Frauen, die Geschichte machten
auch der Letzte, der ihre Hand hielt. Als er sich besorgt darüber äußerte, dass sie zu unbequem liege, beschied sie
ihn mit ihren letzten Worten: »Ja, aber gut genug, um zu sterben.« Man schrieb den 29. November 1780. Die »erste Mutter« ihrer
Länder, so hatte sie sich selbst in den letzten Jahrzehnten gesehen, starb im Alter von 63 Jahren, sechs Monaten und 16 Tagen.
Ihr lebenslanger Widersacher, Friedrich der Große, der sie um sechs Jahre überlebte, sagte über die tote Rivalin: »Sie hat
ihrem Thron Ehre gemacht und ihrem ganzen Geschlecht, ich habe mit ihr viele Kriege geführt, aber ich bin nie ihr Feind gewesen.«
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Marquise de Pompadour
Virtuosin der Lust und der List
|158| Wer
die
Pompadour war, wissen vielleicht noch die meisten. Was aber
der
Pompadour war und wie pompadourfarbene Sachen ausschauen, das ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei geht beides natürlich
auf die genannte Marquise de Pompadour direkt zurück: Der Name übertrug sich auf einen perlenbestickten Stoffbeutel, den sie
stets bei sich trug, ebenso wie auf den Roséton von bestimmten Produkten der Porzellanfabrik in Sèvres, die sie maßgeblich
gefördert hat. Ihren durchschlagenden Erfolg verdankte sie ihrer Intelligenz, Bildung, Entschlossenheit und taktischem Geschick.
Doch diese Fähigkeiten wären alle nichts gewesen ohne raffiniert gepflegte Schönheit und das, was wir heute Sexappeal nennen.
Es galt für die junge Frau nicht nur zu gefallen, sondern auch gesellschaftliche Hürden zu überwinden auf dem Weg von einer
bürgerlichen Existenz zur Marquise. Dabei war sie nicht einmal von schlechter Herkunft, denn sowohl der mutmaßliche wie der
juristische Vater von Jeanne-Antoinette Poisson, so der ursprüngliche Name der Pompadour, gehörten zur betuchten Oberschicht,
zum Großbürgertum, das im französischen Adelsstaat bereits Schlüsselstellungen erobert hatte. Zweifel daran, wer der leibliche
Vater war, rührten daher, dass die Mutter in Paris nicht nur eine stadtbekannte Schönheit, sondern auch eine freizügige Person
war. In der Zeit vor Jeannes Geburt am 30. Dezember 1721 in Paris hatte sie ein Verhältnis mit dem Generalpächter Le Normant
de Tournehem. Sein späteres Engagement für eine erlesene Erziehung und für standesgemäßen Unterhalt des Mädchens deutet auf
die Möglichkeit hin, dass er die Vaterschaft anerkannt hat.
Seine Investitionen lohnten sich in zweierlei Weise: Jeanne-Antoinette erwies sich als ungemein lernbegierig und talentiert.
Fast mühelos eignete sie sich an, was ihr an Stoff geboten wurde. Sie beherrschte schließlich mehrere Sprachen, spielte virtuos
Cembalo, ritt atemberaubend graziös, bezauberte durch geistreiche Unterhaltung ebenso wie durch ihr Talent, sich optisch angenehm
in Szene zu setzen. Ihr weißer makelloser Teint, das Kastanienbraun ihres Haars und der lockende Blick der großen dunklen
Augen sowie eine biegsam-anmutige Figur bezauberten allerorts. Kaum dem Mädchenalter entwachsen, war die kleine Poisson der
umschwärmte Mittelpunkt vieler Salons und der Traum der reichen jungen Erben, darunter auch der Neffe ihres Gönners Charles-Guillaume
Le Normant d’Étioles. Und hier lohnten sich die Investitionen |159| zum anderen Mal, denn ihn heiratete die 19-jährige Jeanne im März 1741.
Es war freilich nur ein kurzes Glück, wenn es denn je eines war. Die frisch gebackene Madame d’Étioles gebar ihrem wenig ansehnlichen,
aber schwer reichen Mann zwar eine Tochter, doch von Liebe konnte nicht die Rede sein. Längst hatte sich in ihrem Kopf eine
Idee festgesetzt, die ihr eine Kartenleserin suggeriert hatte: Sie würde dereinst Mätresse des Königs werden. Ein wahrlich
kühner Gedanke, nicht nur wegen seiner offenen Unsittlichkeit, sondern auch aus Standesgründen: Solange man denken konnte,
hatte eine Bürgerliche diesen Status noch nie erreicht. Außerdem war der »Posten« im königlichen Bett besetzt, nämlich von
der Duchesse de Châteauroux, die nur vier Jahre älter war als die Étioles. Auf baldige Vakanz war da kaum zu hoffen. Doch
Jeanne unternahm alles, um die Blicke Ludwigs XV. auf sich zu lenken.
Da sie nicht bei Hofe erscheinen konnte, passte sie ihn bei Jagdgesellschaften ab, mischte sich unter die Reiter, suchte das
Gespräch mit Leuten aus dem Gefolge und steckte Unsummen in auffallende Kleidung. Natürlich wurde die reizende, ja aufreizende
Diana vom König bemerkt, wenn auch
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