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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mütze.
    Um diese Mütze hatte es schon einige sehr heftige Auseinandersetzungen gegeben. Als Hesslich zum erstenmal damit zu einem Einsatz ausrückte, lief er prompt einem Major in die Arme.
    »Kommen Sie mal her, Feldwebel!« hatte der Major forsch gebrüllt. »Sie haben wohl 'ne Meise?! Was ist denn das, was Sie da auf dem Kopf tragen?! Eine Schlafmütze?! Geht's ins Himmelbettchen? Mann! Das komische Ding runter! Ich mache einen Tatbericht wegen Verächtlichmachung der Uniform! Sind wohl Komiker, was?! Runter mit dem Ding!«
    »Die Mütze gehört zu meiner Ausrüstung, Herr Major!« hatte Hesslich höflich zu erklären versucht. »Tante Erna hat sie gestrickt. In Wuppertal-Elberfeld.«
    »Wollen Sie mich verarschen?« brüllte der Major, hochrot im Gesicht. Er starrte wild auf die runde graue Strickmütze und holte tief Atem. »Name …«
    »Frau Erna Villrath, Wuppertal-Elberfeld …«
    »Ihr Name, Sie Clown! Aber das treibe ich Ihnen aus! Truppenteil …«
    »Sonderkommando E/I. Scharfschützeneinsatz …«
    »Was sind Sie?«
    »Scharfschütze, Herr Major.« Peter Hesslich hatte sich bemüht, nicht zu grinsen. Sobald das Wort Scharfschütze fiel, das hatte er immer wieder erlebt, änderten sich seine Gesprächspartner, egal, ob es sich um einfache Landser oder Generäle handelte. Es war, als umgäbe ihn plötzlich Leichengeruch, als spüre der andere plötzlich Kälte, Todeskälte. Scharfschütze – das bedeutete ein Loch im Kopf. Vor einem stand eine Maschine mit einem menschlichen Körper.
    Eine Tötungsmaschine.
    »Die Mütze gehört zu meiner Ausrüstung.«
    »Wieso?« Das klang schon milder. Man geruhte, zuzuhören.
    »Die Mütze ist so etwas wie eine Tarnkappe. Sie ist leicht, klappert nicht wie ein Stahlhelm, glänzt nicht im Mondenschein, bedeckt die Stirn, wenn ich sie bis zu den Augen herunterziehe. Diese Mütze ist eine Art Lebensversicherung, Herr Major.«
    »Aber sie ist doch nicht amtlich?!«
    »Ich verstehe nicht, Herr Major.«
    »Mann, gehört die Mütze zur Uniform der Wehrmacht?«
    »Nein. Sie ist von Tante Erna. Im Einsatz dürfen wir zur Tarnung tragen, was wir wollen. Ich bevorzuge Tante Ernas Mütze …«
    »Wegtreten!« hatte der Major säuerlich gesagt. Dann blickte er kopfschüttelnd dem Feldwebel nach, der scheinbar völlig außerhalb aller militärischer Ordnung umgeschnallt und mit Gewehr davonlatschte, eine Strickmütze auf dem Kopf.
    Seit dieser Begegnung streifte Hesslich seine ›Tarnkappe‹ jeweils erst kurz vor dem Einsatz über. Auch da gab es Rückfragen der jeweiligen Kompaniechefs, wenn auch nicht im Ton des Stabsmajors. Nur Leutnant Bauer III kümmerte sich nicht darum. Als Hesslich zum erstenmal mit seiner Tante-Erna-Mütze erschien, streifte Bauer III sie nur mit einem kurzen Blick.
    Später, als Hesslich ihn fragte, warum er nicht erstaunt gewesen sei, erwiderte Bauer III: »Ich habe es mir abgewöhnt, Fragen zu stellen. Bei Typen wie Sie, Hesslich, sowieso. Von mir aus können Sie einen Tirolerhut mit riesigem Gamsbart tragen – das ist Ihr Bier! Es ist doch völlig wurscht, wie wir krepieren.«
    Für einen Vierundzwanzigjährigen eine erstaunlich einfache Philosophie.
    Hesslich kroch erst weiter, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß niemand seine Kahnfahrt über den Donez beobachtet hatte. Lautlos robbte er auf jenen Häuserkomplex zu, den sie immer durch ihre Ferngläser beobachtet hatten. Es war das zerstörte Bauerndorf mit den neuangelegten Gärten. Ob sich dort auch in der Nacht Mädchen aufhielten, wußte er nicht. Eine halbe Stunde brauchte er bis zur ersten ausgebrannten Scheune. Er kroch an die kreuz und quer herumliegenden, verkohlten Balken heran und fühlte sich nun, da er dem flachen, offenen Land entronnen war, wieder etwas geborgener.
    Der ganze Uferstreifen war nicht vermint – soviel wußte er nun. Sie sind sich ihrer Sache allzu sicher, daß sie nicht einmal diese einfache Sperre einbauen. Sie rechnen nicht mehr damit, daß wir jemals wieder über den Donez kommen. Sie glauben nur an den Erfolg der Roten Armee. Und sie bauen vor unseren Augen das Land wieder auf, in Reichweite unserer Waffen, unter der Feuerglocke, mit der unsere Artillerie sie überziehen könnte.
    Könnte … wenn wir genug Munition hätten! Wenn wir nicht jede Granate zählen müßten!
    Sie müssen das wissen. Wie könnten sie sich sonst so sicher sein?
    Hesslich beschloß, in dieser Nacht nicht zurückzufahren, sondern den Tag auf der russischen Flußseite zu

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