Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
war schließlich auch noch ein Tag, außerdem wollte ich nicht als Magersüchtige zurückkehren. Und man kann von der türkischen Küche halten, was man will, aber bei den süßen Sachen halten die mit den Besten der Welt mit. Das Schokoladensoufflee war locker, die Cremetörtchen cremig und der Pudding beerig.
Doch genießen konnte ich nicht einen einzigen Bissen davon.
Das lag daran, dass, kaum hatte ich meine Teller samt der süßen Beute auf einem freien Tisch platziert, ausgerechnet der alte Kerl mit seiner jungen Miss World am Nebentisch Platz nahm.
Und die Göre aß – wie könnte es anders sein? – nur Salat, und da sie mit dem Rücken zu mir saß und auch einen Bikini – String! – unter einem Sommerkleidchen anhatte, war es unmöglich, ihren Po zu übersehen.
Und da packte mich die Wut.
Nicht, dass ich etwas gegen hübsche Hintern hätte, aber wenn man selber auf etwas sitzt, das viel bequemer, weil doppelt so breit ist, dann will man nicht bei jedem Bissen daran erinnert werden, woher das kommt.
Dazu kam, dass auch der Begleiter der Barbiepuppe in seinem Polohemd und den Shorts so aussah, als hätte er den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als Gewichte zu stemmen und Gemüsesticks zu knabbern. Dabei war der bestimmt schon über vierzig, ich meine, so etwas ist doch unnatürlich. Und wie er mit der Göre redete, das war schon richtig peinlich, so verliebt wirkte er. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass mich jemals ein Mann so angesehen hätte. Und damit nicht genug, besaß er auch noch die Unverschämtheit, mich zwischendurch anzugrinsen, so als wollte er sagen: »Iss nur, Dickerchen, bei dir ist es ohnehin egal.«
Doch damit erreicht man bei mir gar nichts. Eine andere hätte vielleicht verschämt ihre Teller beiseite geschoben und so getan, als hätte ihr Vorgänger sie am Tisch vergessen, ich aber aß alles bis zum letzten Cremeflöckchen auf.
So, das hatte der blöde Kerl nun davon.
Dann erhob ich mich mit all der Grazie, zu der eine Vierunddreißigjährige, die mit einer Zwanzigjährigen in Konkurrenz steht, fähig ist, und schwebte durch den Speisesaal davon. Dabei wurde mir erst bewusst, wie elend lang der war, und ich war mir sicher, dass der alte Geldsack nichts anderes zu tun hatte, als die ganze Zeit verächtlich auf meinen Hintern zu starren, und ich verfluchte mich für dieses Sommerkleid, das außer Stande war, auch nur einen einzigen Millimeter von meiner üppigen Kehrseite zu kaschieren.
Ich fühlte mich beschämt und wütend. Ich brauchte jetzt unbedingt einen Drink, und ich brauchte Roxie, um mich abzulenken, und ich würde es diesem Kerl und seiner Barbiepuppe heimzahlen, dass sie mir das Essen verdorben hatten. Die Frage war nur, wie, aber mir würde schon das Richtige einfallen.
Weil mir immer etwas einfällt, wenn es darum geht, erlittenes Unrecht wieder gutzumachen.
9
Roxies Haare waren so kurz wie immer, nur waren sie jetzt rot. Und damit meine ich nicht etwa einen dezenten Schimmer, sondern richtiges Knallrot, wie bei einer Vierzehnjährigen, die ein bisschen experimentiert hat, um ihren Eltern zu demonstrieren, dass sie fade Spießer sind.
»Hab ein bisschen experimentiert«, erklärte Roxie, nachdem sie mein Strand-Make-up mit einer minutenlangen Kussattacke zerstört hatte.
»Ist nicht zu übersehen«, antwortete ich so neutral wie möglich.
»Und, gefällt’s dir?«, fragte sie.
Was sollte man darauf antworten?
»Sicher, ist mal was Anderes.«
In Wahrheit sah sie aus wie Pumuckl, und ihren Meister Eder schien sie auch schon gefunden zu haben.
»Das ist Jo«, stellte sie ihren Begleiter vor. »Jo war so lieb, meine Koffer zu tragen.«
Ah, der Trottel, den sie am Flughafen gesucht hatte.
»Freut mich«, sagte ich.
»Und mich erst«, sagte Jo, und es klang wohltuend echt.
Jo musste um die dreißig sein, er war nicht sonderlich groß, dafür aber umso muskulöser, und anscheinend war er irgendwann mit seinem Friseur übers Kreuz gekommen und hatte sich deshalb eine Glatze zugelegt.
»Wie sieht’s aus, trinken wir erst mal einen?«, fragte er.
»Nicht böse sein, Jo, aber Heike und ich haben uns seit Monaten nicht gesehen und müssen jetzt eine Menge besprechen. Du weißt schon: Frauensachen«, raubte Roxie ihm sogleich die Hoffnung auf einen schnellen Aufriss.
Jo ließ sich dadurch seine gute Laune nicht verderben.
»Alles klar. Gebt mir Bescheid, wenn ihr damit fertig seid«, sagte er und trollte sich sang- und klanglos.
»Der
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