Frauen fragen Feuerstein
Selbstsuchern mit Erleuchtungsfibeln auf dem Schoß und Haschpfeifen In der Tasche sowie den lederhäutigen, schlafsäckigen Dschungel- Trekkern , wie sie bisher den harten Kern der Laos-Touristen gebildet hatten, immer mehr Vertreter jener Besucherschicht, wie man sie auf den Galapagos-Inseln ebenso trifft wie im Hochland von Machu Picchu : Neugierige »ältere Herrschaften« wie ich, hauptsächlich aus Deutschland, Frankreich und den USA, Kulturbürger der schwitzenden Mehrheit, die wir uns als Ausgleich für die Bereitschaft, tagsüber durch den Dschungel zu kriechen, nachts mit einem klimatisierten, mückenfreien Luxushotel belohnen lassen. Dazwischen nicht wenige Exil-Laoten, die die neue Reisefreiheit zum Besuch Ihrer alten Heimat nutzen, sowie Geschäftsleute aus Thailand, die gerade dabei sind, Laos wirtschaftlich zu erobern, nachdem ihre Vorfahren das Land schon mal über hundert Jahre lang politisch besessen hatten.
Beim Landeanflug, wenn die Maschine in steilen Kurven ins Mekong-Tal schwenkt, drängt alles an die Fenster. Dichte Wälder bis an den Horizont, dazwischen das dunstige, staubige Band des Flusses, keine Straße, kein Haus bis kurz vor dem Aufsetzen. Man spürt die Leere des Landes: fünf Millionen Einwohner auf einer Fläche wie der unserer alten Bundesrepublik, und damit nicht mal ein Zehntel der Bevölkerungsdichte von Thailand oder Vietnam. Fast ein Fünftel der Laoten lebt im Ballungsraum von Vientiane, hier oben im Norden, wo meist nur Flüsse die einzigen Verkehrswege bilden, scheint Laos menschenleer zu sein.
Freilich, dieser Eindruck ändert sich auf dem Weg vom Flugplatz in die Stadt. Zwar sind Autos hier Immer noch selten, dafür aber beherrschen Motorräder aller Größen und Lautstärken das Verkehrsbild. 16 000 Einwohner habe Luang Prabang , steht in meinem Reiseführer, Ausgabe 2002, aber das war gewiss schon damals falsch. Nach offiziellen Angaben sind es inzwischen weit über 40 000, und wenn einmal die 300 Kilometer lange, kurvenreiche Passstraße nach Vientiane ausgebaut sein sollte, wird es keinen Halt mehr vor der Entwicklung zur Großstadt geben, Auch der Anspruch als Weltkulturerbe, von der UNESCO 1995 verliehen, wird daran nichts ändern können.
Luang Prabang ist immer noch ein Fußgängeridyll. Nur drei größere Straßen gibt es in der Altstadt, allesamt verlaufen sie parallel zum Fluss, und die breiteste wird jeden Abend zum Markt. Dann wird ein Teil von ihr für den Verkehr gesperrt, und auf dem Boden breiten Händlerinnen ihre Waren aus, weit über hundert solcher Spontanläden, abends aufgebaut, vier Stunden später wieder abgeräumt und spurlos verschwunden. Alle mit ähnlichem Angebot: Webstoffe, bestickte Taschen, Lampen aus Reispapier und Holz und ein bisschen Silberschmuck.
Geduldig hocken sie in ihren farbenprächtigen Gewändern auf den staubigen Matten und warten auf die abendliche Touristenkarawane, die sich pünktlich ab 18 Uhr hin und her schiebt, zuverlässig wie Ebbe und Flut: Neugierige Weicheier wie ich, die sich in den Menschenzoos ferner Länder zwar höchst unwohl fühlen, aber trotzdem hinfahren, weil wir nun mal zwanghafte Voyeure sind, voll Gier auf Einblicke in fremde, vielleicht bessere Leben. Aber auch die andern sind da, die Hemmungslosen und Unbedarften, die Kurzbehosten und Spaghetti- Beträgerten mit Arschgeweih und wogendem Ausschnitt — unschuldige Barbaren, die ja nicht nur die Mehrheit bilden, sondern auch die Überlegenen sind, weil sie eigentlich Recht haben, Denn für die Einheimischen sind wir alle gleich fremd, ohne Unterschied, ob wir nun höflich sind oder respektlos: Lächelnd schauen sie durch uns durch und nehmen nur das Geld wahr, das wir dalassen.
Meist freilich ist Ihr Lächeln vergeblich, den die einkaufswilligen Touristen sind in der Minderzahl, auch wenn die Preise fast peinlich gering sind: drei Dollar für das handbestickte Täschchen, und wer auch hier Geiz geil findet, kann es auf zwei Dollar runterhandeln. Wobei man übrigens reichlich mit Kleingeld bestückt sein muss — schon für 10-Dollar-Scheine stellt Wechselgeld unüberwindliche Probleme dar. Kein Wunder in dem bitterarmen Land, in dem der Monatslohn eines Beamten dreißig Dollar beträgt und der Übernachtungspreis in einem der beiden Luxushotels dem jährlichen Prokopfeinkommen der Laoten bedenklich nahe kommt.
Ein Stück weiter an der Hauptstraße macht ein ausgestopfter Tiger von bedrohlicher Größe auf eine der vielen Trekking-Agenturen
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