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Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition)

Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition)

Titel: Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bollmann
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viertausenddreihundert Meter hohe Vulkan schrumpfte um eineinhalb Kilometer.
    So heftig waren die Eruptionen, dass große Mengen der ausgespuckten Gase und Ascheteilchen, begünstigt durch die Lage des Vulkans in Äquatornähe, in die globalen Windströmungen einbezogen wurden und im Laufe von einigen Monaten ihren Weg über den Globus machten. Emittierte Schwefelgase gelangten in die Stratosphäre und bildeten dort eine Aerosolschicht, die zu einer erhöhten Streuung und Absorption des Sonnenlichts führte. Infolgedessen kam es an vielen Orten der Erde zu einer Abkühlung um mehrere Grad Celsius und zu eisigen Wintern.
    1816 ging als das »Jahr ohne Sommer« in die Geschichte ein. In den Vereinigten Staaten wie in Europa bekam das Jahr einen ähnlichen Spitznamen: »Eighteen Hundred and Froze To Death« – »Achtzehnhundert und erfroren«. Nordamerika verzeichnete noch im Juli und August anhaltende Nachtfröste. In Neuengland fiel Schnee. In Mitteleuropa kam es zu schweren Unwettern. Flüsse traten über die Ufer. Am stärksten betroffen war das Gebiet nördlich der Alpen. In der Schweiz war der Sommer so verregnet, dass das Getreide größtenteils nass eingebracht wurde und in den Speichern verschimmelte. Die Vieh- und Milchwirtschaft erlitt schlimme Einbußen. Die Folge waren Versorgungsengpässe, die spätestens im Jahr darauf auftraten. Die Getreidepreise stiegen um das Dreifache, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und England. Örtlich brachen Hungersnöte aus.
    Die fünf Engländerinnen und Engländer, um die es in diesem Kapitel geht, ahnen nicht, dass der verregnete Sommer des Jahres 1816 auf einen Vulkanausbruch auf einer äquatorialen Inselkette in Südostasien zurückzuführen ist. Diesen Zusammenhang wird erst einhundert Jahre später ein Klimaforscher herstellen. Dass die Ernte um sie herum verfault und der Brotpreis steigt, bemerken sie zwar, doch sie haben mehr Augen für »die schreckliche Unwirtlichkeit« der Alpenlandschaft. Sie ärgern sich über den unablässigen Regen, der sie um die gewünschten Ausflüge bringt und es ihnen verwehrt, auf der Terrasse mit Blick auf den See ihren Beschäftigungen nachzugehen. Doch wenn die Sonne einmal durchbricht, so schreibt eine der Damen nach Hause, dann bringt sie eine Hitze, wie man es in England nicht kennt. Die vielen eindrucksvollen Gewitter über dem Genfer See elektrisieren sie geradezu. »Eines Nachts«, so schreibt unsere Augenzeugin, »kamen wir in den Genuss eines Sturms, großartiger, als ich es je zuvor gesehen habe. Der See stand in Flammen – die Kiefern des Jura wurden sichtbar gemacht, und die ganze Landschaft war für einen Augenblick erleuchtet, als pechschwarze Finsternis obsiegte und der Donner in furchtbaren Schlägen über unsere Köpfe hinweg in die Dunkelheit fuhr.« Nach diesem erhabenen Schauspiel versammeln sich die Anwesenden um den offenen Kamin und lesen einander vor. Kein Wunder, dass Gespenstergeschichten die bevorzugte Lektüre dieses Sommers sind, der diesen Namen so gar nicht verdient.
    Eigentlich sind die Reisenden sogar zu sechst, denn mit von der Partie ist auch »Willimäuschen«, wie er von seinen Eltern zärtlich gerufen wird. Gerade ein halbes Jahr alt, ist William das zweite Kind aus der Beziehung Mary Godwins, der Tochter Mary Wollstonecrafts, mit dem Poeten Percy Bysshe Shelley. Ein erstes Kind, Clara, ist im Februar 1815 zwei Monate vor der Zeit zur Welt gekommen und hat nur wenige Tage überlebt. Von Kindesbeinen an war Mary mit dem Umstand konfrontiert, dass ihre Mutter, die legendäre Mary Wollstonecraft, die Schriftstellerin und Vorkämpferin der Rechte der Frau, wenige Tage nach ihrer Geburt gestorben ist. Bei der Tochter ist daraus ein irreales Nähegefühl zu der berühmten Mutter entstanden. So erzählte man sich, sie habe schreiben gelernt, indem sie mit dem Zeigefinger die Inschrift am Grab ihrer Mutter nachzog. Nun, mit dem Tod des ersten Kindes, ist es erneut sie, die eine Geburt mit tödlichen Folgen überlebt. In dieser Verschränkung der Ereignisse, verbunden mit einem doppelten Schuldgefühl, ist das eine traumatische Erfahrung. Ständig suchen Mary Träume heim, in denen Clara wieder lebendig wird. Wenn sie aus ihnen erwacht, überwältigen sie Gefühle der Leere und Verzweiflung. Erst die zweite Schwangerschaft lockert die Bande der Depression, die sich um die gerade achtzehnjährige Frau zu legen begonnen haben.
    Zu viert sind sie im Mai von London aufgebrochen, um den

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