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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Die Strafe für Versagen und Feigheit vor dem Feind war bekannt. Bei einer Sondereinheit wie den Scharfschützinnen gab es da keine weiteren Fragen mehr.
    »Hören wir sie erst an«, sagte Ugarow, um Mäßigung bemüht. »Das Schicksal können wir nicht lenken, auch wenn wir es uns manchmal einbilden …«
    »Morgen nacht.« Soja Valentinowna gab dem Posten Wanda Alexandrowna das Fernglas zurück. »Das ist kein Befehl, Genossinnen, sondern lediglich eine Feststellung.«
    Sie ging mit schnellen Schritten davon und registrierte mit bösem Brummen, daß Ugarow noch zurückblieb. Es muß sein, dachte sie. Ich muß so sein. Disziplin ist alles in dem Leben, das wir jetzt führen müssen. Mut allein genügt nicht und auch nicht die Liebe zum Vaterland. Um diesen Krieg gewinnen zu können, muß ein dicker eiserner Panzer um uns sein, durch den hindurch nichts bis zu unserem Herzen vordringen kann. Wir müssen hart sein, härter als ein Stein, denn auch Steine können zerspringen. Natürlich habe ich Mitleid mit Schanna … aber keiner darf es mir anmerken!
    »Wenn es Schanna ist«, sagte Ugarow leise, ehe er der Bajda folgte, »bringt sie mit. Sie ist ein Mensch – und wer könnte aus einem Menschen eine Maschine machen! Sie hat Blut in den Adern, kein Schmieröl … Holt sie rüber, Genossinnen!«
    *
    Es ist immer so, man kennt das ja: Wenn man jemanden wirklich braucht, ist er nicht greifbar. In dieser Nacht war Uwe Dallmann allein in dem Versteck. Peter Hesslich war zum Regiment befohlen worden. Genauer gesagt: Man hatte ihn gebeten, von seinem Einzelgang zu berichten. Der Regimentskommandeur hatte ein Essen gegeben, und Hesslich saß inmitten der Offiziere und erzählte, wie er die weiblichen Posten ausgeschaltet hatte.
    »Was geht in diesen Mädchen bloß vor?« sagte ein Major der Flak. »Man muß sich das mal bildlich vor Augen führen: Da liegt so ein junges, hübsches Ding im Hinterhalt, bekommt einen Menschenkopf ins Fadenkreuz und zittert nicht ein bißchen, wenn es den Finger krümmt und weiß: Jetzt töte ich ihn! Nein, sie zieht durch … Woher nehmen sie diese Kälte?! Das spricht doch allem Weiblichen Hohn!«
    »Sie leben vom Haß!« Hesslich nahm die Zigarre, die ihm der Regimentskommandeur in einem Kistchen herüberreichte. Auch das gab es noch in den hinteren Truppenbereichen: Genug Zigaretten, Zigarren, Kognak, Likör und Braten.
    »Anders ist es nicht denkbar. Und etwas anderes bekommt man von ihnen auch nicht zu hören. Die paar Scharfschützinnen, die man bisher gefangennehmen konnte, schwiegen eisern, bis sie erschossen oder aufgehängt wurden. Das einzige, was sie riefen, wenn schon die Schlinge um ihren Hals lag, war: ›Es lebe die Sowjetunion. Es lebe die Heimat! Es lebe der Genosse Stalin! Tod den Okkupanten!‹ – Und das sind nun mal wir!« Hesslich ließ sich von einem Oberleutnant Feuer geben, rauchte die Zigarre genußvoll an und blickte den blauweißen Rauchwolken nach. Die Offiziere sahen ihm schweigend zu. Für sie war dieser Feldwebel eine Art Monstrum, eine Tötungsmaschine mit menschlichem Körper. Trotz Krieg und täglichem Sterben war er ein Fremdling in ihrem Kreis. Man sitzt nicht gern mit dem Tod am Tisch – selbst in der Sommerhitze glaubt man, einen kalten Hauch zu spüren. Das Töten bei Angriff und Verteidigung betrachteten alle als legitim. Ruhig und konzentriert von einem Versteck aus einen einzelnen Menschen anzuvisieren und ihn mit einem geradezu kunstvollen Kopfschuß zu liquidieren – das war etwas ganz anderes. Das war überlegtes Töten, dazu brauchte man Nerven, die stärker waren als das Gewissen.
    Hesslich lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er wußte nicht, was man hier von ihm wollte, warum man ihn zum Essen mit sechs Gängen eingeladen hatte, angefangen von einer Erdbeerkaltschale bis zu einem köstlichen Schokoladenpudding mit Vanillecreme. Für eine Auszeichnung konnte man ihn nicht mehr vorschlagen. Das EK I hatte er bereits, das Deutsche Kreuz war noch nicht dran, das Ritterkreuz verlangte anderes als die Überwindung einiger Posten. Man konnte ihn allenfalls zum Oberfeldwebel befördern – aber daß ein Regimentsstab aus diesem Grund ein Essen geben sollte, war zumindest sehr ungewöhnlich.
    »Man könnte ebensogut fragen: Warum sind wir Scharfschützen?« sagte Hesslich. Er glaubte, diese Frage aus den Augen der Offiziere ablesen zu können. »Wir sind Einzelkämpfer – aber Einzelkämpfer haben noch nie einen Krieg entschieden, es sei denn, wir

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