Frauenbataillon
lockerlassen! Und wenn ich an den Genossen Generalissimus Stalin persönlich schreiben muß.«
Major Samjutin enthielt sich jeden Kommentars. Sojas Worte erschütterten ihn, aber woher sollte der Gute, der eine normale Truppe befehligte, auch wissen, welch ein Ton bei der Genossin Bajda herrschte? Auch Ugarow fluchte gottserbärmlich, hieß die vier Unbekannten wahre Unholde, die man kastrieren sollte, und Stella schrie, daß man sie ruhig viermal oder achtmal oder sechzehnmal als Frau hätte entehren können, wenn man ihr nur ihr Gewehr gelassen hätte … Wäre Samjutin kein Gottloser gewesen, er hätte drei große Kreuze geschlagen, als die Bajda, Stella Antonowna und Leutnant Ugarow beim Morgengrauen endlich zurück zu ihren Stellungen fuhren.
Die Nachricht war bereits bis zur Division vorgedrungen.
Die Korolenkaja von vier Rotarmisten überfallen! Das neue Spezialgewehr gestohlen! Den Magen dreht es einem um!
So etwas darf einfach nicht geschehen sein – und unter gar keinen Umständen darf General Konjew von diesem Vorfall erfahren.
Die Division rief bei Soja Valentinowna an. Am Apparat war ein Oberst, der mit säuselnder Stimme sagte: »Meine liebe, gute Soitschka …«
In diesem Augenblick wußte die Bajda, daß sie plötzlich sehr viel Macht in den Händen hatte.
»Nein!« sagte sie, bevor der Oberst weitersprach. »Ich nehme nichts zurück, Genosse, und ich bitte Sie, sich eines zu merken: Soja Valentinowna denkt immer nur an die Wahrheit, und es ist vollständig zwecklos, sie davon abbringen zu wollen.«
»Meine Liebe.« Der Oberst räusperte sich dramatisch. »Wir liefern der Korolenkaja ein neues Gewehr gleicher Güte …«
»Dadurch wird das alte auch nicht wieder herbeigeschafft, und die Schuldigen kommen ungeschoren davon …«
»Es geht um die Moral der Truppe.«
»Genau das ist auch meine Meinung.«
»Um die Moral, die gut sein muß … jedenfalls was den Genossen Konjew betrifft! Wir stehen vor einer kriegsentscheidenden Schlacht! Vier Mann sind nicht die ganze Armee! Es wird immer Läuse geben …«
»Die man ausräuchert in der Banja! Ich will eine Untersuchung!«
»Schon gut!« Der Oberst von der Division seufzte wie ein Großvater, der Kummer gewöhnt ist. »Genossin Soja Valentinowna. Wir warten also zuerst den schriftlichen Bericht ab und werden dann Stellas Aussagen durchsprechen …«
Während die Bajda im Befehlsbunker telefonierte, saß Stella Antonowna in einem Holzzuber des Sanitätsunterstandes, planschte im heißen Wasser und seifte sich ein. Vor ihr, auf einem Holzhocker, saß Galina Ruslanowna und sah ihr zu.
»Unvorsichtig bist du …«, sagte die Ärztin unvermittelt. Stella, das Gesicht voller Seifenschaum, blinzelte sie an.
»Wie meinst du das?«
»Vier Rotarmisten haben dich überfallen?«
»Ja. Das weißt du doch inzwischen …«
»Merkwürdig, was sich in dieser Nacht zugetragen haben muß«, sagte die Opalinskaja ruhig. »An deiner Brust und auf deiner Schulter kleben deutsche Pflaster …«
Mit gleichmäßigen Bewegungen goß sich Stella Antonowna aus einer kleinen Blechschüssel das Wasser über ihren Körper, wusch die Seife ab, tauchte in dem Holzzuber bis zum Kinn unter und blickte aus dieser Lage Galina Ruslanowna nachdenklich an. Die Ärztin erwiderte ihren Blick wortlos und abwartend.
»Die Pflaster habe ich gefunden«, sagte Stella endlich. Die Opalinskaja nickte mehrmals.
»Ich weiß! Die Deutschen werfen aus ihren Flugzeugen neben Bomben auch Behälter mit Sanitätsmaterial ab. Einen solchen hast du im Wald gefunden, nicht wahr? Welch ein Zufall! Und an Dornenzweigen bist du hängengeblieben, du armes Vögelchen, die Haut hast du dir aufgeritzt … und die vielen blauen Flecken, ja, der Steppenboden ist hart im Sommer, die Gräser können wie Messer sein. Wie sehr doch ein Körper leiden muß, wenn man sich an den Feind heranschleicht …«
»Was willst du?« fragte Stella und blieb bis zum Kinn unter Wasser.
»Nichts. Ich sage nur: Du bist unvorsichtig. Vielleicht könnte auch Soja Valentinowna erkennen, daß es deutsche Pflaster sind.«
»Ich danke dir, Galja …«
»Wofür?« Die Opalinskaja beugte sich vor. »Du hast ihn also doch getroffen?«
»Wen?«
»Spiel nicht das Dummchen, Stella. Den, an den du Tag und Nacht denkst. Den Tod mit der Strickmütze …«
»Ja.«
»Und er lebt noch?«
»Ja.«
»Jetzt ist er kein Feind mehr, nicht wahr … jetzt fieberst du nach ihm! Mit welchen Bazillen arbeiten diese Deutschen bloß! Erst
Weitere Kostenlose Bücher