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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aus Taiga und Tundra herumschlichen und immer ihr Ziel fanden, verschob sich sein ethisches Weltbild. Das schreckliche Gefühl, einen Menschen bewußt getötet zu haben, wich dem einfachen Grundsatz: Du oder ich!
    1942 bekam Peter Hesslich das EK I, die goldene Nahkampfspange und einen Händedruck von Generalfeldmarschall v. Kluge, dem Oberkommandierenden der Heeresgruppe Mitte. Dann wurde er aus der Front herausgezogen und nach Posen versetzt. Dort saß er nun in einem warmen Zimmer, mit Gardinen vor den Fenstern, viel Freizeit und Langeweile, lag sechs Stunden am Tag in einem Schießstand und ›knipste‹ bewegliche Ziele ab, robbte durch das Gelände, aus dem plötzlich ein Pappkamerad aufzuckte, den er sofort abschoß, hechtete durch Wälder, wo in Baumkronen versteckte Ziele auf ihn warteten, schoß im Laufen und Fallen, beim Wegrollen und bis zum Hals im Wasser stehend, kroch, als Busch getarnt, über flache Ebenen und wartete in hohlen Baumstämmen auf die ihm zugeteilten hölzernen und bemalten Gegner.
    Das alles gehörte zu einer Spezialausbildung, der man eine kleine Gruppe unterworfen hatte. Sie lebte am Stadtrand von Posen in einem alten Fabrikgebäude, wurde von einem Major befehligt und war anonym. Am Eingang der Fabrik stand kein taktisches Zeichen, kein Hinweis auf die Einheit. Nur ein Schild war angebracht: Betreten streng verboten. Seuchengefahr!
    »Was Besseres kann uns gar nicht passieren«, sagte der kleine, wieselflinke Unteroffizier Uwe Dallmann zufrieden, als er zusammen mit Hesslich in Posen eintraf und vor dem Fabriktor stand. Hesslich kam aus Woronesch, Dallmann aus Rostow – auf dem Weg zum Quartier trafen sie sich und fanden einander sofort sympathisch. Dallmann war ein fröhlicher, blonder Junge von 22 Jahren, mit hellen blauen Augen und zierlichen Händen. »Hier kontrolliert uns keiner. Wenn wir hier Weiber reinschmuggeln, sind wir sicher. Platz zum Verstecken haben wir genug.«
    Major Molle schienen solche Erwägungen nicht fremd zu sein. Als Hesslich und Dallmann sich bei ihm meldeten, sagte er fast väterlich:
    »Wir sind hier eine kleine Gruppe, die auf Tod und Verderben miteinander verbunden ist. Wir haben vom OKH einen Sonderstatus, bekommen die besten und neuesten Waffen und die perfekteste Ausrüstung, um die uns jede SS-Einheit beneiden kann. Ihr werdet verpflegt werden wie die Preisbullen, aber das heißt nicht, daß ihr jetzt jeden Rock bespringen sollt! Der Dienst, der euch erwartet, wird euch in die Knochen kriechen und euch bis zum Mark zerfressen. Ihr werdet gar kein Verlangen nach Weibern mehr haben, aber dafür die besten Schützen der Wehrmacht sein! Besser als die Sibirier, das verspreche ich euch, sonst leckt ihr mir den Fabrikhof sauber! Es handelt sich hier um eine geheime Kommandosache, verstanden? Wenn irgend etwas draußen bekannt wird, wenn ich auch nur ein einziges Weibsstück hier erwische, dann gibt es ein Kriegsgerichtsverfahren mit allem Pipapo! Ihr wißt, was ich mit Pipapo meine?!«

»Jawoll, Herr Major!« hatten Hesslich und Dallmann gebrüllt.
    »Einer hat es versucht. Er ist jetzt bei 999!«
    999 – das war ein Strafbataillon der Wehrmacht, von dem oft die Rede war, obwohl man kaum etwas Genaues wußte. Nur eines war klar: Wer zu 999 kam, hatte gewissermaßen seinen Totenschein schon blanko in der Tasche.
    Hatte Hesslich bisher geglaubt, ein guter Schütze zu sein, so bewies ihm Major Molle jetzt in Posen, daß er gegenüber seinen Schießkünsten ein Bettnässer, ein Pißartist war. Erst als Hesslich im unübersichtlichen Gelände einen Pappkameraden in sowjetischer Uniform mit dem Gesicht eines jungen, hübschen Mädchens durch einen fabelhaften Kopfschuß auslöschte, war Major Molle zufrieden.
    An diesem Mädchen aus Pappe waren alle anderen Kursteilnehmer gescheitert. Als sie das schöne Gesicht mit den schwarzen Locken sahen, das plötzlich seitlich von ihnen aus dem Kusselgelände auftauchte, hatten sie eine Sekunde oder länger verblüfft gezögert. Bevor sie dann schossen, brüllte Major Molles Stimme schon aus dem Lautsprecher. Er hatte die Situation voll im Scherenfernrohr.
    »Sie sind tot, Dallmann!« dröhnte es. »Im Ernstfall hätten Sie jetzt ein Loch im Schädel! Warum haben Sie so dämlich geglotzt? Weil es ein Weib ist? Dallmann, der Tod hat tausend Kostüme! Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen?!«
    So erging es allen, nur Hesslich ›knipste‹ ohne Verzögerung. Zur Belohnung durfte er die Fabrik verlassen. Stadturlaub bis

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