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Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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staatlicher Überwachung aller Vereine, «deren Zweck und Geschäfte der gemeinsamen Ruhe, Sicherheit und Ordnung zuwiderliefen», entwickelte sich dennoch eine Vielfalt von Vereinigungen und Assoziationen als neuer Typ sozialer Organisation, die, oft als Museumsvereine, Lesegesellschaften, Turnvereine, Liederkränze oder Wohltätigkeitsvereine getarnt, dem Liberalismus als einer gesamtdeutschen Bewegung den Weg bereiteten. Doch erst nachdem die Not der neuen proletarischen Schichten, akute Hungerkrisen und Pauperismus die demokratische Frage auch als soziale Frage stellten, kam die Revolution zum Durchbruch, und zwar fast gleichzeitig in allen Staaten des Deutschen Bundes und darüber hinaus, als ein europäisches Ereignis. Wiederum hatte Paris im Februar 1848 den Anfang gemacht, es folgten Volkserhebungen und Straßenkämpfe im März in Berlin und Wien, in Mailand, Venedig, Mainz, Lemberg und Prag, um nur einige Orte zu nennen. Es war ein Volksaufstand, der im Bau von Barrikaden gipfelte, jedoch seine Hauptziele nicht aus den Augen verlor: Presse- und Versammlungsfreiheit, freieGerichtsbarkeit, die Vertretung und Beteiligung des Volkes und die Garantie dieser Rechte in der Verabschiedung einer zugleich die Einheit der Nation tragenden Verfassung.
    Überall waren Frauen an diesem «Aufbruch zur Freiheit» beteiligt, in einer Minderheit, gewiss, aber neben den Barrikadenkämpferinnen, die nun plötzlich zu Heldinnen stilisiert wurden, weil sie weibliche Wehrhaftigkeit unter Beweis gestellt hatten und damit ihren Anspruch auf gleiche Staatsbürgerrechte, gab es neue Gelegenheiten, die bisherigen Geschlechtergrenzen zu überschreiten und eine zum Teil subversive und eigenständige Frauenöffentlichkeit herzustellen.
Frauen in der neuen politischen Öffentlichkeit
    Auf verschiedenen Wegen hatten sich Frauen in die Opposition der Vormärzbewegung Zutritt verschafft, unter dem Diktat der Zensur und des Versammlungsverbots zunächst versteckt, in anonymen Leserzuschriften, in Liederkränzen und Museumsgesellschaften und als Gefährtinnen einer vormärzlichen Festkultur. Im Zuge der gewaltigen sozioökonomischen Umwälzungen sind gleichzeitig auch andere als bürgerliche Öffentlichkeiten gelebt worden. So boten nun das «Gassensitzen» handarbeitender Frauen der Unterschichten, «Katzenmusiken» und Brotkrawalle einen Raum für Tumulte und politischen Protest, der den lokalen Obrigkeiten vor 1848 zunehmend gefährlich wurde, weil damit eine kleinbürgerlich-proletarische Gegenöffentlichkeit ihren Unmut über den Gang der politischen Ereignisse deutlich machte (Lipp 1986). Wohin das Elend führen konnte, hat schließlich der Aufstand der schlesischen Weber allen vor Augen geführt.
    Eine wichtige Quelle neuen weiblichen Selbstbewusstseins waren Ideen, die, wiederum zuerst in Frankreich ausgesprochen und von dort herübergeweht, die Gemüter erhitzten: der Saint-Simonismus oder Frühsozialismus.
    In Paris war 1832, als der Julirevolution schon wieder neue Repressionen folgten, eine von drei Frauen verantwortete Zeitung erschienen unter dem Titel
La Femme libre
. Das war Aufsehenerregend und skandalös zugleich. Darin hieß es: «In einer Zeit, da alle Völker sich im Namen der Freiheit auflehnen und der Proletarier seine Freiheit fordert, sollten wir Frauen da etwa passiv bleiben …? Bis jetzt wurde die Frau ausgebeutet und tyrannisiert. Diese Tyrannei, diese Ausbeutung muss aufhören. Wir werden frei geboren wie der Mann, und die Hälfte des Menschengeschlechts darf nicht ungerechterweise der anderen unterworfen sein»(Grubitzsch/Lagpacan 1980, 62). Die Anknüpfung an die Diktion und Aussage der Frauenrechtserklärung der Olympe de Gouges ist offensichtlich. Die drei Frauen,
Désirée Véret, Marie-Reine Guindorf
und
Jeanne-Victoire Jacob
(dahinter verbarg sich Jeanne Deroin, siehe S. 43), die lediglich mit ihren Vornamen unterschrieben und von denen wir zum Teil nicht einmal die Lebensdaten kennen, waren Arbeiterinnen, Schneiderinnen und Stickerinnen, die wie andere begabte Frauen um 1830 in den Kreis der Saint-Simonisten geraten waren, weil hier in Abkehr von bürgerlichen Moralvorstellungen die Gleichstellung von Mann und Frau nicht nur denkbar, sondern propagiert wurde. Früh wurde hierbei der Gedanke der Befreiung der Frau mit der Befreiung des Proletariers verknüpft – ein Programm, das wenig später von der Frühsozialistin
Flora Tristan
(1803–1844) in ihren Reiseberichten und Schriften zur Frauenemanzipation

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