Frauen fragen Feuerstein
dies genauso nass wie jenes, von dem man gerade hochgesprungen war. Auch die Waschlappenserviette wird nur gegen eine ebensolche ausgetauscht. Und die Spinne bleibt sowieso, weil sie zur Natur gehört und deshalb gar nicht gesehen wird. Mir recht, ich mag Spinnen.
Wer sich wie ich kurzärmelig ins Boot setzt, wird das sofort bereuen, denn im Fahrtwind des Flusses ist es morgens empfindlich kalt, auch wenn Luang Prabang nur 300 Meter über dem Meeresspiegel liegt, auf gleicher Breite wie Hawaii. Aber die Kälte stört nur in den ersten Minuten. Die Würde der Landschaft, die Gelassenheit des Flusses verdrängen bald jede Körperlichkeit, und ein Gefühl der Ruhe setzt ein, das ich weder beschreiben kann noch will. Sie müssen es selber erleben.
Zweimal war ich bisher am Mekong gewesen. Das erste Mal 600 Kilometer stromaufwärts, an der Dreiländergrenze von Thailand, Birma und Laos, wo sich der Fluss stumpf und gefühllos durch eine ebenso stumpfe Landschaft wälzt, die große Enttäuschung für alle, die sich vor die Tafel mit der Aufschrift »Golden Triangle « fürs Erinnerungsfoto in Pose stellen. Und das zweite Mal 2000 Kilometer weiter in der anderen Richtung, wo sich der Mekong südlich von Saigon in seinem Mündungsgebiet in ein Binnenmeer verwandelt hat. Hier aber, im Nordwesten von Laos, ist er am eindrucksvollsten. Nebenflüsse laden zur Erkundung ein, mehrtägige Reisen, bei denen man bereit sein muss, auch mal in einfachen Unterkünften zu übernachten — und ich gelobe hiermit: Für den Mekong werde auch ich das nächste Mal meinen heiligen, fünfsternigen Hoteleid brechen. Gut tausend Kilometer könnte man von Luang Prabang aus mit dem Boot nach Süden tuckern, an Vientiane vorbei, bis dann die auch zu Land äußerst schwer zugänglichen Wasserfälle der »Viertausend Inseln« kurz vor Kambodscha die Weiterfahrt unmöglich machen.
Ich begnügte mich mit fünfzig Kilometer in den Norden. Der Bootsführer muss seinen Fluss gut kennen, denn jetzt, in der Trockenzeit, tauchen überall Inseln und Sandbänke auf, die von den Anwohnern für eine rasche Gemüseernte in Äcker verwandelt werden. Oft ist, was wie eine Flussrinne aussieht, ein toter Arm, oft gibt es Wirbel und Stromschnellen. Vor seiner Besiedlung könnte das Rheintal so ausgesehen haben, zwischen Koblenz und Bingen, mit Urwald statt Burgen. Sogar die Lorelei habe ich gesehen, hier in Gestalt eines buddhistischen Mönches, der grübelnd auf einem Stein saß, mit einem schwarzen Regenschirm als Sonnenschutz anstelle der goldenen Haare.
Wendepunkt sind die heiligen Höhlen von Pak Ou , Tropfsteingrotten in einer kahlen Felswand mit hunderten Buddha-Figuren, gegenüber ein freundliches Dorf, wo man Mittagsrast machen kann. Wasserbüffel an beiden Ufern, badende Kinder und tatsächlich auch ein paar Goldwäscher, denn der Legende nach liegt vor der alten Königsstadt ein mächtiger Goldschatz im Fluss. Nur ein paar lärmende Schnellboote stören hin und wieder die Idylle. »Drogenhändler«, murmelt der Bootsfahrer ärgerlich, weil uns ihr Wellensog jedes Mal kräftig ins Schaukeln bringt, aber vielleicht will er mich nur beeindrucken — was weiß man schon als Tourist, Und bei der Rückfahrt könnte man tatsächlich die Stadt Luang Prabang übersehen, so tief liegt der Wasserspiegel, und so dicht bewachsen sind die Ufer.
Mein dritter und letzter Tag war den Sehenswürdigkeiten der Stadt Vorbehalten. Führer mit Deutschkenntnissen gibt es so gut wie keine, aber auch die englischsprachigen sind angesichts der Touristenexplosion Mangelware. Mir wurde ein Berufsanfänger zugeteilt, frisch aus der Touristenakademie von Vientiane, höflich, liebenswert und beflissen, aber leider so gut wie unverständlich. Dazu das alte Problem Südostasiens: Bei jeder Nachfrage fürchtete er, das Gesicht zu verlieren, und wurde aus Unsicherheit noch unverständlicher. Meine Schuld: Warum kann ich noch immer nicht Thailändisch, obwohl ich schon ein paar Dutzend Mal in dem Land war? Dann würde ich auch das eng verwandte Laotische verstehen...
Eigentlich braucht man gar keinen Führer. Denn es ist die Stadt selbst, die einen führt, ihre Hauptstraße, der Weg am Ufer, die alten Häuser. Ganz von selbst öffnet sich Luang Prabang , man muss einfach nur losgehen. Nicht einmal die Tempel muss man unbedingt sehen, mit Ausnahme des Xieng Thong natürlich, eines Kleinods aus dem 16. Jahrhundert mit seiner breiten Steintreppe hinunter zum heiligen Fluss. Eine Stätte voll
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