Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
Verletzung.«
»Trotz seiner … Verletzung.«
Olli tätschelte mir die Backe. »Was ist denn los? Du bist ja ganz blass. Kannst du kein Blut sehen?«
»Doch«, sagte ich, »doch, natürlich. Trotz seiner Verletzung.«
»Ja, ist gemein, nicht wahr? Dabei hat Jannis doch den ganzen Schrott weggeputzt. Als mir die blöde Vase runtergefallen ist, wollte er sauber machen und hat dabei voll in eine Scherbe gegriffen. Mensch, hat der geblutet. Ich hab gedacht, er braucht gleich einen Notarzt.«
»Jannis hat in eine Scherbe gegriffen!«
Olli sah mich entgeistert an. »Was gibt’s denn da zu lachen? Du bist ganz schön komisch heute.«
Am liebsten wäre ich Olli um den Hals gefallen. Jannis hatte sich an einer Scherbe verletzt, Jannis hatte das Auto nicht kurzgeschlossen, Jannis hatte keine Spritztour gemacht, Jannis kam nicht ins Gefängnis. Für einen kurzen Moment war ich richtig glücklich. Die Sache mit Papa und Natascha war ganz weit weg. Ich stand auf. »Na, dann geh ich mal wieder und lass dich weiter deinen Beethoven hören.«
»Übrigens gehen Jannis und ich und vielleicht noch ein paar aus unserer Klasse heute Abend um halb sechs joggen. Hast du nicht Lust mitzugehen? Du könntest doch auch noch deine beiden Freundinnen mitbringen, die blonde und die andere«, schlug Olli vor und machte dabei Handbewegungen, als verscheuche er eine große Fliege. »Also vor allem die mit den blonden Haaren.«
Ich drehte mich um und konnte nur noch erkennen, wie jemand hinter der Milchglasscheibe des Speisesaals verschwand. Olli grinste mich an. »Ich habe unserem Klassenlehrer signalisiert, dass ich in einer wichtigen Besprechung bin und auf keinen Fall gestört werden darf. Und weil wir unseren Lehrer gut erzogen haben, verschwindet er. Klarer Fall von gelungener Pädagogik, findest du nicht auch? Außerdem hat er ein schlechtes Gewissen, weil er mich gestern so angebrüllt hat. Kommt ihr heute Abend mit?«
»Klar!«
Anke konnte mit mir zufrieden sein.
Dann schlenderte ich
noch ein bisschen durchs Haus, schaute auch in den Keller, aber dort war kein Mensch zu sehen. Wahrscheinlich war das mit den Schuhen nur ein Witz von Olli, dachte ich. Kurz vor dem Mittagessen sah ich, wie sich die Stuttgarter Klasse mit Lunchpaketen aus der Küche eindeckte und in einen Bus stieg.
Ich setzte mich in den Speisesaal ans Fenster und wartete auf die anderen. Fast die ganze Klasse schien sich im Dorf getroffen zu haben. An der Spitze des kleinen Zuges, der den Hügel vom Dorf her heraufkam, konnte ich Natascha erkennen, neben ihr Anke und Stefanie. Einen Moment lang gab es mir einen Stich, aber dann erinnerte ich mich daran, was Anke vormittags gesagt hatte, und ich war wieder versöhnt. Anke würde es mühelos gelingen, Papas Neue auf die Palme zu bringen, Anke kannte da gar keine Hemmungen. Ich ging auf die Terrasse hinaus und winkte ihnen zu. Alle drei winkten zurück. Soweit ich das aus der Entfernung beurteilen konnte, wirkte Natascha nicht so, als habe man sie soeben auf die Palme gebracht.
»Nun?«, begrüßte ich meine beiden Freundinnen, als sie sich zu mir an den Tisch setzten.
»Toll, ganz toll«, sagte Anke begeistert. »Schade, dass du nicht mitkommen wolltest. Wir haben ein Café entdeckt, da gibt es sogar Internet-Anschluss. Stell dir vor, ich habe erfahren, dass es demnächst einen Model-Wettbewerb im Internet gibt. Wenn ich jetzt bloß meiner Mutter beibringen könnte, dass wir auch Internet brauchen.«
»Ich wollte eigentlich wissen, ob und wie du Natascha auf die Palme gebracht hast.« Ich konnte es nicht vermeiden, aber es klang ziemlich sauer, als ich das sagte.
Anke sah mich betroffen an. »Das geht nicht so einfach, wie du dir das vorstellst. Ich muss ja erst mal rausfinden, womit man sie treffen kann.«
»Apropos treffen«, sagte ich. »Fast hätte ich es vergessen. Jannis ist heute um halb sechs Uhr auf dem Trimmpfad. Olli hat gefragt, ob wir auch kommen.«
»Trimmpfad! Bist du verrückt?« Anke sah mich entsetzt an.
»Entschuldige, das war nicht meine Idee, Olli hat das vorgeschlagen und ich hab zugesagt. Ich denke, du willst Jannis unbedingt treffen.«
»Ja, schon, klar will ich ihn treffen, aber doch nicht auf dem Trimmpfad. Du weißt doch genau, dass ich in Sport eine Niete bin. Ich kann auf keinen Fall auf den Trimmpfad. Da blamier ich mich bis auf die Knochen. Trimmpfad, das ist doch …«
»Aber hast du nicht mal erzählt, dass du in Hamburg bei den Stadtmeisterschaften den dritten Platz
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