Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
wirklich nichts zu befürchten. Außerdem sieht Carlotta mindestens genauso gut aus.«
»Carlotta ist aber bereits eingearbeitet. Ich finde, sie sollte dranbleiben. Kommt, lasst uns einfach mal rausgehen und gucken, was die Klasse aus Stuttgart so macht«, schlug Anke vor. »Vielleicht kommen wir ja ganz spontan auf eine gute Idee.«
Das ganze Haus war wie ausgestorben. »Die meisten sind ins Dorf gegangen«, erklärte uns die Putzfrau. »Und bei den Pferden sind auch einige.«
»Wir gehen auch ins Dorf«, bestimmte Anke, als wir unschlüssig vor der Eingangstür standen. »Da ist wenigstens ein bisschen was los.«
»Ich geh nicht mit«, sagte ich. »Seid mir nicht böse, aber ich will ein bisschen allein sein.«
»Und wenn du Max siehst, denk dran, was wir ausgemacht haben!«, rief mir Anke nach, als ich die Treppe hochging.
Ich drehte mich um. »Max?« Aber dann hatte ich kapiert. »Klar, ich werde mich darum kümmern.«
In unserem Zimmer herrschte ein furchtbares Chaos, aber das störte mich nicht weiter. Viel schlimmer war das Chaos, das in mir herrschte. Papa und Natascha würde ich wahrscheinlich nicht auseinanderbringen können, und wenn doch, dann würde mir Papa das wohl ewig übel nehmen. Und Jannis konnte ich zwar ein Alibi verschaffen, aber ich durfte nicht in ihn verliebt sein, weil doch Anke vor mir …
Ich riss das Fenster auf und sog gierig die frische Luft ein. In der Ferne, auf der Pferdewiese, konnte ich Gelächter hören und ich glaubte Heike und Tina zu erkennen. Warum hatten die bloß so verdammt gute Laune? Wütend knallte ich das Fenster zu und wollte mich gerade auf mein Bett legen, da wurde die Tür geöffnet und die Putzfrau schob ihren Besen in das Zimmer.
»Geh besser nach draußen, wenn ich hier sauber mache«, sagte sie und schob mich ein Stück zur Seite. »Geh doch zu den Pferden, das ist was für Mädchen in deinem Alter.« Sie griff nach dem Papierkorb, wollte seinen Inhalt in den großen Mülleimer, der auf dem Flur stand, leeren und zögerte.
Ich wusste genau, was sie gleich sagen würde. Natürlich erkannte sie die Papierfetzen wieder.
»Ich geh ja schon«, sagte ich schnell und rannte den Flur entlang, die Treppe hinunter. Ich wollte nicht beantworten, warum ich vier ungeschriebene Karten zerfetzt und weggeworfen hatte.
Auf dem Weg zum Speisesaal stolperte ich über Olli, der an die Wand gelehnt auf dem Boden saß und mit dem Walkman Musik hörte. Er hatte die Augen geschlossen und dirigierte mit den Händen mit. Ich konnte nicht anders: Ich musste ihm einfach den Stöpsel aus dem Ohr ziehen. Er fuhr auf, wollte irgendetwas Wütendes sagen, aber dann erkannte er mich und grinste breit.
»Sag mal, musst du einen alten Opa so erschrecken? Ich hätte ja glatt einen Herzkasper kriegen können.«
»So siehst du aus«, spottete ich. »Wenn du mit Glasvasen um dich wirfst, musst du dich nicht wundern, wenn andere Leute einen Herzinfarkt kriegen.«
Er grinste verlegen. »Sollte doch bloß ein kleines Mitbringsel sein. Meine Eltern sagen immer, das gehört sich so, wenn man irgendwo eingeladen ist. Ich konnte ja nicht wissen, dass die Vase zerbrechlich ist und so furchtbar scheppert. Aber reden wir lieber nicht mehr davon. Der Jessing hat mir schon ganz schön was erzählt.«
Ich nickte. »Peinliche Sache. Was hörst du überhaupt für Musik? Darf ich mal?«
Er protestierte zwar, aber ich hatte mir den Stöpsel schon ins Ohr gepfriemelt und staunte nicht schlecht. Olli hörte doch tatsächlich Klassik. »Was ist das? Beethoven?«, riet ich.
Er nickte. »Beethoven.«
»Hätte ich dir gar nicht zugetraut«, sagte ich.
»Was dann? Volksmusik?«
»Ja«, lachte ich, »Volksmusik. Schuhplattler und so.«
Olli lachte ebenfalls. Er schien so schnell nichts übel zu nehmen. »Und du? Was hörst du so?«
»Och, alles Mögliche. Bloß keine Klassik. Vor allem keine Opernarien, da werde ich ganz fuchsig. Sag mal«, ich zögerte einen Moment, »hast du zufällig Jannis irgendwo gesehen?«
»Ich glaube, der wollte ins Dorf. Jedenfalls hat er das gesagt. Wenn er aber dem Jessing in die Arme gelaufen ist, dann steht er jetzt im Keller und darf Schuhe putzen.«
»Schuhe putzen? Warum denn das?«
»Das ist so ein Spleen vom Jessing. Wer ihn ärgert, kriegt keine Strafarbeit, sondern muss was für die Gemeinschaft tun. Na ja, und bei dieser missglückten Geburtstagsfete ist Jannis dem Jessing als Erster über den Weg gelaufen. Der hat ihn zum Schuheputzen verdonnert. Trotz seiner
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