Frauenbataillon
Ordnung, Genossin Miranskaja. Das nächste Kurierfahrzeug nimmt Sie mit nach vorn. Gefahr besteht zur Zeit nicht. Alles ist still. Wie Sie wissen, geschieht Ihr Besuch auf eigenes Risiko.«
»Man hat es mir gesagt.« Praskowja lächelte glücklich, nahm ihren Leinensack und richtete sich aufs Warten ein. Die Schreibstube hatte ihr versprochen, sie zu benachrichtigen, sobald ein Fahrzeug in den Abschnitt der Gruppe Bajda fahren würde.
Sie hockte sich draußen vor der Hauswand auf einen Holzstapel, klemmte den wertvollen Leinensack zwischen die Beine und beobachtete das anscheinend sinnlose Hin und Her der Soldaten, das Kommen und Gehen, das Geschrei und die Befehle, die Motorräder und Lastwagen und eine Abteilung Kosaken, die wie in längst vergangenen Zeiten auf kleinen, struppigen, schnellen Gäulchen ins Dorf galoppierten und sofort einen Streit mit dem Magazinverwalter vom Zaun brachen. Sie drohten ihm an, ihn aufzuhängen, ihn an den Schwanz eines Pferdes zu binden, ihn zu kastrieren und ihm seine eigenen Hoden ins Maul zu stopfen – dann kam ein Leutnant dem Armen zu Hilfe, brüllte die grölenden Kosaken an, sagte, sie benähmen sich wie Läuse, und ob sie auch wie Läuse behandelt werden wollten?!
War das ein Leben an der Front! Praskowja konnte sich gar nicht sattsehen und dachte dabei stets an ihren Foma Igorewitsch. Der Arme! Lag da vorne im Graben und grämte sich. Wie hatte er in seinem letzten Brief geschrieben? »Bin ich froh, wenn der Krieg zu Ende ist. Ich leide unter den großen Anstrengungen; oft geht es über meine Kraft …«
Das entsprach ja durchaus der Wahrheit, nur malte sich Praskowja nun in Gedanken die schlimmsten Entbehrungen aus und weinte lange über diesen Brief. Der arme Fomascha … es geht über seine Kraft … wie muß er leiden! Was wurde nicht alles von einem Krieger gefordert! Wie wird ihn da ein saftiger Butterkuchen aus der Heimat aufrichten!
Es war Miranskis eigene Schuld. Warum appellierte er auch an ihr Mitleid, wo doch seine Überarbeitung ganz andere Gründe hatte, als Praskowja ahnen konnte! Er hätte ja auch schreiben können: Mir geht es gut. Hier ist alles ruhig. Ich habe schon vier Pfund zugenommen, die Uniform spannt überm Bauch … Dann hätte Praskowja gesagt: Aha, sieh an, der faule Hund lebt in einem Speckhaus! Und sie hätte den Butterkuchen aus aufgesparten Vorräten für sich selbst gebacken.
Wie man's macht, ist es falsch, und der Satan dreht immer alles so, daß man ihn riecht.
Gegen Abend fuhr ein im Rahmen der amerikanischen Waffenhilfe gelieferter Jeep nach vorn zur Gruppe Bajda. Praskowja durfte hinten aufsitzen, drückte den Leinensack gegen ihre bemerkenswerte Brust und stürzte sich in das große Abenteuer, von dem sie noch lang erzählen würde: Sie fuhr an die Front!
Es lag im Willen des Satans – eine andere Erklärung jedenfalls ist schwer vorstellbar –, daß Praskowja beim Lauf durch den rückwärtigen Verbindungsgraben einen Bunkereingang passierte, über dem schlicht KOMMISSARIAT stand. Noch bevor jemand die Möglichkeit hatte, sie aufzuhalten, ja noch bevor die Bajda sie gesehen oder wenigstens erfahren hatte, daß Besuch gekommen war, riß Praskowja in freudiger Erwartung ohne anzuklopfen die Tür auf.
Es war ein sehr warmer Tag gewesen. Darja Allanowna stand in einer Zinkwanne und schüttete sich gerade einen Eimer erfrischend kalten Wassers über den Leib, als die Tür aufkrachte und die fremde Frau in den Bunker stürzte.
Darja stellte den Eimer ab, blieb in der Zinkwanne stehen und bot ihre schöne Nacktheit den Blicken Praskowjas dar.
Als diese nur aufgeregt keuchte und keinen Ton von sich gab, sagte sie freundlich:
»Du hast dich sicherlich geirrt, Genossin! Das hier ist der Bunker des Kommissars Foma Igorewitsch Miranski …«
»Aha!« antwortete der Besuch nur und starrte weiter auf die nackte Gestalt in der Wanne. Nach einer kurzen Pause sagte Praskowja Iwanowna noch einmal »Aha!«, packte dann den Leinensack mit dem Butterkuchen und Wodka und schleuderte ihn zielsicher und blitzschnell gegen den Kopf von Darja Allanowna. Als die Nackte aus der Wanne stolperte, diese dabei umwarf, und das Wasser über den Bunkerboden lief, lachte Praskowja rauh auf.
Es nutzte Darja gar nichts, daß sie im Nahkampf ausgebildet war und alle Tricks kannte, mit denen ein Gegner, auch dann noch, wenn er glaubte, längst die Oberhand zu haben, überlistet werden konnte. Der Schlag der Wodkaflasche gegen ihren Kopf machte sie benommen;
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