Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
Suite und wartet, dass du zu ihm kommst«, würde ich antworten: »Echt? Saustark! Bin gleich da, muss nur schnell frühstücken.« Und dabei würde ich vermutlich nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden, warum es den großen Bruce frühmorgens ausgerechnet nach mir gelüstet.
Wichtig ist nur, dass ich etwas im Magen habe.
Und dennoch: An diesem historischen Tag habe ich darauf verzichtet. Oder, wenn man es ganz genau betrachtet, habe ich es nur verschoben. Bis nach dem Besuch beim Fotogeschäft nämlich, denn der hatte Vorrang.
Die dortige Angestellte, die aussah, als hätte sie noch nie in ihrem Leben einen anständigen Kerl gehabt, machte ich zu meiner Verbündeten, indem ich ihr erzählte, dass ich einem miesen Typen etwas heimzahlen wollte, und sie sicherte mir zu, die Fotos in einer Stunde fertig zu haben.
Die Zeit bis dahin vertrieb ich mir mit einem weichgekochten Ei, vier Scheiben Diätschinken – nicht, weil der weniger Kalorien hat, sondern weil er mir besser schmeckt –, einem Vollkornbrötchen, zwei Croissants sowie einer Kanne Kaffee.
Solchermaßen aufgerüstet, kam ich exakt eine Stunde später wieder in den Fotoladen und begutachtete das Ergebnis. Abgesehen von einem leichten Gelbstich waren alle Fotos okay, aber eines hatte es mir besonders angetan.
»Von dem da brauche ich ein paar Abzüge«, sagte ich.
Die Verkäuferin war sich nicht im Klaren darüber, ob ich sie auf den Arm nehmen wollte.
»Sind Sie sicher?«, fragte sie.
»Absolut sicher«, sagte ich.
»Soweit ich das sehe, ist das aber das … wie soll ich es sagen … das schlechteste.«
»Genau, das sehe ich auch so.«
»Und trotzdem …?«
»Und trotzdem!«
»Hm, wie Sie wollen. Wie viele Abzüge sollen es denn sein?«
»Zweihundertzweiundvierzig.«
Sie quittierte das mit einem leichten Husten.
»Sagten Sie gerade zweihundertzweiundvierzig ?«
»Korrekt.«
»Also, ganz ehrlich, ich an seiner Stelle würde nicht wollen, dass von diesem Foto zweihundertzweiundvierzig Abzüge existieren«, meinte sie.
»Ganz meine Meinung. Wie lange werden Sie dafür brauchen?«
»Sind zwei Stunden okay?«
»Okayer geht’s gar nicht.«
Das passte mir sogar ausgesprochen gut. So konnte ich in meine Wohnung fahren und den Brief schreiben, der anderen die Augen öffnen und mich befreien sollte.
Zwei Stunden später hatte ich auch die Abzüge. Ich besorgte noch Umschläge und die nötigen Marken. Dann konnte ich mein Werk zum Abschluss bringen.
Nachmittags um vier war ich fertig.
Ich hatte zwei Briefe verfasst. In einem stand:
Würden Sie diesen Mann heiraten, nachdem er Sie mit seiner Sekretärin betrogen hat? Sehen Sie, ich auch nicht, deshalb muss ich Ihnen auf diesem Weg mitteilen, dass es keine Verlobung geben wird.
Diesen Text jagte ich mittels Serienbrieffunktion zweihundertzweiundvierzig Mal aus meinem Drucker, versehen mit den Namen und Anschriften, die ich Robert entlockt hatte. Und jedem Brief legte ich ein Foto bei.
An dieser Stelle muss ich Folgendes erklären: Robert ist normal gebaut. Nicht riesig und auch nicht klein. Ich schätze, neunzig Prozent aller Frauen würden ihn gerade richtig finden. Nun verhält es sich aber so, dass der beste Kumpel eines Mannes die Eigenschaft besitzt, sich bei Kälte klein zu machen. Jeder, der schon einmal in einer öffentlichen Sauna war, weiß das, und das ist auch der Grund, warum es sich nur wenige Männer erlauben können, nach dem Kaltwasserbecken das Handtuch über der Schulter zu tragen.
Da wird nämlich der Rübezahl zum Zwerg Nase, in null Komma nichts.
Und jetzt reden wir gerade mal von einer Minute im Kalten, wenn überhaupt. Wenn aber ein durchschnittlich gebauter Mann – fehlgeleitet etwa durch unexakte Zeitangaben – mehrere Minuten in der Eiseskälte hockt, dann hat er echt ein Problem. Optisch.
Würde er dann zum Beispiel auf die Idee kommen, ein paar brave Klosterschülerinnen zu erschrecken, indem er hinter einem Busch hervorspringt und ihnen beweist, dass er unter dem Mäntelchen nichts anhat, dann könnte er damit vielleicht ein wohlgemeintes »Sie sollten sich besser etwas überziehen, Fräulein, sonst holen Sie sich noch eine Erkältung!« provozieren, aber ganz bestimmt kein hysterisches Gekreische.
Und genau das war auch Roberts Problem auf diesem Foto. Eines war klar: Bei Witzen über Penisgröße würde er sich in Zukunft zurückhalten, aber vielleicht verhalf ihm das ja zu einem besseren Charakter.
In dem anderen Brief stand:
Lieber Robert,
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