, mit dem sie, so gut es irgend ging, weiter in die Öffentlichkeit
     zu wirken suchte; bekannt vor allem die unter dem Decknamen Junius verfasste Schrift »Die Krise der Sozialdemokratie«. Das
     Veröffentlichen wurde natürlich immer schwieriger, weil die ohnedies wenigen wahren Gesinnungsgenossen nach und nach ebenfalls
     eingesperrt wurden. Anteil daran hatten auch Publikationen, die Rosa aus dem »Königlich-Preußischen Weiber-Gefängnis« in der
     Berliner Barnimstraße heraus maßgeblich beeinflusste. So erschien im März 1915 eine erste Nummer der von ihr und Karl Liebknecht
     begründeten Zeitschrift »Die Internationale«, die umgehend verboten wurde. Um die Herausgeber aber bildete sich eine verschworene
     Gruppe, der Spartakusbund (benannt nach Spartacus, dem Anführer der römischen Sklavenkriege 73–71 v. Chr.), dessen Leitsätze
     Rosa formulierte und der seine Agitation mit den illegalen »Spartakusbriefen« fortsetzte.
    Dieser Bund veranstaltete nach Luxemburgs Entlassung im Februar 1916 Antikriegsdemonstrationen, die Karl Liebknecht eine Verurteilung
     zu vier Jahren Zuchthaus und Rosa Luxemburg im Juli 1916 die bereits erwähnte »Schutzhaft« eintrugen. In Briefen und hinausgeschmuggelten
     Flugschriften ermunterte Rosa weiter die letzten Getreuen in Freiheit zur Fortsetzung des Kampfes gegen den Krieg. Doch zeigte
     die Haft nun allmählich auch bei ihr Wirkung. Die Freunde wurden nun zuweilen Zeugen von Momenten der Mutlosigkeit und der
     Niedergeschlagenheit. So las Luise Kautsky in einem Brief Anfang |229| Februar 1917: »Ich bin ein wenig wie ein Mensch ohne Haut geworden: ich erschauere vor jedem Schatten, der auf mich fällt.
     Es scheint, dass das Jahr Barnimstraße und dann die vier Monate rasende Arbeit und nun wieder sieben Monate Einsamkeit auf
     verschiedenen Etappen nicht spurlos vorübergegangen sind.«
    Mit den »Etappen« sind Verlegungen in andere Gefängnisse, schließlich nach Wronke in der Provinz Posen gemeint. Im Juli 1918
     kam Rosa ins Breslauer Gefängnis. Revolution und Kriegsende Anfang November 1918 brachten dann endlich die Freiheit, die Rosa
     sogleich am 9. November zu einer großen Rede bei einer Kundgebung auf dem Breslauer Domplatz nutzte und nach der Rückkehr
     nach Berlin zu erneuter »rasender« Arbeit. Dazu gehörte die Herausgabe der Zeitung »Die Rote Fahne«, für die sie rastlos Artikel
     schrieb, und vor allem die Gründung der »Kommunistischen Partei Deutschlands« (KPD) in den letzten Tagen des Jahres 1918.
    Das Programm der Partei trug unübersehbar die Handschrift Rosa Luxemburgs, die auch die Programmrede hielt und darin das Gebot
     der Stunde so formulierte: »Wir müssen von unten auf arbeiten … Was jetzt zu machen ist, ist, mit vollem Bewusstsein die gesamte
     Kraft des Proletariats auf die Grundfesten der kapitalistischen Gesellschaft zu richten. Unten, wo der einzelne Unternehmer
     seinen Lohnsklaven gegenübersteht, unten, wo sämtliche ausführenden Organe der politischen Klassenherrschaft gegenüber den
     Objekten dieser Herrschaft, den Massen, stehen, dort müssen wir Schritt für Schritt den Herrschenden ihre Gewaltmittel entreißen
     und in unsere Hände bringen.«
    Tragischerweise lenkte Rosa Luxemburg mit diesem Appell die Entwicklung in eine von ihr gar nicht gewünschte Richtung: Ihr
     hatte eine sozialistische und keine kommunistische Partei vorgeschwebt, und sie hatte vergeblich dafür plädiert, dass diese
     Partei sich Wahlen stellen müsse. Für sie nämlich galt, was sie den russischen Revolutionären um Lenin ins Stammbuch geschrieben
     hatte: Es sei »eine unbestreitbare Tatsache, dass ohne freie ungehemmte Presse, ohne ungehindertes Vereins- und Versammlungsleben
     gerade die Herrschaft breiter Volksmassen völlig undenkbar ist«. Und dann ihr wohl berühmtester und meistzitierter Satz: »Freiheit
     nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit.
     Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden …«
    Waffengewalt konnte in einem solchen Konzept allenfalls
ultima ratio
sein. Doch genau dazu kam es nun. Seit dem 5. Januar 1919 versuchten spartakistisch eingestellte Arbeiter in einer aussichtslosen
     Revolte gegen regierungstreue Truppen

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