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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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umzubringen, nicht mehr die schreckliche Frage stellen zu müssen: Was soll nun werden? Nie mehr die gnadenlose, erstickende Wirklichkeit: Es ist Krieg, du bist mein Feind, du hast meine Kameraden getötet, du hast Uwe Dallmann erschossen, du hast vier Rotarmistinnen liquidiert.
    Nie mehr diese Welt!
    Die Verzweiflung ihrer Liebe ergriff sie voll, als sie eng umschlungen, heiß atmend und mit hämmernden Herzen wie erlöst im Gras lagen, bewegungslos, nur noch ein Körper mit zusammengeschweißter Haut, mit allen Gliedern verbunden. Das Bewußtsein kehrte zurück. Ganz leicht glitten ihre Fingernägel über seinen schweißnassen Rücken, und er tastete mit seinen Lippen ihr Gesicht ab, küßte die Schweißperlen von ihrer Nasenwurzel, aus Mund- und Augenwinkeln und von den Halsseiten unter den Ohren.
    Wie können wir jetzt weiterleben, dachte er. Wer gibt mir darauf eine Antwort?
    Und sie dachte: Nie mehr kann ich Stella Antonowna sein … Was soll nun werden? Verbrannt bin ich … was mache ich mit meiner Asche?! O Pjotr, es gibt keine Welt mehr für uns.
    Sie lösten sich nicht voneinander, sondern fühlten, wie mit dem flacheren Atem auch wieder neue Kraft durch ihre Körper rann. Ihre Küsse wurden länger und heftiger, ihre Leiber fordernder, die Hände suchten neue Wege, und wortlos ließen sie sich wieder von jener seligen, alles durchdringenden Wärme davontragen, die sie alle ihre Ängste und Fragen vergessen ließ.
    Als Pjotr zum zweitenmal in ihr aufging, war es, als zerrisse ein Windstoß eine Nebelwand, hinter der sie bisher herumgeirrt war. Sie sah seinen schweißtriefenden Kopf, seinen halb geöffneten Mund, spürte seine Hände, die ihre Brüste umspannten, seinen zuckenden Leib, der ihr sein Leben gab. Sie starrte ihn an mit entsetzten weiten Augen, nahm dieses Bild der Vereinigung wie ein Feuermal in sich auf, den Augenblick, in dem sie völlig eins waren, in dem seine Züge weicher wurden in der Glückseligkeit einer ungeahnten Erfüllung, und sie hielt den Atem an, zog die Arme von seinem Rücken zurück, schob sie zwischen sich und Pjotr und umklammerte dann urplötzlich mit beiden Händen seinen Hals.
    Sie schrie dabei, schrie ihm in sein fassungsloses Gesicht, brüllte zwischen seine Augen, die sich unter ihrem Griff und der aufkommenden Luftnot weiteten, schrie und schrie und schrie immer nur seinen Namen: Pjotr! Pjotr! Pjotr! Und ihre Finger umkrallten seinen Hals, drückten den Kehlkopf herunter, die Muskeln ihrer Oberarme begannen zu zittern, ihre Schultern schmerzten, bis in den Schoß spürte sie die Verkrampfung ihrer Muskeln, dem Schoß, aus dem er nicht entfliehen konnte, weil ihre über seinem Rücken gekreuzten Beine ihn festhielten. Und sie schrie und schrie, und ihre Muskeln mobilisierten alle Kräfte, die ihnen verblieben waren, und sie würgte ihn, und als sie ihn endlich aus ihrer Umklammerung freigab, rutschte er besinnungslos von ihr, und sein Kopf schlug hart auf dem Boden auf.
    Wie mechanisch, ohne sichtbare Regung, stand sie auf, zog ihre Hose an, streifte den BH über, zog die zerfetzte Bluse über ihren Kopf, stülpte die Mütze über ihre Haare und schnallte den Gürtel um.
    Sie nahm sein Gewehr auf, sah, daß es entsichert und schußbereit war, kehrte zu ihm zurück und richtete den Lauf aus der Hüfte heraus auf seine Stirn.
    Er lag auf der Seite, die Fäuste geballt, mit offenem Mund und glasigen Augen. Sein kräftiger nackter Körper schimmerte im Mondschein. Sie beugte sich vor, um ihn noch einmal genau zu betrachten, jenen Leib, der jetzt ihr gehörte und dessen Weiterleben sie in ihrem Schoße trug. Sie sah die blutunterlaufenen Kratzer, die ihre Nägel hinterlassen hatten, sah die aufquellenden Bißwunden an Hals und Brust und Leib und zwischen seinen Fingern ein kleines Büschel blonder Locken, das er ihr auf dem Höhepunkt des Liebesrausches ausgerissen hatte.
    »O Pjotr –«, sagte sie leise. »Wir leben und sind dennoch längst gestorben. Wir sind ausgelöscht, vernichtet …«
    Sie ging an den gleichen Baum, an dem Hesslich ihr Gewehr zertrümmert hatte, holte weit aus und zerschmetterte nun auch seine Waffe an dem dicken Stamm. Fünfmal schlug sie mit aller Kraft zu, dann zersprang das Gewehr in drei Teile. Sie warf die Trümmer zu den Überresten ihres eigenen Gewehres und empfand auch dies als eine Art Vereinigung. Dann ging sie zu Peter Hesslich zurück und kniete sich neben ihm nieder.
    Er lag noch immer in tiefer Bewußtlosigkeit. Sein Atem ging

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