Frauen lügen
sonst wenig um Interna gekümmert, was ein blöder Fehler war. Dornfeldt hielt mich für naiv und dachte, er kann mir problemlos seine gefaketen Abrechnungen vorsetzen. Aber ich bin seinen Schiebereien ziemlich schnell auf die Schliche gekommen. Eine bessere Gelegenheit, wieder Kontakt zu Jonas aufzunehmen, gab’s gar nicht. Ich habe zweimal einen Brief an Jonas’ Privatadresse geschrieben, aber nie kam eine Reaktion. Wahrscheinlich hat die Schlampe Susanne meine Briefe einfach verschwinden lassen.« Wieder nimmt Eva Simons einen Schluck aus der Wasserflasche. »Also musste ich mir etwas anderes ausdenken. Da bin ich auf die Idee mit den Bränden gekommen. Einen am Hotel und einen neben Dornfeldts Wohnung. Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Polizei so dämlich sein würde, den Zusammenhang nicht herzustellen.«
»Welchnzusamhng?«, unterbricht Fred den Redestrom und fügt gleich noch bittend hinzu: »Köntchvillchtauchnschluckwssrham?«
Wieder erntet er einen Tritt in den Magen. Er ist noch schmerzlicher als der letzte und hat zur Folge, dass sich die Reste von Kaffee, Alkohol und Frühstückscroissants aus seinem Magen in weitem Schwall auf den Teppichboden ergießen.
Merkwürdigerweise nimmt Eva Simons keine Notiz von der Schweinerei, die er angerichtet hat, sondern redet ohne Pause weiter.
»Die Kripo hätte doch darauf kommen müssen, dass Dornfeldt mit den Handwerkern gemeinsame Sache macht und Jonas am laufenden Band betrügt. Und wenn schon nicht der Polizei, dann hätte das zumindest Jonas auffallen müssen. Aber nein, er schert sich einen Dreck darum, er kommt noch nicht einmal selbst nach Sylt, sondern schickt stattdessen diese Schlampe. Ich habe sie natürlich genau im Auge behalten – und prompt hat sie mir den größten denkbaren Gefallen getan, nämlich den, Jonas zu betrügen. Leider ausgerechnet mit dir, du Versager.«
Sie bekräftigt ihre Worte mit einem dritten Tritt, aber Freds Magen ist leer und er kann nur noch hohl würgen.
»Als ich das Auto vor der Kirche abgefackelt habe, da hatte ich noch Hoffnung. Ich dachte, wenn Jonas von euch beiden erfährt, dann begreift er endlich, wer ihn wirklich liebt, wer für ihn arbeitet und sich einsetzt, dann kommt er zurück zu mir und zu seinem Kind. Seinem einzigen Kind!«
Die Stimme Eva Simons’ steigert sich zum Crescendo. Kurzatmig schnappt sie nach Luft und trinkt wieder aus der Flasche.
»Valriistmichlsnstochtr?«
»Klar ist Valerie Jonas’ Tochter. Was glaubst du denn, Idiot? Dass ich vielleicht noch mit einem anderen rumgemacht hätte? Ich bin nicht so eine wie deine blonde Hure, die’s wahrscheinlich mit jedem getrieben hat, aber dafür auch zu blöd zum Kinderkriegen war. Ich war nicht zu blöd dazu. Ich hab’s gerade noch rechtzeitig hingekriegt. Beim Abschiedsfick sozusagen. Und jetzt bin ich die Mutter von Jonas’ einzigem Kind. Und nicht nur das. Ich habe mich auch immer für Jonas aufgehoben. Die ganzen Jahre lang habe ich keinen anderen Kerl auch nur angesehen. Ich wusste ja, dass Jonas eines Tages zu mir zurückkommen würde. Und als ich dich mit der Schlampe auf dieser Terrasse beobachtet habe, da war mir klar: Jetzt ist es so weit. Endlich.«
»Warmhastdususnnednnerschossn?«
Langsam gelingt es Fred, sich etwas besser in dieser absurden Situation zurechtzufinden. Vielleicht sinkt gerade der Alkoholpegel in seinem Hirn, vielleicht hat es aber auch geholfen, dass er sich übergeben hat. Jedenfalls sind ihm in den letzten Minuten drei Dinge klargeworden. Erstens: Vor ihm steht die Mörderin Susanne Boysens. Zweitens: Diese Eva Simons ist so irre, dass sie auch ihn abknallen wird. Und drittens: Es hilft nur eines, er muss sie zum Reden animieren. Solange sie sich vor ihm produziert, solange sie ihn als Zuhörer braucht, wird sie nicht schießen.
»Warmhastdusannerschossn?«, wiederholt Fred seine Frage.
»Sie wollte sich nicht trennen«, kreischt Eva Simons plötzlich mit sich überschlagender Stimme. »Ich hab sie beobachtet, als sie allein auf deiner dreckigen Terrasse saß. Sie hat mit Jonas telefoniert, sie hat mit ihm geflirtet, gescherzt und gelacht und dabei in aller Seelenruhe Campari getrunken. Und dann ist sie reingegangen und ich hinterher. Es war wie ein Zwang. Ich konnte gar nicht anders. Und während deine Susanne nichtsahnend die Treppe hochstieg, hab ich die Knarre auf dem Küchentresen entdeckt.« Eva Simons schwenkt die Waffe in wilder Gebärde, so dass Fred befürchten muss, dass sie gleich losgehen
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