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Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Deutschen» durch ein Gesetz der Frankfurter Nationalversammlungim Dezember 1848 war offenbar geworden, dass die erste gesamtdeutsche verfassunggebende Versammlung in der Paulskirche nur die Staatsbürgerrechte der männlichen Deutschen verhandelt hatte. Wählbar und wahlberechtigt sollten nur «männliche Deutsche» über 25 Jahre sein. Es hatte nichts genutzt, dass Frauen nach der Eröffnung der Deutschen Nationalversammlung heftig protestiert und sich wenigstens 200 Zuschauerinnenplätze auf der Tribüne der Paulskirche hatten reservieren lassen. Allerdings sind die Grundrechte, die mit der Verabschiedung einer Reichsverfassung für das ganze Reichsgebiet im März 1849 gelten sollten, nicht in Kraft getreten. Dabei hatte der verabschiedete Grundrechtskatalog, der dem Kanon der Menschenrechte folgte, zum ersten Mal in der deutschen Geschichte die Gleichheit vor dem Gesetz und die Freiheitsrechte wie Meinungs-, Presse- und Glaubensfreiheit, mit der ausdrücklichen Freiheit zur Religionsausübung auch die staatsbürgerliche Gleichheit der Juden sowie die Abschaffung der Vorrechte des Adels als Grundlage der staatlichen Ordnung formuliert.
    Es kam nicht so weit, denn schon im Herbst 1848 hatten kaisertreue Truppen das «rote Wien», die rebellische Hauptstadt, zurückerobert. Nachdem Friedrich Wilhelm IV. auch noch die ihm vom Frankfurter Parlament im April 1849 angetragene Kaiserwürde für einen deutschen Einheitsstaat ohne Österreich (die «kleindeutsche Lösung») hinhaltend abgelehnt hatte, löste sich die Paulskirchenversammlung mehr und mehr auf. Enttäuscht und verraten von ihren Regierungen aber erhob sich nun im Mai 1849 erneut das Volk in einer zweiten Welle von Aufständen, um die Einführung einer Reichsverfassung zu erzwingen. Die revolutionären Erhebungen in Sachsen, in Baden und in der Pfalz, die fast gleichzeitig losbrachen und noch einmal versuchten, das Blatt zu wenden, wurden von preußischen Truppen und ihren Verbündeten brutal niedergeschlagen.
    Angesichts dieser Situation stellt sich zu Recht die Frage, ob die Frauen europaweit nicht bereits den Kampf um politische Gleichberechtigung verloren hatten, als Louise Otto im April 1849 die erste Nummer ihrer
Frauen-Zeitung
herausgab, um die demokratischen Bestrebungen gerade auch im Hinblick auf dieGeschlechterfrage auf den Prüfstand zu stellen. Überall, in Paris, Wien, Prag oder Budapest ebenso wie in Frankfurt, aber auch in den einzelstaatlichen Länderparlamenten und Märzregierungen, die im Märzsturm 1848 einberufen worden waren, hatten sich die Parlamente und politischen Gremien allenfalls als Männer-Räume und -Machtspiel etabliert (Hauch 1998) und waren nun schon wieder durch die Reaktion, die alten Herrschaften und Mächte, ersetzt worden. Konnte die Beteiligung der Frauen der revolutionären Erhebung neue Schwungkraft verleihen? Die unmittelbaren realpolitischen Folgen scheinen das Scheitern dieser Revolution zu bestätigen, insbesondere auch frauenpolitisch: Der
Wiener demokratische Frauenverein
, dessen letzter Akt, eine Petition an den Reichstag zur Mobilisierung eines Landsturms gegen die kaiserlichen Truppen, in der Geschichtsschreibung eher lächerlich gemacht wird, wurde aufgelöst, seine Präsidentin Karoline Perin verhaftet und zur Emigration gezwungen. Im Königreich Sachsen wurde Ende 1850 ein Pressegesetz erlassen, das ausdrücklich nur «männlichen Personen» die verantwortliche Leitung einer Redaktion erlaubte. Diese in den Medien so bezeichnete Lex Otto sollte speziell die
Frauen-Zeitung
treffen. Louise Otto lobte denn auch sarkastisch die «Bestimmtheit der Paragraphen», weil bisherige Regelungen, die von Staatsbürgern handeln, diese Klarheit vermissen ließen. «Wir wissen, dass die Gleichheit von Männern und Frauen vor dem Gesetz bis jetzt noch nicht existiert, was man auch davon fabeln möge …» Sie wich mit der Redaktion der Zeitschrift noch für zwei Jahre ins benachbarte Thüringen aus, nun eine «harmlose Zeitung», wie sie selbst schrieb, um «auch noch mit gefesselten Händen … wenigstens mit den Ketten zu klirren» (
Frauen-Zeitung
1851/45).
    Nachhaltiger war die Repression durch die Vereinsgesetze, die zunächst als Verordnungen wider den Missbrauch der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit im Frühjahr 1850 in Bayern und Preußen erlassen worden waren und danach fast gleich lautend in allen Staaten des Deutschen Bundes in Kraft traten. Nach § 8 des Preußischen Vereinsgesetzes war es von nun

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