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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zähmt. Und da es, wie wir gehört haben, ganz im Vertrauen geschah, ist es uns versagt, darüber hier zu sprechen! Erwiesen ist jedenfalls, daß Miranski die nächsten Wochen in guter Haltung überlebte und Darja Allanowna ihn statt ›mein Alterchen‹ wieder ›mein wildes Stierchen‹ nannte. Ihre grüngrauen Katzenäuglein blitzten, und Miranski umarmte ein paarmal heimlich Leutnant Ugarow und küßte ihn dankbar auf die Wange.
    Natürlich wußte man beim Bataillon bald, was sich da vorne bei der Frauenabteilung tat. Ein Anlaß für Ermahnungen oder gar Disziplinarverfahren war das nicht. Solange es zwischen den Frauen keine Eifersucht und entsprechende hysterische Dramen gab, kniff man beide Augen zu, beglückwünschte insgeheim den bevorzugten Miranski und freute sich, wenn ab und zu einige der Mädchen nach hinten kamen, um Verpflegung, Munition, Materialien oder Werkzeug zu holen. Dann hatten vor allem die Offiziere eine lange Nacht – und an ihnen lag es schließlich, ob gewisse Vorfälle überhaupt an obere Stellen gemeldet wurden.
    Im Grunde war alles ja nur normal. Wo Männer und Frauen gemeinsam arbeiten und kämpfen und jederzeit auch gemeinsam sterben konnten, ließ es sich nicht verbieten, daß sie auch gemeinsam lebten und liebten. Man hatte sogar einen Namen für diese Frauen. ›Polewaja pochodnaja schena‹, abgekürzt ›PPSch‹ oder ganz einfach ›Feldzugsfrauen‹. Wer eine PPSch in seinem Wohnbunker beherbergte, war zu beneiden, aber nicht zu ermahnen. Beschwerlich wurde die Sache bloß, wenn der Vormarsch begann und gar nicht wieder aufhörte, wie in der Zeit von Januar bis März 1943. Dann zogen die PPsch beim Troß mit, und man wußte nie, ob sie sich nicht mit den verwerflichen Kameraden trösteten, die zur Versorgung der Truppe immer hinterherfuhren und viel Zeit für Blicke unter die Röcke hatten.
    Große Katastrophen kommen plötzlich, unangemeldet, wie aus dem Nichts, und deshalb ist ihre Wirkung auch so verheerend.
    Foma Igorewitsch Miranskis Katastrophe hieß Praskowja Iwanowna.
    Sie war seine Frau.
    Die Miranskaja war ein Weibchen von gerade 39 Jahren, befand sich also in einem Alter, in dem man sich an gewisse Lebensbedingungen sehr gewöhnt hat und in unruhige Not gerät, wenn sie sich plötzlich ändern. Miranski war vor sieben Monaten zum letztenmal auf Urlaub gewesen, wenn wir von den drei Tagen absehen, die er von einem Schulungskurs in Moskau abgezweigt hatte. Aber da hatte er bloß mit seinen Freunden gesoffen und vom Frauenbataillon erzählt, war beneidet und bewundert worden und hatte für die Nöte Praskowjas kein Gehör und kein Gefühl aufgebracht.
    Frauen in solchen Situationen kommen auf unglaubliche Ideen. Die Praskowja hatte keine Scheu, an den Regimentskommandeur ihres Mannes zu schreiben und ihm mitzuteilen, daß Foma Igorewitsch Miranski ja Kommissar bei der Scharfschützeneinheit sei, und da es – man höre es ja im Radio und lese es in der ›PRAWDA‹ – an der Front so still sei, daß man die Hühner gackern höre, bäte sie um Erlaubnis, ihren lieben Mann besuchen zu dürfen. Vor Freude würde er sicherlich ein noch tapferer Krieger werden, als er ohnehin schon sei …
    Ein Kommissar untersteht nur bedingt, das heißt im Kampfeinsatz, dem militärischen Kommandeur. Die Entscheidung über sein Wohl und Wehe obliegt der Zentrale für politische Schulung in Moskau. Und dort gab es ahnungslose Genossen, die tatsächlich glaubten, Miranski würde sich über einen Besuch von Praskowja Iwanowna freuen. Sie stellten ihr einen Passierschein aus und freuten sich auch noch über diesen Streich!
    An einem schönen Sonnentag Mitte Juni 1943 traf Praskowja Iwanowna Miranskaja tatsächlich am Donez ein! Sie fuhr zuerst mit dem Zug, dann mit einem Lastwagen und legte den letzten Teil der Strecke in einem Bauernkarren zurück, den zwei alte, klapprige Gäule zogen. Er war mit Sommerkohl beladen, den der Bauer zum Bataillon brachte, wo man daraus, angedickt mit Graupen und Mehl, ein pampiges Gemüse machen würde. Das Großväterchen sprach wenig, rauchte in einer selbstgeschnitzten Pfeife einen mörderischen Tabak und ließ sich erzählen, was Praskowja in den nächsten Tagen vorhatte. Erst ganz am Schluß, als sie vor dem Bataillonsmagazin hielten, sagte der Alte:
    »Dürfen alle Frauen ihre Männer an der Front besuchen? Oje, gibt das ein Gerenne.«
    »Ich weiß nicht.« Praskowja sprang vom Bock und glättete ihren neuen, selbstgenähten blauen Baumwollrock. »Ich

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