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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Südflanke von Watutins Woronesch-Front. Bjelgorod – hier, so träumte der ›Führer‹, würde sich das Schicksal wenden, von hier aus würde ein Siegeszug beginnen und die totale Vernichtung des sowjetischen Heeres eingeleitet werden. Das deutsche Volk und die Welt sollten Stalingrad, das blutige Menetekel dieses Krieges, ein für allemal vergessen.
    Auf sowjetischer Seite war man bestens im Bilde. Ein Spionagering mit dem Decknamen ›Luzy‹, der von der neutralen Schweiz aus operierte, lieferte hervorragende Informationen. Seine Verzweigungen reichten wie ein Pilzgeflecht bis in die deutschen Stäbe und Rüstungsplanungsbehörden. Kaum eine Einzelheit blieb ihm verborgen. Der langsame, aber präzise Aufbau einer deutschen Offensive, die Bereitstellung der besten Waffen und Materialien, das Heranrollen von Tiger-Panzern und dem neuen Kampfpanzer ›Panther‹ mit seiner konkurrenzlosen 7,5-cm-Langrohrkanone, das Auftauchen des geheimnisvollen, ferngelenkten Kleinpanzers ›Goliath‹, einer rollenden Supergranate – über all dies wurde Moskau nüchtern und zuverlässig von der Schweiz aus Bericht erstattet.
    »Dora an Direktor …«
    »Direktor an Dora …« – so begann jeder Funkspruch. Die Nachrichtenzentrale der Roten Armee hatte ein Ohr in der bestgehüteten Festung der Welt, dem Führerhauptquartier. Das Geheimnis der kommenden deutschen Offensive lasen die sowjetischen Generäle wie eine normale Morgenmeldung.
    Stella Antonowna brauchte zwei Tage, um zu wissen, was ihre Aufgabe war. Stundenlang lag sie im hohen Gras des Donezufers und blickte über den Fluß zu den deutschen Stellungen. Nur mit den besten Ferngläsern waren die deutschen Befestigungen andeutungsweise zu erkennen. Zwischen Donez und den feindlichen Bataillonen lagen einige hundert Meter Steppe und Kusselgelände, zerzauste Waldstücke und verlassene Bauernhäuser.
    Stella war sich sicher, daß dort drüben, im weiten Niemandsland, deutsche Erkundungstrupps – oder auch bloß Spaziergänger – bis an den Fluß kamen. Auf sowjetischer Seite wurde ja auch nachts in den Buchten des Donez gebadet. Ein Tummelplatz im Schutze trügerischer Ruhe und Lethargie – ein Streifen freies Land, ein in der Sonne silbrig glitzernder Fluß, grünende Wiesen und sandige Ufer. Wie schön es war, auf der warmen Erde zu liegen, in den blauen Himmel zu blicken, die Wolken zu zählen, dem Schwirren der Bienen zu lauschen, dem Gesang der Rohrdommeln und dem Gezirpe der Grillen. Die Welt ist voller Paradiese – und es bleibt unbegreiflich, warum der Mensch mit abgrundtiefer Verbissenheit ihre Zerstörung betreibt.
    »Morgen nacht fangen wir an«, sagte Stella Antonowna zu Kapitän Bajda. »Es gibt zahlreiche Möglichkeiten. Ich nehme Marianka, Schanna, Lida und Darja mit.«
    Soja Valentinowna nickte. Sie war in den Wochen der Ruhe noch fülliger geworden. Ihre Brüste wölbten sich breit über den Gürtel der Uniformbluse. Wenn Ugarow ihr beim Entkleiden zusah, seufzte er innerlich und bekam Angst vor dieser schwellenden Fülle.
    Die Front war gewissermaßen in Schlaf versunken, aber die Einzelaktionen hörten nicht auf. Sie waren wie Nadelstiche in einen um Ruhe bemühten Körper – eine ständige Erinnerung: Tod den Aggressoren! Tod den Faschisten! Solange ein deutscher Fuß auf russischer Erde steht, kämpfen wir.
    In der Nacht setzten Stella und ihre Kameradinnen zum ersten Mal über. Sie benutzten ein kleines, gelbgraues Schlauchboot, paddelten fast lautlos durch die Strömung, luden am anderen Ufer ihre Gewehre aus und krochen den Uferhang hinauf. Dort gaben sie sich liegend die Hand und trennten sich.
    Neunzehn Soldaten, sieben Unteroffiziere und Feldwebel, ein Fähnrich und ein Leutnant wurden getötet. Ein Trupp von fünf Pionieren, die im Donez fischen wollten, kehrte nicht zurück und blieb vermißt. Zwei Gefreite der Nachrichtenkompanie, die in einem Stall im Niemandsland zwei Ferkel pflegten und gerade zwölf Hühner angeschafft hatten, wurden neben den umgekippten Futtereimern gefunden. Weitere vier Mann – der eines Trupps, der nachts den Donez überqueren wollte, um sich im sowjetischen Vorfeld umzusehen, lagen nebeneinander, aufgereiht wie geschlachtete Tiere, im Ufersand.
    Neununddreißig Tote – und alle starben an Kopfschüssen. Es gab keine Kampfspuren, keine anderen Verletzungen. Sie starben alle völlig ahnungslos den Sekundentod. Neununddreißig Tote im Einzelkampf innerhalb von nur zehn Tagen.
    Miranski strahlte vor Stolz, die

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