Frauenbataillon
Oberstleutnant.«
»Die Unterschrift des Generals ist nur eine Formsache. Sie können sich die Sterne schon besorgen.«
»Jawoll, Herr Oberstleutnant.«
»Sie haben Urlaub bis morgen früh, Hesslich. Sehen Sie sich etwas um bei uns. Wir haben gerade einen Kinowagen hier. Heute abend gibt es ›Der Gasmann‹ mit Heinz Rühmann und Anny Ondra. Mal was Fröhliches bei all dem Mist! Viel Vergnügen!«
Damit war Peter Hesslich entlassen. Er knallte die Hacken zusammen und verließ das Haus des Kommandeurs.
»Ein Glück, daß wir heute keinen Gast von der SS hatten«, sagte ein Hauptmann vom Stab und trank seinen Kognak aus. »Da hätte ihn keiner mehr retten können! Aber vielleicht müssen diese Burschen eine große Schnauze haben, um ruhig zielen zu können. Ich sag es frei heraus: Mir sind diese Kerle unheimlich.«
Am Abend saß Peter Hesslich auf der Erde vor der aufgespannten Leinwand und sah sich den Film ›Der Gasmann‹ an. Dreihundert Soldaten, unter ihnen auch Leichtverwundete aus der Krankensammelstelle, bogen sich vor Lachen über die Erlebnisse Heinz Rühmanns beim Gasablesen. Den tieferen Sinn der Komödie, den Kampf des kleinen Mannes gegen die Unbilden der Welt, begriffen sie nicht. Ihnen bot der Film willkommene Ablenkung, die sie für zwei Stunden den Krieg vergessen ließ, die ganze Scheiße, aus der sie kamen und in die sie zurück mußten … Im Lachen verwandelte sich die Welt.
In der Nacht saß Hesslich im Quartier eines Bautrupps und soff russischen Knollenschnaps. An der Front war alles still; der Bautrupp war in direkter Leitung mit der Pionierabteilung verbunden, die neben der 4. Kompanie lag.
»Ihr habt's gut«, sagte einer der Unteroffiziere, die mit Hesslich am Tisch saßen. »Die Weiber greifbar nahe! Warum holt ihr euch nicht ein paar von denen rüber?«
»Versuch's mal.« Hesslich starrte vor sich hin. »Die sind da anderer Meinung.«
»Angriff mit offener Hose, das haut selbst die um!«
»Ihr seid vielleicht Arschlöcher!« sagte Hesslich grob und stand auf. »Kommt nach vorn und holt euch euer Loch in der Stirn …«
Er legte sich auf einen Strohsack und dachte an das sowjetische Mädchen mit den blonden Haaren, das er im Fadenkreuz gehabt, aber nicht erschossen hatte. So hatte er in seiner Forstzeit oft einen Rothirsch, dessen Schönheit ihn faszinierte, nicht erlegt, sondern nur mit dem Fernglas beobachtet.
Ein schönes, reißendes Tier war sie, die Blonde. Sie hatte noch eine Schonfrist bekommen, aber er wußte, daß er sie töten würde, sobald er ihr wieder begegnete.
Bei diesen Gedanken schlief er ein. Im Traum lag sie in seinen Armen, ihr Körper bebte in Leidenschaft, aber als er alles gegeben hatte, erschlaffte sie, und er umarmte eine Tote, die sich in einer Wasserlache auflöste.
Verborgen hinter einem als schwimmende Insel getarnten Floß überquerten Marianka, Lida und Wanda den Donez an einer flachen Stelle nördlich der Ruinen, in denen sie Schanna vermuteten. Am Ufer zogen sie nur Bluse und Schlüpfer an, über die Füße streiften sie dicke Wollsocken. Es war ein verrückter Anblick: Die langen nackten Beine, darüber das Höschen, die Uniformbluse, umgürtet von dem Koppel, an dem die Munitionstasche hing, auf den tropfnassen Haaren das erdbraune Schiffchen, die Gesichter rußgeschwärzt. So schlichen sie das Ufer hinauf und verschwanden im Steppengras. Ihre langläufigen Präzisionsgewehre Moisin-Nagant 1891/30 mit den schweren Geschossen lagen quer über ihren Unterarmen. Sie robbten lautlos voran, dem zerschossenen Dorf entgegen, aus dem das Lichtzeichen, hinter dem sie Schanna vermuteten, gekommen war.
Leutnant Ugarow hatte eine Skizze des Dorfes angefertigt und das Haus, in das Plötzerenke gegangen war, genau bezeichnet. Im Scherenfernrohr war er deutlich zu erkennen gewesen. »Das ist er, mein Bullenschwanz!« hatte Marianka gejubelt. »Ihr Lieben, ihr habt ihn mir versprochen. Erinnert euch daran! Heute abend hole ich ihn mir!«
Sie näherten sich dem Haus von der Seite und bemerkten den schwachen Lichtschein, der durch einige Ritzen nach außen drang.
Marianka, die vorankroch, hob die Hand. Sie blieben liegen, entsicherten die Gewehre und starrten auf die Wand. Die Tür, nur zehn Sprünge weit entfernt, war angelehnt.
Aus dem Haus erklang Musik. Jemand spielte auf einer Mandoline. Er spielte laut und sang dazu mit rauher Stimme. Man hätte ohne Bedenken mit einem Wagen vorfahren können, ohne gehört zu werden.
Marianka erhob sich und
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