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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit ihrem Todeseinsatz 60 russische Divisionen und ließen den anderen deutschen Armeen Zeit, sich in neuen Stellungen festzukrallen.
    Aber auch die anderen deutschen Fronten wankten. Mit 500 Schiffen war General Eisenhower in Marokko und Algerien gelandet und rollte nun von hinten gegen das Deutsche Afrikakorps. Rommel war in einen Zweifrontenkrieg geraten, hatte die El-Alamein-Stellung in Ägypten der britischen 8. Armee überlassen müssen und zog sich vor den Truppen des Generals Montgomery über die Cyrenaika nach Libyen zurück. Überall bröckelten die deutschen Linien. Der Siegeszug von 1941 und 1942 war längst Geschichte geworden und würde sich nie wiederholen. Deutschland verblutete an der Wunde Stalingrad.
    Und da sollte man sich noch über ein paar Weiber aufregen, die mit blankem Busen ein paar Männer zur Desertion veranlaßten?
    Der Ib der Heeresgruppe Don nahm die Meldung wieder an sich und verließ seinen Chef. Wie vom Feldmarschall empfohlen, gab er sie an das OKH nach Berlin weiter. Als Kuriosum.
    Das OKH indessen nahm die Sache ernst. Nicht den Postenklau, sondern das Auftauchen weiblicher Scharfschützenabteilungen. Nicht nur vom Don liefen solche Meldungen ein – auch von der 17. Armee im Kaukasus, der 1. Panzer-Armee am Terek, der 2. Armee bei Woronesch und vor allem im Gebiet der 18. Armee an der Wolchow-Front. Außerdem hatten gefangene Partisanen, ehe sie erschossen oder aufgehängt wurden, ausgesagt, daß im Gebiet der Pripjet-Sümpfe und rund um Bobruisk, in den Wäldern am Dnjepr und bis hinaus nach Borissow, also tief im Rücken der deutschen Heeresgruppe Mitte, über 26.000 Partisanen operierten, darunter schätzungsweise 1.200 Frauen. Blendend ausgebildet, todesmutig, im Einsatz kalt wie Eis. Die Sondereinheiten der SS und des SD, die im Partisanenkampf eingesetzt waren, hatten es oft genug erlebt: Die Mädchen stellten sich mit erhobener Faust unter den Galgen oder an die Wand, grüßten Stalin und ihr Sowjetrußland und starben mit unbegreiflichem Stolz.
    Im Oberkommando des Heeres in Berlin sammelte Oberst v. Hötzendorf die Berichte. Sie wurden ergänzt durch Agentenmeldungen der Abteilung ›Fremde Heere Ost‹ und die Abwehr des Admirals Canaris: Es gab kaum noch Zweifel daran, daß die Sowjets Frauenbataillone im Frontdienst einsetzten.
    »Das ist bis jetzt der Gipfelpunkt!« sagte Oberst v. Hötzendorf denn auch, als er die Meldung der Heeresgruppe Don auf den Tisch bekam. »Mit blanker Brust auf Stoßtrupp! Das muß da unten eine besondere Spezies von Weibern sein! Wenn das an allen Fronten Schule macht, wird die Truppe mehr Soda im Essen als Munition gebrauchen. Hoffentlich haben wir wenigstens genug Soda …«
    Ein bitterer Witz, hinter dem eine noch bitterere Hilflosigkeit stand.
    Denn jeder Schuß, den diese Mädchen abgaben, bedeutete einen deutschen Soldaten weniger. Sie schossen nur selten daneben – nur sehr selten.
    Peter Hesslich, mit ›e‹ und zwei ›s‹, wie er oft betonte, war, dem Klang seines Namens zum Trotz, durchaus kein häßlicher Mensch.
    Ein kräftiger Kerl war er, nicht besonders groß, vielleicht einsfünfundsiebzig, aber seine Schultern waren breit und durchtrainiert, und in den schmalen Hüften war er beweglich wie ein Tänzer. Es verstand sich fast von selbst, daß in einer Zeit, wo ein deutscher Junge ›flink wie ein Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl‹ zu sein hatte, auch Peter Hesslich von allen Seiten bedrängt wurde, Sportler zu werden. Er hätte es sich aussuchen können … ob Hammer- oder Diskuswerfer, Sprinter oder Hochspringer, Geräteturner, Zehnkämpfer oder Schwimmer – bei seinen Anlagen war er für alles geeignet. Aber zu nichts hatte er Lust.
    »Das einzige, wozu man mich überreden könnte, wäre Brustkrauler … aber bei den Mädchen!« lachte er, wenn wieder die Rede darauf kam, daß es doch eine Schande sei und für das Großdeutsche Reich und seinen Sport ein echter Verlust, wenn eine solche athletische Begabung nicht genutzt werde. 1936, als die Jugend der Welt, wie es die NS-Propaganda ausdrückte, sich in Berlin zu den Olympischen Spielen traf und vor den entsetzten Augen des Führers ein Neger, Jesse Owens, drei Goldmedaillen gewann, bekam Hesslich sogar Besuch vom stellvertretenden Gauleiter.
    »Weckt Sie das noch immer nicht auf, Peter?« sagte der in gelbbraunes Tuch gekleidete und mit Goldlitzen verzierte Parteimensch erschüttert. »Ein Schwarzer degradiert die weiße Rasse! Welch ein Triumph der

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