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Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Arbeiterinnen, Bäuerinnen, die nach allen Erfahrungen und «wenn die Zeiten gewaltsam laut werden», das Bedürfnis fühlten, «mit den Männern nach dem Ziele der Freiheit zu ringen» (
Frauen-Zeitung
1849/1).
    Viele der besonders engagierten Frauen hatten die Erfahrunggleichberechtigter Mitwirkung in jener Zeit zum ersten Mal in den
freien religiösen Gemeinden
gemacht, einer religiösen Oppositionsbewegung, die seit dem Beginn der 1840er Jahre gegen Dogmen, Priestertum und römisches Papsttum opponierte und zu denen sowohl Deutschkatholiken wie Protestanten, die «Lichtfreunde» zählten. In diesen Gemeinden stellten die Frauen fast die Hälfte der Mitglieder. Gerade weil Religion traditionell das Frauenleben bestimmte, spielten Religionskritik sowie die Erfahrung gleichberechtigter Mitwirkung und Anerkennung in dieser Reformbewegung für ihr politisches Bewusstsein und die Mobilisierung in einer Frauenbewegung eine bedeutsame Rolle (Paletschek 1990).
    Daneben gab es eine große Zahl von
Frauen-Bildungs- und Erziehungsvereinen
, welche die Frauen befähigen sollten, «nicht nur ihre Pflichten als Hausfrau zu erkennen und zu erfüllen, sondern auch die als Welt- und Staatsbürgerin» (
Frauen-Zeitung
1849/31). Tatsächlich war der Bildungsstand der Frauen und Mädchen desolat, bot sich jenseits der Elementar- und Volksschulen allenfalls für die Mädchen des Bürgertums der Besuch privater höherer Töchterschulen an, der weniger der höheren Bildung als der Zurichtung auf die ‹weibliche Bestimmung› als Hausfrau und Mutter diente. Bildung als eine wesentliche Voraussetzung für die Demokratisierung der Gesellschaft war darum auch das Konzept der Fröbel’schen Kindergarten-Bewegung, für die sich Frauenvereine engagierten und die sehr bald über das Land verteilt Herde weiblicher Opposition bildeten. Der profilierteste Verein wirkte in Hamburg. Er wurde getragen von der
Hamburger Freien Gemeinde
und einem
Sozialen Verein Hamburger Frauen zur Ausgleichung konfessioneller Unterschiede
, in dem sich die beiden christlichen Konfessionen zusammen mit jüdischen Frauen auf ein ehrgeiziges Projekt verständigten. Die von
Emilie Wüstenfeld
(1817–1874) zusammen mit Karl Fröbel, dem Neffen des Begründers der Kindergartenpädagogik Friedrich Fröbel, 1849 gegründete
Hamburger Hochschule für das weibliche Geschlecht
versuchte, wissenschaftliche Ausbildung mit pädagogischer Praxis zu verbinden. Doch sie musste wegen fehlender Mittel und interner Streitigkeitennach nur knapp zwei Jahren ihre Tore schließen. Selbst die Fröbel’schen Kindergärten wurden in Preußen 1851 «wegen destruktiver Tendenzen auf dem Gebiet der Religion und der Politik» verboten.
    Schließlich waren auch Arbeiterinnen dem Ruf «Assoziation für alle» gefolgt, zum Beispiel die Strumpfwirkerinnen in Berlin, denn sie mussten erkennen, dass ihre Interessen nicht selbstverständlich von den Männern mitgetragen wurden bzw. nicht mit ihnen identisch waren: «Bei der Organisation der Arbeit zugunsten des einen Teils der Gesellschaft – der Männer – auf Kosten des anderen … hätten wir ja nur den Herrn gewechselt und wahrlich bei dem Tausche
nichts
gewonnen» (
Frauen-Zeitung
1849/37). Dies waren Einsichten, hinter die die Arbeiterbewegungen in den 1860er Jahren noch einmal weit zurückfallen sollten. Doch die Arbeiterinnenvereine ereilte das Schicksal aller Arbeiterassoziationen. Sie wurden mit gleicher Härte verfolgt. Sie waren seit der Mitte des Jahres 1850 zunehmenden Repressalien ausgesetzt durch Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen der Vereinskassen, Verhaftungen der Vorstände und wurden schließlich ganz verboten.
Nach dem März
    Tatsächlich sind die genannten Frauenvereine erst im Abschwung der Revolution gegründet worden, quasi als Reaktion auf die immer wieder bestätigte Erfahrung, wonach in den politischen Revolutionen der Neuzeit Frauen als Partner und Gleiche «vergessen» werden oder, wohl richtiger, gar nicht mitgemeint waren. Der Auslöser für die Organisierung ihrer geschlechtsspezifischen Interessen als eigene, autonome Gruppe war somit eine für Feministinnen der Moderne typische Erfahrung: einerseits eingebunden zu sein in die politische Allianz mit Demokraten und die revolutionäre Bewegung mitzutragen, andererseits nicht die Früchte der Revolution zu ernten, von gleichberechtigter Teilhabe und neuen Bürgerrechten ausgeschlossen zu bleiben. Denn spätestens seit der Verkündung der «Grundrechte der

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