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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aber gleichzeitig als eine Art Schutzpaß für Peter Hesslich erweisen sollte. Das Wehrkreiskommando in Münster nahm sich den Brief zu Herzen. Der General höchstpersönlich ließ sich Hesslich vorführen, fand aber bis auf die rehbraunen, romantischen Augen nichts Besonderes an ihm.
    Erstaunlich, dachte er, diese sanften Augen können also unfehlbar ins Schwarze zielen. Na denn, wollen wir mal sehen, wie eine ordentliche militärische Erziehung bei ihm anschlägt!
    Nach einem Jahr Dienst bei der Infanteriekompanie in Wesel, immer wieder unterbrochen durch sportliche Lehrgänge, erreichte er den Dienstrang eines Obergefreiten, was seine Vorgesetzten als pure Schande ansahen. Er bekam einen Anschiß von seinem Kompaniechef, sein Leutnant schliff ihn, »damit Ihnen im Arsch das Wasser kocht und endlich Ihr Hirn frei wird«; aus dem Gelände kam er stets als der Dreckigste heraus, beim Manöver in Munsterlager und in der Lüneburger Heide war er Meldegänger und wurde herumgehetzt, bis er wie ein Hund hechelte. Aber als ihn dann sein Hauptmann fragte: »Na, Hesslich, wie fühlen Sie sich? Als Fähnrich und später als Offizier brauchen Sie das alles nicht mehr – da lassen Sie die anderen springen«, antwortete er zackig:
    »Ich fühle mich nicht zum Offizier berufen, Herr Hauptmann. Ich bin Förster.«
    Das änderte sich alles, als am Freitag, dem 1. September 1939, Hitler vor dem Reichstag, den er zum erstenmal in einem feldgrauen Uniformrock betreten hatte, mit dröhnender Stimme ausrief: »Ich habe mich nun entschlossen, mit Polen in der gleichen Sprache zu reden, die Polen uns gegenüber seit Monaten anwendet … Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen …« Die Rede endete mit der unmißverständlichen Verkündigung dessen, was von diesem Tage an das Schicksal aller Deutschen sein würde:
    »So wie ich selber bereit bin, jederzeit mein Leben einzusetzen – jeder kann es mir nehmen – für mein Volk und für Deutschland, so verlange ich dasselbe auch von jedem anderen. Wer aber glaubt, sich diesem nationalen Gebot, sei es direkt oder indirekt, widersetzen zu können, der fällt! Verräter haben nichts zu erwarten als den Tod! Wir alle bekennen uns damit nur zu unserem alten Grundsatz: Es ist gänzlich unwichtig, ob wir leben, aber notwendig ist es, daß unser Volk lebt, daß Deutschland lebt!«
    Peter Hesslich befand sich, als er diese Rede im kleinen Bakelit-Volksempfänger hörte, bereits in der Angriffsausgangsstellung bei Neusalz an der Oder. Er gehörte zum Kompanietrupp, lag also mit Feldküche, Schreibstube und Troß hinter der ersten Linie und ertrug mit der himmlischen Geduld eines Oberschnäpsers die Kommentare des Hauptfeldwebels seiner Kompanie, die in dem Satz gipfelten:
    »Du mußt mit dem Führer 'ne gemeinsame Großmutter haben, sonst wärste nicht hier, sondern beim ersten Stoßtrupp!«
    Im Januar 1943, nach Frankreich-Feldzug und Rußland-Vormarsch im Mittelabschnitt bei der 9. Armee, war Peter Hesslich immer noch nicht weiter als bis zum Unteroffizier gekommen. In seiner Wehrstammrolle fand sich die Beurteilung: »Er ist ohne Ehrgeiz, versieht seinen Dienst nach Vorschrift, fällt in keiner Weise auf, ist oft lässig in seiner Art. Ein guter Kamerad in jeder Frontlage, als Gruppenführer etwas lasch, aber der beste Schütze der Division. Gewann alle Preisschießen mit der höchstmöglichen Punktzahl.«
    Eine miese Beurteilung, bis auf den letzten Teil. Sie wurde Hesslich zum Schicksal.
    Das ganze Jahr 1942 reiste er mit einem Sonderkommando an der Front herum. Wo er auftauchte, wurde er mit Staunen oder mit scheelen Blicken empfangen. Wo immer auf sowjetischer Seite sibirische Scharfschützen den Stellungskrieg zu einem tödlichen Duell werden ließen, erschien Peter Hesslich mit seiner Spezialeinheit. So war es bei Demjansk, vor Leningrad, am Peipussee, bei Smolensk, bei Woronesch und im Partisanengebiet in den Pripjet-Sümpfen und an der Rollbahn um Orscha herum.
    »Die kochen auch nur mit Wasser!« sagten die Scharfschützen der deutschen Bataillone, wenn Hesslich auftauchte, sich in den Löchern im Niemandsland einrichtete und dann mit einer geradezu unheimlichen Ruhe die Duelle mit den sowjetischen Gegnern gewann. ›Abknipsen‹ nannten sie es. Es war ein unerbittlicher Einsatz, dem Peter Hesslich nicht mehr auswich. Nachdem er ein paarmal erlebt hatte, wie präzise die Sibirier Essenholer, Melder, Horchposten und sogar Sanitäter mit der Rot-Kreuz-Binde abschossen, wie eiskalt Burschen

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