Frauen, die Geschichte machten
Kaunitz-Rietberg
(1711 bis 1794), seit 1753 Staatskanzler, beraten, innenpolitisch stand ihr Friedrich Graf Haugwitz (1702 bis 1765) zur Seite,
mit dem sie ihre weit reichenden Reformen einleitete: Mit seiner Hilfe setzte sie einen zentralen Beamtenstaat, ein neues
Strafgesetzbuch und eine Milderung der Leibeigenschaft der Bauern durch. Darüber hinaus trug sie wesentlich zur Gründung des
Volksschulunterrichts in Österreich bei.
|152| Die Reformen waren anfangs natürlich nur zarte Pflänzchen, immer gefährdet durch den Widerstand der Feudalherren, die ihre
Privilegien vor allem durch die Zentralisierung des Steuerwesens und durch die wachsende Selbstständigkeit der Justiz bedroht
sahen und die gegen Haugwitz eine über die andere Intrige in Gang brachten. Vergeblich: Maria Theresia hielt an ihm fest und
nannte ihn später gern eine »Providenz Gottes« für ihre Regierung. Die Reformen zahlten sich aus, brachten mehr Geld in die
Kassen und erweiterten den allerhöchsten Handlungsspielraum. Maria Theresia nutzte ihn mit Hilfe ihres Feldmarschalls Leopold
Joseph Graf von Daun zur Reorganisation der Armee und gründete Kriegsschulen – alles in Hinblick auf einen letzten Waffengang
um Schlesien, den sie unverwandt im Auge behielt.
Kunstvoll strickte Maria Theresia mit Hilfe von Kaunitz und seinen Diplomaten ein Bündnis mit den Franzosen gegen Preußen.
Das war gar nicht so einfach, denn zwischen Paris und Wien, zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon herrschte traditionell
Rivalität um die Vormachtstellung auf dem Kontinent. König Ludwig XV. jedenfalls wollte zunächst nichts von einer Allianz
mit Österreich und dem Deutschen Reich wissen. Doch Kaunitz kannte die Schwachstelle des Monarchen, seine Abhängigkeit von
Frauen. Er gewann Maria Theresia dafür, der Marquise de Pompadour, Mätresse des Königs, ein wertvolles Geschenk zu machen.
Ganz wohl war Maria Theresia dabei offenbar nicht. Später jedenfalls wollte sie nicht mehr darauf angesprochen werden, so
recht geheuer war ihr die »Person« nun mal nicht. Gleichviel, Ludwig wurde anderen Sinnes, er gab die Gegnerschaft zu Österreich
auf, wohl auch, weil er es begrüßte, dass er damit die bisher enge österreichisch-englische Verbindung stören konnte.
Frankreich allein aber genügte Maria Theresia und Kaunitz nicht, man brauchte weitere Verbündete. Mit Hinweis auf Hinterpommern
und Ostpreußen weckten sie das Interesse der russischen Zarin Elisabeth I. Petrowna für ein weiteres Ausgreifen nach Westen.
Jedenfalls sagte sie zu, ihrerseits im Sommer 1756 gegen Preußen offensiv zu werden, was sie dann aber noch etwas verschob.
Friedrich II. blieb das emsige diplomatische Treiben natürlich nicht verborgen. Verächtlich sprach er von einer »Koalition
der Unterröcke«. Und ehe sie sich versahen, schlug er präventiv in Sachsen und im Frühjahr 1757 in Böhmen zu. Der nach seinem
Sieg bei Rossbach über ein Reichsheer am 5. November 1757 als »Friedrich der Große« verehrte Preußenkönig schien zunächst
die Oberhand zu behalten. Doch durch die Übermacht der Gegner rückte nach zähem zweijährigem Ringen ein Sieg Maria Theresias
in greifbare Nähe, zumal da Schlesien von den Österreichern besetzt werden konnte. Es fehlte nur noch der entscheidende Schlag.
Der aber fiel nicht, auch wenn Friedrich im August 1759 bei Kunersdorf östlich der Oder von einem russisch-österreichischen
Heer vernichtend geschlagen |153| wurde und sich sogar mit Selbstmordgedanken trug. Er konnte sich wieder aus der drohenden Umklammerung lösen und den Krieg
fortsetzen. Beide Parteien hätten ihn wohl kaum begonnen, hätten sie geahnt, dass er volle sieben Jahre andauern und alle
Beteiligten an den Rand der totalen Erschöpfung führen würde. Als Duell Preußens mit Österreich, als ein Zweikampf zwischen
Friedrich II. und Maria Theresia begonnen, hatte sich der Krieg wie ein Flächenbrand ausgeweitet und viele Länder des Reiches
verwüstet. Begleitet wurde er von einem Weltkrieg zwischen England und Frankreich um die Vorherrschaft auf den Meeren und
in den Kolonien.
Wer weiß, wie lange das Ringen noch angehalten hätte, wenn nicht eine entscheidende Wende durch den Tod der Zarin Elisabeth
(1762) eingetreten wäre. Ihr Nachfolger Peter III. zog sich aus dem Krieg gegen den von ihm so bewunderten Preußenkönig zurück,
und Friedrich dem Großen gelang das Kunststück, seine Truppen wieder aufzurichten
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