Frauen fragen Feuerstein
aufmerksam, die hier ihre Dienste anbieten: Bootsfahrten, Motorradverleih und Tagesausflüge per Tuk-Tuk , den dreirädrigen Knattermobilen mit ihren Kreuz und Po schädigenden Sitzen hinten auf der Laderampe; auch Dschungelwanderungen werden hier organisiert, über mehrere Tage samt Übernachtung in den Hütten der Dorfbewohner — als Einstiegsdroge für die Profi- Trekker , denn nach Norden hin wird es immer abenteuerlicher: Nur noch 200 Kilometer sind es nach Phongsali , der absoluten Endstation unserer Auffassung von Zivilisation, mit zehntausend Quadratkilometern straßenlosem Dschungel bis hinauf zu den Grenzen von China und Vietnam, mit heimlichen Opiumfeldern und den letzten noch nicht ausgestopften Tigern, sofern diese die überall noch lauernden Landminen der jüngsten Kriegsgeschichte überlebt haben. Hier soll es durchaus noch passieren, dass man Menschen begegnet, die noch nie zuvor einen von uns Langnasen gesehen haben und deshalb in Panik fliehen. Wohl mit einigem Recht.
Nichts für mich. Da trekke ich lieber die Hauptstraße weiter, wo sich ein Restaurant ans andere reiht, sauber, appetitlich und geradezu lächerlich preiswert für uns Touristen: Man muss sich gewaltig anstrengen, um die Rechnung auf mehr als zehn Dollar hochzutreiben. Für Budgetkünstler zählt Laos denn auch zu den letzten Geheimtipps in einer immer teurer werdenden Welt. Der Übernachtungspreis für europäertaugliche Zimmer beginnt hier bei fünf Dollar, und wer keine Ansprüche stellt, kommt auch mit weit weniger durchs Land.
Zwischen den Gaststätten liegt das eine oder andere französische Straßencafe , komplett mit selbst gebackenen Croissants, als kulinarische Erinnerung an eine Fremdherrschaft, die 1953 zu Ende ging... wenigstens ein guter Nachgeschmack, den die Kolonialzeit hinterlassen hat, Und wer die Hauptstraße ein Stück weitergeht, erlebt plötzlich eine Begegnung, die je nach eigener Vergangenheit Schreck oder nostalgische Wehmut auslösen wird: Da hängt doch tatsächlich über der Fassade des Hauses eine rote Fahne mit Hammer und Sichel. Polizeistation und Parteizentrale von Luang Prabang .
Tatsächlich zählt die Demokratische Volksrepublik Laos zu den letzten Bastionen des einstigen Weltkommunismus, zusammen mit Nordkorea, Kuba, Vietnam und China — die letzteren beiden freilich für Karl Marx bestimmt nicht mehr ernst zu nehmen. Vor dreißig Jahren gab es In Laos noch richtigen Steinzeitkommunismus, fast hätten die Radikalen damals nach dem grausigen Muster Kambodschas gesiegt, Doch Weltöffner Michail Gorbatschow war es, der auch hier die Mauer bröckeln ließ, auch wenn sie in Laos nicht die Landschaft gespalten hatte, sondern — und dafür umso verbitterter — die Herzen.
Zwar herrschen heute immer noch Zentralkomitee und Einheitspartei, und niemand darf ohne behördliche Zustimmung seinen Wohnsitz verändern, aber die Bauernkollektive sind abgeschafft, die Enteignungen wurden zurückgenommen, und die Wirtschaft ist frei, zumindest im privaten Bereich. Für Dschungel und Bergdörfer mag das keine Bedeutung haben, aber in einer Stadt wie Luang Prabang spürt man deutlich: Es herrscht Aufbruchstimmung und Gründerzeit.
Ich weiß, dass es vermessen ist, nach drei Tagen Urteile zu fällen, aber was soll ich sonst tun? Von einer Reise zurückkommen und berichten, da war nichts? Wo man sogar von Marco Polo weiß, dass höchstens zehn Prozentseiner Beschreibungen stimmen — und nach diesem Mann sind Reiseführer benannt! Wer aus Bescheidenheit schweigt, gehört ins Kloster, nicht in die Buchhandlung, und bleibende Eindrücke kann man auch in Sekunden sammeln... und Ich sage nur: Münchner Oktoberfest.
Deshalb hier mein Haupteindruck von Laos: Man lächelt anders als Irgendwo sonst In Südostasien, wo das Lächeln ja überall als Grundtugend und Bürgerpflicht gilt. Es ist weder das Seelenschleier-Lächeln von Thailand, noch das schüchterne der Birmanen und auch nicht das selbstbewusst fordernde der Vietnamesen oder das grimmige Kambodschas. Es ist ein befreites, erleichtertes Lächeln wie das Erwachen aus einem Albtraum. Und die Vergangenheit von Laos ist in der Tat der Albtraum pur.
Fünfzehn Jahre währt der Frieden jetzt gerade mal, davor lagen 250 Jahre Fremdherrschaft, Krieg und Gewalt. Erst über ein Jahrhundert lang thailändische Provinz, dann französisches Protektorat mit geduldetem, einheimischem König als Teil der gewaltigen Indochina-Kolonie. Im Zweiten Weltkrieg von Japan
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