Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
viel Spaß mit Lisa!
P.S.: Die Verlobung habe ich abgesagt.
Dann ging ich zur Post. Die zweihundertzweiundvierzig Absagen schickte ich express, was mich ein kleines Vermögen kostete.
Bei dem Brief an Robert sparte ich mir den Expresszuschlag, weil ich es dramaturgisch besser fand, wenn alle anderen vor ihm wussten, dass ich alles wusste.
Dann traf ich meine Reisevorbereitungen.
Bewaffnet mit meiner Kreditkarte ging ich zu Hertie und kaufte alles Nötige: zwei knappe Bikinis für heiße Tage am Strand, ein paar schicke Kleider samt dazu passender Unterwäsche für die heißen Nächte, und für den Fall, dass ich Mel Gibson begegnen würde: keine Unterwäsche, dafür aber eine Packung Kondome.
Danach ging ich ins Sonnenstudio und legte mich – in vollem Bewusstsein, dass ich damit meine Hautalterung dramatisch beschleunigte – zwanzig Minuten unter die stärkste Sonnenbank. Dazu muss ich etwas loswerden: Jeder Trottel weiß heutzutage, dass UV-Strahlung nicht gerade ein Jungbrunnen für die Haut ist, aber Tatsache ist, dass knackige Bräune nun mal verdammt gut aussieht, und ich bin mir sicher, dass so manche Hollywoodkarriere – und damit meine ich die Zeiten nach Buster Keaton und Charlie Chaplin – nicht stattgefunden hätte, wären die Typen bleich wie ein Aal gewesen. Auch der größte Skeptiker muss zugeben: Wenn du jemandem frisch gebräunt gegenübertrittst, hörst du ausnahmslos Kommentare wie: »Gut siehst du aus, warst du im Urlaub?« und niemals: »Mannomann, das gibt Falten.« Und überhaupt: Gebräunte Menschen sehen wenigstens ein paar Jahre lang gut aus, bleiche dagegen nie.
Was mich selbst betrifft, für meine Fältchen – die übrigens gar nicht so zahlreich und tief sind, wie Sie jetzt vielleicht annehmen – gibt es andere Gründe, oder besser gesagt, einen anderen Grund: meinen Namen.
Ich heiße nämlich mit vollem Namen Heike Breitenfellner, und dass ich so heiße, ist auch der Grund für meine Falten. Diejenigen, die selbst Ähnliches erlebt haben, werden jetzt sagen: »Ah ja, alles klar«, aber für die, denen ein derart grausames Schicksal erspart geblieben ist, will ich es jetzt genauer erklären.
Man darf sich natürlich nicht vorstellen, dass so ein Name an sich schon Falten bewirkt, denn dann hätte ich ja schon als Kleinkind runzelig werden müssen, spätestens ab dem Moment, als der Standesbeamte meinen Namen zum ersten Mal in voller Länge aussprach.
Doch damit ein ungünstiger Name seine unheilvolle Wirkung richtig entfalten kann, bedarf es erst zusätzlicher unglücklicher Umstände, die das Leben manchmal schonungslos beisteuert.
In meinem Fall war es der Job im Call-Center eines großen deutschen Versandhauses, den ich über ein Jahr lang ausübte, bis ich merkte, welches Leid ich damit über mich brachte.
Dabei sieht alles ganz harmlos aus, anfangs zumindest: Man sitzt in einer von hundert Nischen und hat sein Headset auf, das in Filmen unerhört cool aussieht, wenn Geheimagenten es tragen oder Bodyguards, deren täglich Brot es ist, unheimlich wichtige Personen wie Whitney Houston zu retten.
Im Call-Center ist das aber etwas anderes, denn das mit dem Wichtige-Personen-Retten kann man sich gleich abschminken. Dazu kommt, dass im Lauf einer Acht-Stunden-Schicht hundert Anrufe und mehr eingehen, was bedeutet, dass man hundert Mal freundlich grüßen und seinen Namen sagen muss.
»Guten Morgen/Tag/Abend, Sie sprechen mit dem Bestellservice der Firma soundso. Mein Name ist Heike Breitenfellner, was kann ich für Sie tun?«
Und dann gab es da noch diesen wahnsinnig cleveren Verkaufstrainer, der mir gleich am ersten Tag einbläute, was ein guter Telefonverkäufer beachten muss. Er verpackte alles, was er während seiner fünf Uni-Jahre gelernt hatte, in ein Zauberwort: Lächeln. Damit läuft alles wie geschmiert, wurde uns eingetrichtert. Damit steht und fällt die Sache, denn mit einem Lächeln auf dem Gesicht klingt alles besser. Und weil das schon beim Abheben beginnt, ist auch die Reihenfolge wichtig: Wenn dein Lämpchen aufleuchtet, zuerst lächeln, dann erst das Gespräch annehmen, grüßen, Namen nennen und so weiter.
Anfangs reagierte ich auf die Belehrung wie jeder, der von der Materie keine Ahnung hat, und dachte mir: Was für ein Scheiß, aber lass es nur reden, das Pickelgesicht. Aber dann, nach den ersten Telefonaten, kommt man drauf, dass es tatsächlich funktioniert. Da kann der Kunde noch so verärgert sein, weil er beispielsweise zum dritten Mal in
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