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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Honkas Amputationsgebärden. Hoffte ich. Wie auch immer, ich musste schnell sein. Die Uhr lief ab. Für meinen Hund, für meinen linken Mittelfinger.
    Scuzzi würden sie für ein paar Stunden zur Beobachtung dabehalten, erfuhr ich. Zu warten, machte keinen Sinn.
    Ich hastete die Treppen runter, sprintete durch die große Eingangshalle und rannte Hauptkommissar Menden direkt in die Arme. »Ja, Scheiße«, entfuhr es mir.
    »Ganz meinerseits«, sagte Menden grimmig, packte mich am Arm und zog mich ein Stück beiseite. »Hab ich Ihnen nicht gesagt, dass alle Meldungen und Berichte über sämtliche Einbrüche im gesamten Ruhrgebiet zurzeit über meinen Tisch gehen?«, zischte er mich an. Seine grauen Augen blickten kalt genug, um Verbrennungen zu verursachen. »Doch«, gestand ich.
    »Was um alles in der Welt hat Sie dann geritten, trotzdem in eine Tierklinik einzubrechen?« Ein fantastisches Alibi, zum einen. Das mir nun - von Spirititolu erkannt - natürlich nichts mehr nützte, weshalb ich es auch gar nicht erst zur Sprache brachte. Schließlich könnte es mir ja in einer der nächsten Nächte noch nützlich werden.
    »Ich bin nicht eingebrochen. Die Hintertür stand offen und ich wollte nur mal …«
    »Mit einem Brecheisen in der Hand, mit dem Sie die Eigentümerin sowie eine Mitarbeiterin …«
    »Die halten meinen Hund als Geisel«, protestierte ich, »um eine völlig überzogene Rechnung durchzusetzen.«
    »Und Sie steigen nachts in die Klinik ein, um die veterinärmedizinische Gebührenordnung Ihren Vorstellungen anzupassen.«
    »Und um meinen Hund zu befreien.«
    »Kryszinski, wenn Ihnen so viel an dem Tier liegt, wieso zahlen Sie nicht einfach, und wenn Ihnen der Betrag noch so ungerechtfertigt erscheint?«
    »Tja«, sagte ich, und Menden sah mich eine Weile schweigend an.
    »Sie werden sich noch im Laufe dieses Tages im Polizeipräsidium Duisburg einfinden«, sagte er schließlich, »und im Einbruchsdezernat umfassend zur Sache aussagen.«
    »Was droht mir?«
    »Kryszinski, das ist nichts, wovor Sie sich drücken können, ganz egal, was Ihnen blüht. Werden Sie endlich erwachsen.«
    »Also - was?« Menden grunzte.
     
    Die Duisburger Bullen konnten mich mal. Irgendwie widersprachen sich die Aussagen von Frau Spirititolu und ihrer schrill gestimmten Mitarbeiterin in ein paar Punkten, so dass mir höchstwahrscheinlich nicht mehr als eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs drohte, und die könnten sie mir genauso gut noch irgendwann in den nächsten Tagen an den Hals hängen. Ich schob den Stecker von Laurentz’ Navi in den Zigarettenanzünder des Toyotas, wartete, bis sich das Gerät aus dem Bett gewälzt, geduscht und gefrühstückt hatte, und scrollte mich dann durchs Alphabet des Namensregisters. Auffällig, wenn auch nicht von Interesse, zumindest nicht für mich, waren die vielen Namen und Adressen aufstrebender Jungschauspieler. So richtig wach wurde ich erst, als das Wort >Requisite< auftauchte. Requisite. Das war mal ein Wort, das an Lagerraum denken ließ, an einen Schuppen, eine Halle, eine geräumige Unterstellmöglichkeit. Also ganz das, was ich suchte.
    Ich warf den Motor an, und ein dumpfer, knirschender Schlag ließ mein Auto wackeln und meine Seitenscheibe zu tausend Krümeln zerfallen. Eine Faust mit einem Schlagring dran streifte mein Kinn, ein Ellenbogen rammte sich mir in die Gurgel, Honkas Kopf und Oberkörper drangen durchs Fenster in den Wagen und zogen sich sofort wieder zurück, mit Laurentz’ Navigationsgerät in der beschlagringten Hand. Das Navi in der Manteltasche verstaut, nahm Honka seinen Hut von meinem Wagendach und klopfte ihn sich wieder auf den kantigen Schädel. »So, nun zu uns«, knurrte er, zog mit der einen Hand eine Kneifzange aus der Manteltasche und griff mit der anderen nach meinem Unterarm.
    Der Toyota hob ruckartig seine Haube, blauer Rauch hüllte uns ein, und ich riss die Gänge durch wie schon lange nicht mehr.
    Honkas massige Gestalt im Rückspiegel wurde kleiner und kleiner, während er nicht die geringsten Anstalten machte, mich zu verfolgen, sondern einfach nur reglos dastand und mir hinterherstarrte. Das Thermometer über der Stadtsparkasse zeigte zweiunddreißig Grad, doch mich fröstelte.
     
    Die Requisite finden, eindringen, den Bugatti orten, Moltke anrufen, Prämie einstreichen, und das alles, bevor Honka eintraf. Eijei.
    Denn eintreffen würde er. Ein Blick auf das Navigationsgerät, und er wusste, wo ich hinwollte. Es wäre sicherlich von Vorteil

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