Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauen lügen

Frauen lügen

Titel: Frauen lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
Vom Netzwerk:
Oder ein Abend in einer guten Hotelbar in Gesellschaft des einen oder anderen Glases Whisky? Klingt alles sehr nach Selbstmitleid, und darauf hat er jetzt wirklich keine Lust. Zu frisch ist noch die Wut über den Krach mit Silja. Außerdem hat er mächtigen Hunger, denn seit dem Frühstück hat Bastian nichts Vernünftiges mehr gegessen.
    Während er aus seinem Zelt kriecht, in Gedanken schon bei der vorzüglichen Scholle, die man bei Gosch am Lister Hafen bekommt, hört er zwei bekannte Stimmen hinter den Bahnen seines Zeltes.
    »Und wo genau soll er jetzt sein Wigwam aufgeschlagen haben?«
    »Na hier, du Spast, genau vor deiner Nase.«
    Bastian richtet sich auf und zieht mit einem Ruck den Reißverschluss des Zeltes zu.
    »Hi Jungs. Wir kennen uns doch. Ich sage nur BO - ND 007 .«
    Wie ertappte Sünder fahren die beiden Jugendlichen herum und starren ihn an. Bastian muss herzlich über ihre Mienen lachen, eine Reaktion, die ihm unerwartet guttut.
    »Und? Alles im Lot bei euch, oder habt ihr wieder ’ne Pilzmahlzeit intus?«, erkundigt er sich leutselig.
    »Nee, nee, heute nicht. Aber was wollen Sie denn hier beobachten?«, will der Rothaarige wissen. »Kommt der Mörder etwa vom Campingplatz?«
    »Na, da hat der Platzwart ja im Rekordtempo geplaudert. Aber von mir erfahrt ihr nichts. Ist alles Ermittlungsgeheimnis. Ihr versteht schon«, grinst Bastian und holt seinen Autoschlüssel aus der Jeanstasche. »Ich fahr jetzt was essen und wenn ich zurück bin, dann seid ihr zwei Helden hoffentlich schon in der Falle und schlaft den Schlaf der Gerechten. Nicht, dass ich doch noch mit euren Eltern reden muss.«
    »Keine Sorge, heute Abend läuft ›Matrix‹ in der Glotze vom Wohnwagen von Bos Alten. Die sind selbst zum Essen am Königshafen. Wir haben also sturmfrei. Vielleicht willst du ja mitgucken.«
    »Danke Jungs für das freundliche Angebot, ich komm vielleicht sogar darauf zurück«, antwortet Bastian ohne jede Ironie, bevor er sich abwendet.
    Die beiden Halbwüchsigen starren ihm mit offenem Mund hinterher.

Sonntag, 21 . August, 12.00  Uhr,
Thalia-Theater, Hamburg
    »Sie sind kühner, großzügiger, ehrlicher als wir …«
    »… kühner, ehrlicher, tiefer, Marie, bitte, merk’s dir doch endlich!«
    »… kühner, ehrlicher, tiefer als wir, aber denken Sie sich in uns hinein, seien Sie nur ein klein wenig ehrlich …«
    »… großzügig, Marie, großzügig! Ehrlich ist dieser Trofimow doch zur Genüge! Jetzt konzentriere dich doch ein bisschen!«
    »Es ist zum Kotzen! Ingrid, entschuldige bitte, aber was anderes fällt mir dazu nicht ein. Ich kann mir diesen Text einfach nicht merken! Großzügig, ehrlich, tief, und immer wieder dieses blöde kühn! Kühn, kühn, kühn, zum Kotzen!«
    Während die Schauspielerin Marie Nussbaum vorn auf der Bühne mit beiden Fäusten auf einen zierlichen Eisentisch hämmert, die verschwitzten Haare an Schläfen und Stirn geklebt, wirft sie wütende Blicke ins Dunkel des Parketts, wo ihre Regisseurin Ingrid Albstätter in der vierten Reihe sitzt und sie mit Befehlen traktiert.
    Sven Winterberg, der gerade eben von einem widerwilligen Portier in den Theatersaal geführt worden ist, sieht sich in der ihm fremden Umgebung um. Er hat versprechen müssen, die laufende Probe nicht zu stören und für seine Fragen die nächste Pause abzuwarten. In einer Woche solle der Tschechow-Klassiker »Der Kirschgarten« Premiere haben, hat der Portier ihn belehrt und ihm gnädig die Grundzüge der Handlung erläutert. Die verschwenderische Gutsherrin Ranewskaja sei aus Geldnot gezwungen, ihre Ländereien und vor allem den geliebten Kirschgarten an einen Immobilienspekulanten zu verkaufen. Er werde die alten Obstbäume abholzen lassen und Sommerhäuser auf dem Grundstück bauen, eine Maßnahme, die den Untergang der gesamten großbürgerlichen Welt der Ranewskaja symbolisiere.
    Während Sven sich in eine der hinteren Parkettreihen zwängt, verlangt das Geschehen vorn auf der Bühne seine Aufmerksamkeit. Dort wird gerade das Abschiedsfest für Familie und Freunde der Gutsherrin geprobt. Umgeben von Salonmobiliar und in Würde gealterten Sitzgelegenheiten steht im Zentrum auf einem altmodischen Tisch ein Tablett mit Gläsern und Karaffen, in denen sich farbig schillernde Flüssigkeiten befinden. Marie Nussbaum und ein jüngerer Kollege sind die Einzigen auf der Bühne. Sie üben das Gespräch der Gutsbesitzerin mit dem armen Studenten Trofimow über den Sinn des Lebens.
    »Sie sind kühner,

Weitere Kostenlose Bücher