Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Plötzerenke beim nächstenmal eine kleine Mandoline mitbrachte, die dem Unteroffizier Hammacher von der Kompaniewerkstatt gehörte. Nun konnte er sogar singen und sich begleiten … Schanna Iwanowna starrte ihn entgeistert an und begriff nun, daß sie der bärenhafte, gewalttätige Teufel, der sie ständig vergewaltigte, wirklich liebte und alles tat, um sie aufzuheitern.
    Nachdem Plötzerenke ›Dunkelrote Rosen schenk' ich, schöne Frau …‹ mehr gegrölt als gesungen hatte, beugte er sich vor und lächelte Schanna an, als wollte er sagen: Na, meine Kleene, gefällt dir das? Stell dir vor, es wär' Frieden und wir zwei lägen jetzt in 'ner Laube am Wannsee …
    »Kennste Lili Marleen?« fragte er. Er zupfte einige Takte auf der Mandoline und sah Schanna fragend an. »Natürlich kennste das. Paß mal auf, das singe ich dir jetzt vor. Aber ich hab da 'ne andere Fassung, die gefällt mir viel besser …«
    Er zupfte wieder an der Mandoline und begann mit seiner speziellen Lili Marleen:
    »An der Kaserne Ich drückt sie an den vor dem großen Tor Pfosten:
    stand eine Laterne Mädchen, sei nicht dumm,
    und steht auch noch davor. denn die alte Funzel,
    Bei der Verdunklung brennt die fällt beim Stoß
    kein Licht, nicht um.
    Ein Mädchen hab' ich So habe ich zum erstenmal
    rumgekriegt. gevögelt am Laternenpfahl
    Es hieß Lili Marleen … mit der Lili Marleen.
    Harte Schritte hallten In der Kaserne
    durch die dunkle Nacht. hinterm großen Tor
    Eine Streife hat mich sitz ich im Arrest,
    zur Wache fortgebracht. das kommt mir komisch vor.
    Denn die Wache hat Und wenn wir uns einst
    erblickt: wiedersehn,
    An der Laterne wird wird mir der Pinsel
    gefickt nicht mehr steh'n
    mit der Lili Marken. bei der Lili Marken.«

    Mit einem Akkord schloß Plötzerenke seinen Vortrag. Er blickte Schanna an. »Na, war das nicht schön?« fragte er.
    »Särr schönnnn …« Schanna schloß die Augen, weil Plötzerenke sich über sie beugte und sie küßte. Ich muß ihn töten, dachte sie dabei. Irgendwann muß ich ihn töten, auch wenn er mich liebt und für mich sorgt. Es ist meine Pflicht, ihn zu töten, oder ich kann nie wieder Schanna Iwanowna sein, ausgezeichnet mit dem Suworow-Orden in Bronze für den heldenhaften Kampf gegen die deutschen Faschisten. Und was soll aus mir werden, wenn ich nicht mehr Schanna Iwanowna Babajewa sein kann?! Fritz … ich muß dich töten!
    Ihr Kopf glühte im Fieber, ihre Schulterwunde war dick aufgequollen, aus dem Schußkanal lief grünlicher, stinkender Eiter. Ihre Kräfte verfielen zusehends.
    Plötzerenke stellte seine Liebesbekundungen ein … Schanna war zu elend, um auch das noch ertragen zu können. Von Stunde zu Stunde verschlechterte sich ihr Zustand. Plötzerenke geriet in Panik … er wusch den Eiter weg, er wusch die Wunde aus, er puderte, er kühlte Schannas Kopf und später den ganzen glühenden, immer wieder von Schauern durchschüttelten Körper, und er wußte, daß das alles sinnlos war.
    In einer Nacht, in der Plötzerenke wieder zu Schanna gehen wollte und nun fest entschlossen war, sie in der allergrößten Not, wenn das Sterben beginnen sollte, wirklich nur dann, wenn gar keine Hoffnung mehr bestand, durch einen Schuß zu erlösen – da begegnete ihm der Unterarzt Helge Ursbach.
    Ursbach kam gerade aus dem zerstörten Dorf zurück, wo er Peter Hesslich besucht hatte. Nach ihrer ersten Begegnung hatten sie sich angefreundet, und wenn Ursbach es einrichten konnte, diskutierte er mit Hesslich in dessen ›Nest‹ am Ufer des Donez über die Probleme der Welt. Sie waren sich einig, daß sie jetzt ihre verlorenen Jahre durchlebten.
    Plötzerenke schloß die Augen, als er Unterarzt Ursbach durch den Graben kommen sah. Eine letzte, verzweifelte Hoffnung keimte in ihm auf. Gott, laß ihn ein Mensch sein, betete er inbrünstig. Ein Arzt und ein Mensch und kein nationalsozialistischer Offizier! Laß ihn denken: Da liegt ein Sterbender – und nicht: gut, daß sie krepiert, das Flintenweib! Laß ihn – bitte, bitte – nur Arzt sein …
    »Herr Unterarzt …«, sagte Plötzerenke und stand vor Ursbach stramm, als sei dieser ein General. Seine Stimme klang heiser und zitterte. »Herr Unterarzt … ich … ich habe … habe eine große Bitte … Sie … Sie haben doch als Arzt Schweigepflicht, hab ich gelesen … Gilt das auch im Krieg?«
    Ursbach sah Plötzerenke verwundert an. »Sind sie krank, Plötzerenke«, fragte er. »Wenn Sie einen verpaßt bekommen, was gibt es da zu verschweigen?

Weitere Kostenlose Bücher