Frauen, die Geschichte machten
an, mit dem er ein Geschäft eingeht: »Gewährst du mir jetzt den Sieg über diese Feinde und erfahre ich so deine Macht, die
das Volk, das deinem Namen sich weiht, an dir erprobt zu haben rühmt, so will ich an dich glauben und mich taufen lassen auf
deinen Namen.«
Soll Chrodechilde also gar keinen Einfluss auf die Entscheidungen ihres Mannes gehabt haben? Das wird man nach Prüfung der
Nachrichten, vor allem der über ihren späteren Lebensgang, so nicht stehen lassen können. Sie erscheint darin als eine Frau,
die sich ins politische Geschäft einzumischen und ihre Interessen durchzusetzen wusste. Bereits vor dem Übertritt ihres Mannes
zum Christentum sorgte sie dafür, dass ihre Kinder getauft wurden. Dabei musste sie allerdings einen herben Schicksalsschlag
hinnehmen: Der erste Sohn, Ingomer, starb noch in seinen Taufkleidern, auch der zweite, Chlodomer, wurde früh von schwerer
Krankheit befallen. Er überlebte jedoch, ebenso die beiden nächsten Söhne Childebert und Chlotachar sowie die Tochter Chlodechild.
Nach dem frühen Tod ihres Mannes im Jahr 511 begann jetzt ihre eigentliche politische Rolle. Dergleichen sollte im Merowingerhaus
auch später noch vorkommen. Die Funktion einer Regentin, wie sie Chrodechilde ausübte, nahmen etwa auch Balthild († nach 690),
die Witwe König Chlodwigs II., wahr, die sich besonders auf dem Gebiet der Kirchenpolitik betätigte, oder die berüchtigten
Königinnen Fredegunde († 597) und Brunichilde († 613), die das Herrscherhaus |54| zum Schauplatz einer Jahrzehnte währenden blutigen Privatfehde machten.
Chrodechilde ihrerseits griff in die Kirchenpolitik ein, veranlasste Klostergründungen und setzte in Tours, dem religiösen
Zentrum des Landes (hier stand das Grab des »Nationalheiligen« Martin), mehrere Bischöfe ein. Da sie Zugriff auf den Staatsschatz
hatte, konnte sie den Männern ihrer Wahl reichlich Mittel zukommen lassen. 523 wirkte sie bei der Vorbereitung des Feldzuges
ihrer Söhne gegen Burgund mit. Laut Gregor von Tours, um den Tod ihrer Eltern zu rächen. Als ihr Sohn Chlodomer im Burgunderkrieg
ums Leben kommt, übernimmt sie die Erziehung seiner Söhne. Damit aber kam sie den beiden anderen Söhnen, Childebert und Chlotachar,
ins Gehege. Diese hatten nämlich beschlossen, Chlodomers Besitz unter sich aufzuteilen. Ihrer Mutter unterstellten sie, die
Kinder nur deswegen unter ihrer Obhut zu halten, um sie später als Erben König Chlodomers präsentieren zu können. Um dies
zu verhindern, brachten Childebert und Clothachar ihre Neffen kurzerhand um. Die Morde, geschehen im Jahr 531, waren für Chrodechilde
das Signal, sich aus der politischen Welt zurückzuziehen. Sie nahm Quartier in Tours, in dem von ihr gegründeten Frauenkloster
von St. Peter. Dort starb sie im Jahre 544. Ihre Gebeine wurden in der Apostelbasilika Sainte-Geneviève in Paris beigesetzt,
die König Chlodwig einst gründete und in der er gleichfalls die letzte Ruhestätte gefunden hatte.
Um Chrodechilde oder Chlothilde, wie sie in der frommen Überlieferung auch genannt wird, rankten sich bald Legenden, die ihr
mildtätiges Wesen hervorhoben. So soll sie, als die Arbeiter bei dem Bau einer ihrer Kirchen bei großer Sommerhitze starken
Durst litten, das trübe Wasser aus einer spärlichen Quelle in reinsten Wein verwandelt haben. Später sollen dann Lahme, die
sich an der Quelle wuschen, wieder haben laufen können. In den Stand der Heiligen erhoben, wurde Chrodechilde die Patronin
der Frauen, der Notare und der Lahmen, zuständig auch für die Heilung von Fieber und Kinderkrankheiten und für die Bekehrung
irregegangener Ehegatten (dies der direkte Reflex auf ihren Anteil an der Taufe Chlodwigs). Ihre Attribute auf bildlichen
Darstellungen sind Krone, Zepter und Schleier. Sie teilt Almosen aus und trägt das Modell einer Kirche, ein Engel neben ihr
hält ein Wappenschild mit drei französischen Lilien. Zu Merowingerzeiten hatten die französischen Lilien allerdings noch keine
Bedeutung. Aber dies zeigt, welche Rolle der Königin Chrodechilde beigemessen wurde: Späteren Geschlechtern galt sie als die
Stamm-Mutter der merowingischen Herrscher.
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Theodora
Von der Schaustellerin zur Kaiserin
|56| Konstantinopel, das heutige Istanbul, in der Spätantike und im Mittelalter Hauptstadt des Byzantinischen oder Oströmischen
Reiches, präsentierte sich Besuchern aus Westeuropa als Märchenstadt. Der Abstand
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