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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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bedeckt von Tüchern. Ich sah auf den ersten Blick, dass der Bugatti mit seinen frei stehenden Rädern, schlankem Rumpf und dem hufeisenförmigen Kühlergrill nicht darunter war.
    Aus purer Neugierde wollte ich mal nachsehen, was sich da sonst so verbarg, als irgendwo hinter mir eine Tür dröhnend ins Schloss fiel und sich mit raschen Schritten zwei Paar harter Schuhsohlen näherten. Ich ließ mich nicht weiter stören, sondern sagte, ungefragt und über die Schulter, dass ich ein von der Versicherung engagierter Detektiv bei der Spurensicherung sei.
    »Und wir sind die von den Eigentümern engagierte Security und kicken deinen Arsch jetzt raus, furzegal, was du uns noch erzählst«, kam es ebenso rau wie tief gestimmt zurück. Nicht ganz sechzig Sekunden später fand ich mich draußen vor dem Eingang wieder. Doch ich war jetzt einmal in Düsseldorf, also konnte ich mir Laurentz auch genauso gut persönlich vorknöpfen. Ich machte kehrt, um zurück ins Haus zu gehen, und der Pförtner stellte sich mir flugs in den Weg. »Ich muss zu Hugo Laurentz«, ließ ich ihn wissen. Der Pförtner nickte gewichtig, machte aber keinen Platz. »Um diese Zeit gibt sich Herr Laurentz immer im >Brauhaus< die Kante«, sagte er, nicht ohne eine gewisse Herablassung.
    Ich sah von ihm zur Uhr und wieder zurück. Er zuckte die Achseln. »Er nennt es >Mittagessen<. Aber Sie werden ja sehen. Das Brauhaus ist gleich links um die Ecke und über die Straße.«
     
    Das Brauhaus gab sich rheinisch-fundamentalistisch bis hin zum Idiom der aushängenden, in Kreide auf Tafel gekrakelten Speisekarte, mit dem Resultat, dass ich bei der Mehrheit der Gerichte nicht die geringste Ahnung hatte, was mir im Falle einer Bestellung wohl vorgesetzt werden würde, >Himmel un Ääd< nur ein Beispiel.
    Drinnen war alles in Eiche und Kachel und mit den skelettierten Köpfen horntragender Tiere dekoriert. Anhand der Beschreibung des Portiers - >groß, breit, glatzköpfig und rotgesichtig< - hatte ich keine besondere Mühe, Hugo Laurentz ausfindig zu machen. Allein an einem Zweiertisch sitzend, überragte er mühelos die ihn umgebende Menge der zu Altbier und lauthals vorgetragenem Frohsinn neigenden anderen Gäste. Ohne viel Federlesens setzte ich mich zu ihm an den Tisch.
    Laurentz hatte Eisbein. Er war ein energetischer Esser, dem entweder die Wärme des Gerichts, seine Würze oder aber die reine körperliche Anstrengung des Zersäbelns und Reinschaufelns einen dichten Film von Schweiß über Gesicht und Nacken gezogen hatten.
    Er hob den Kopf, ließ die Gabel sinken und musste sich zusammenreißen, um mich nicht über seinen Knochen hinweg anzuknurren wie ein Hund.
    »Kenne ich Sie?«, wollte er wissen.
    »Bis jetzt noch nicht.«
    »Hören Sie, wenn es wegen Geld ist…«
    »Es geht nicht um Geld, Herr Laurentz. Es geht um ein Auto.«
    Er furchte die Stirn.
    »Um einen blauen Bugatti Baujahr fünfunddreißig.«
    »Ah …« Laurentz atmete auf und erinnerte sich wieder seines Appetits. »Sie sind von der Versicherung«, sagte er und säbelte heftig an seiner Haxe herum. Ich nickte. »Die Leute dort haben den leisen Verdacht, dass Sie eventuell doppelt kassieren möchten.«
    »Völliger Unsinn«, meinte er mit vollem Mund und einer wie einen Schlussstrich ziehenden Geste seiner messerhaltenden Rechten. Er log, und das noch nicht mal schlecht, sondern mit einiger Routine und sicherlich überzeugend, außer natürlich für einen routinierten Lügner wie mich. »Ich weiß zufällig, dass das Auto noch diese Woche von Wladiwostok nach Japan verschifft werden wird. Es gibt da einen japanischen Sammler, einen …«, er senkte die Stimme, beugte sich vor und sah kurz nach links und rechts, bevor er weitersprach, »… einen Yakuza, wenn Sie verstehen, der über Leichen gehen würde, um an das Auto zu kommen.« Wladiwostok, Japan, Yakuza, Leichen. >Wenn du sie nicht überzeugen kannst, musst du sie unterhalten.< Von einem wie Laurentz würde ich mich freiwillig von morgens bis abends belügen lassen. Er schob den Teller von sich, kippte einen Schnaps, leerte sein Altglas und rülpste behaglich. »Was sind Sie eigentlich genau? Detektiv?«, fragte er mich dann unvermittelt. »Ja? gut. Ich hab da nämlich eine Idee. Kommen Sie mit.«
    Schon stand er. Aufgerichtet erinnerte seine Statur an die eines fett gewordenen Primaten, mit einer Menge Bauch und Titten und langen, fleischigen Armen. »Schreib’s an, ja?«, rief er dem Wirt zu, der wenig begeistert nickte. »Bis

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