Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
Isa hatte nämlich letzte Nacht, nachdem ich weg war, noch mit Sammy, dem Jamaika-Boy, geplaudert, und er hatte ihr versichert, dass er mich nicht aufgefordert habe, weil ich so hässlich sei, sondern weil ich so deprimiert gewirkt habe und er mich habe aufheitern wollen. Das sei der einzige Grund gewesen, nichts, weswegen man sich zu schämen brauche. Und Sammy hatte mir ausrichten lassen, dass es ihm eine Freude sei, es heute noch einmal zu versuchen. Vorausgesetzt, ich wollte es.
Und ich wollte, denn ich konnte dabei nur gewinnen. Ich war schließlich eine gute Tänzerin, außerdem war ich schlank wie schon lange nicht mehr. Und ich hatte noch ein paar neue Kleider mit, die wirklich sexy aussahen.
Nein, man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, ich musste einfach durchhalten, mein Wille musste stärker sein als mein Körper.
Denn wo kämen wir hin, wenn wir uns vom aufgeblähten Ego eines größenwahnsinnigen Muskels den möglicherweise besten Abend unseres Lebens verderben ließen?
14
Ich kann nicht sagen, woran es lag.
Vielleicht daran, das mir das neue Esprit-Kleid wie angegossen passte – obwohl ich es eine halbe Nummer zu klein gekauft hatte.
Oder daran, dass Jo mir gerade eben ein furchtbar nettes Kompliment gemacht hatte: »Du hast den mit Abstand geilsten Arsch in diesem Club«, hatte er zu dem älteren Herrn gesagt, der beim Buffet hinter mir in der Warteschlange stand, und die besondere Qualität dieses Komplimentes lag weniger in der Wortwahl – da hatte ich schon Eleganteres gehört –, sondern vielmehr in dem Umstand, dass Jo schon wieder seine Urlaubs-Kosten-Nutzen-Rechnung optimiert hatte und sturzbetrunken war. Und Betrunkene sagen nun mal die Wahrheit.
Oder hatte es damit zu tun, dass mir gerade eben der Opa und seine minderjährige Gespielin über den Weg gelaufen waren und die beiden kein bisschen gelacht hatten.
Woran auch immer es lag, ich fand jedenfalls, dass die Show heute noch besser war als am Vorabend, und auf den Tanzabend freute ich mich wie ein Teenager auf seinen ersten Sex. Meine muskulären Probleme hatte ich in den Griff bekommen, indem ich heiß gebadet und meine Oberschenkel wie verrückt massiert hatte, und auch die vier Wodkas hatten sich als zuverlässige Helfer in Sachen Schmerzbekämpfung erwiesen.
Und ich hatte einen Wahnsinnsplan entwickelt.
Bei der Tanzerei kommt es nämlich im Grunde genommen nur darauf an, wer wen zuerst auffordert. Sprich: Wer aufgefordert wird, ist der Dumme. Daher: Nicht abwarten, bis einer kommt und dich anlabert, sondern gleich selber einen von den süßen Kerlchen schnappen.
Und das tat ich dann auch. Kaum hatte die Band losgelegt, riss ich mir auch schon den langen Felipe unter den Nagel und legte einen Foxtrott hin, der nichts, aber auch gar nichts an Eleganz vermissen ließ. Sogar Felipe war überrascht.
»Sie sind bestimmt Turniertänzerin«, mutmaßte er schon nach den ersten Schritten.
»Sie müssen mir nicht schmeicheln«, gab ich zurück, während ich gierig auf weitere Komplimente wartete.
»Nein, ehrlich, Sie tanzen hervorragend. Ich will tot umfallen, wenn ich lüge«, versicherte er mir.
Anscheinend meinte er es wirklich ehrlich, denn er fiel nicht um. Und so ging es weiter. Ich schnappte mir nach und nach Sammy aus Jamaika, einen riesigen Sven aus Schweden und schließlich auch José und Rico. Dazu muss ich sagen, Hut ab vor Roxies Kennerblick, der Lambada mit den beiden räumte jeden Zweifel aus, dass die von Mutter Natur mit einer Extraportion bedacht worden waren.
»Wenn du so weitermachst, werde ich noch neidisch«, sagte Roxie während einer Pause. Netter hätte sie das gar nicht sagen können.
»Gegen dich sind sogar die beiden blasse Lichter«, meinte Isa und deutete auf Opa und Barbie, die gerade ihre Runden auf dem Parkett drehten. Sie machten ihre Sache gar nicht schlecht, das konnte ich jetzt locker zugeben. Ich war in einer Position, da brauchte ich die Konkurrenz nicht mehr zu fürchten, so wie Michael Schumacher, wenn er seinen Teamkollegen lobt, weil der mit drei Minuten Abstand Zweiter geworden ist. Eine unangefochtene Nummer eins kann auch mal andere loben.
Und beim Tanzen ist das so eine Sache. Manche sind da wirklich bemüht und erreichen gerade mal gepflegte Mittelmäßigkeit. So, dass sich der Tanzlehrer beim Abschlussabend ein höfliches »Sehen Sie, es geht doch« abringt. Und wieder andere, die haben das im Gefühl, die gucken sich ein paar Schritte ab und sind sofort
Weitere Kostenlose Bücher