Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
so klammerte sie es mit scheußlichen Haarnadeln eng am Kopf anliegend zurück.
Freddie zog ihre Schwesterntracht an, die mitzubringen sie nicht hatte widerstehen können, prüfte kritisch, ob ihre Medaille auch vollkommen gerade saß, und betrachtete wohlgefällig ihr Spiegelbild- Von neuem wurde sie dadurch an das Äußere jener anderen Frau erinnert. Sie verstand es, den Effekt großer Schlichtheit zu erzielen, ohne in Wirklichkeit schlicht zu sein. Man merkte zu sehr die Absicht. Ihre Gesichtszüge waren regelmäßig, und ihre grauen Augen groß und klar. Es war ein Gesicht mit ganz besonderen Möglichkeiten, sogar noch nach einer um die Ohren geschlagenen Nacht.
Bevor Freddie ihr Zimmer verließ, zog sie den Vorhang beiseite und blickte hinaus. Überall Nebel. Er quirlte um die Baumwipfel und lag schwer auf dem Boden. Ansonsten konnte sie nur sehr wenig erkennen. Sie entdeckte, daß das Haus auf einer Anhöhe lag; etwas unterhalb erkannte sie undeutlich eine gespenstisch anmutende Hecke und, als sich der Nebel für einen Augenblick hob, ein zweites Haus. Das vom Verwalter natürlich; sie war neugierig, wie sich das Mädchen nun wirklich entpuppen würde, und ob Mrs. Wells auch in ihr das Gefühl weckte, sie wäre zehn Jahre alt und für das Alter auch nicht besonders aufgeweckt. Denn dies war fraglos die Wirkung, die sie auf Freddie gehabt hatte, trotz Medaille und allen Vorsätzen zur Standhaftigkeit, zu denen sie sich vergangene Nacht durchgerungen hatte.
Alles in allem versprach das Leben hier nicht sehr lustig zu werden, falls Liz nicht zu ihrer Rettung erschien.
Maxwell Standish saß gegen einen Haufen Kissen gestützt im Bett und sah ziemlich mürrisch drein; er hieß sie nicht im geringsten willkommen. Zu ihrer Erlösung fand Freddie, daß er schon gar keinen so schrecklich kranken Eindruck mehr machte. Um gründlich schlechter Laune zu sein, dafür ging’s ihm jedenfalls schon wieder gut genug. Ergeben, aber ohne Begeisterung ließ er Freddies Kuß über sich ergehen und betrachtete sie vom Scheitel bis zur Sohle mit einem zynischen Funkeln in den Augen. »Was für eine gemäßigte Art der Begrüßung! Ganz anders als deine sonst so überschwengliche . Offensichtlich bist du ganz auf die Atmosphäre dieses Krankenzimmers abgestimmt. Hast dich ja sogar deiner Rolle entsprechend kostümiert.« Freddie kam sich ein bißchen albern vor, versuchte aber trotzdem zu lachen. »Du siehst nicht sehr krank aus«, stellte sie fest und zuckte mißmutig die Achseln.
»Oh, ich werde schon überleben, wenn die Leute nur nicht so ein Theater um mich herum aufführen wollten. Doch wofür all diese Kroninsignien ? Ich weiß schon, es steht dir gut, aber wenn du damit bei Mrs. Wells Eindruck schinden willst, dann würd’ ich’s an deiner Stelle lieber bleiben lassen. Ich hab’ es viele, viele Jahre versucht und noch immer keinen Erfolg damit gehabt.«
Louisa Wells blickte nicht einmal von dem Thermometer, das sie gerade ablas, hoch, und er sah enttäuscht aus. »Was den Arzt betrifft, er ist fünfzig und hat vier Kinder. Außerdem gibt es ja noch einen gewissen Jonathan, oder nicht? Wie geht’s denn diesem beharrlichen Mann? Kommt scheint’s auch nicht zu Stuhle. Wie er mich doch verfluchen muß. Immerhin sollte er inzwischen daran gewöhnt sein, in den Kulissen abwarten zu müssen.«
In seinen Worten lag ein Anflug von Verachtung, und Freddie wurde rot. Vater zeigte sich von seiner allerunfreundlichsten Seite und redete, wie sie ihn seit den unseligen Tagen, als er seinem Sarkasmus gegenüber der pflichtvergessenen Alicia Luft machte, nicht mehr gehört hatte. Sie wußte nicht, was sie dazu sagen sollte, aber Louisa Wells war um Worte nicht verlegen. Sie steckte das Thermometer in seine Hülle zurück und sagte ruhig: »Wenn Sie schon unbedingt reden müssen, Mr. Standish, versuchen Sie wenigstens, freundlich zu bleiben. Ihre Tochter hat extra die weite Reise auf sich genommen, um Sie zu pflegen... So, Miss Standish, jetzt werde ich Sie Ihrem Schicksal überlassen.«
Diese Verteidigung berührte Freddies Herz, und sie sagte rasch: »Ach, nennen Sie mich doch bitte Freddie. Miss Standish klingt so komisch, denn für alle war ich immer nur >Schwester< oder Freddie.«
»Danke«, sagte Louisa kurz und ohne sich eine Verzierung abzubrechen. »Wenn Sie mich brauchen, die drei Häuser sind durch Telefon miteinander verbunden. Ich kann jederzeit kommen.« Und ohne den geringsten Versuch, den Patienten zu
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