Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
nur und sagte: »Nette Göre. Kenne sie schon seit ihrem neunten Lebensjahr. Hab’ sie über all die üblichen Kinderkrankheiten weggebracht. Interessante Studie für einen Psychologen. Keine Hemmungen, und hat vor keinem Menschen Respekt... Und jetzt, wie geht’s uns denn so, Standish?«
Während der Arzt ihren Vater untersuchte, half Freddie ihm mit Handreichungen: Von Kopf bis Fuß ganz die gelernte Krankenschwester. Sie hatte es oft genug durchexerziert und kannte den Drill, wußte das Thermometer im genau richtigen Augenblick anzureichen, »Ja, Herr Doktor« und »Nein, Herr Doktor« zu sagen und wußte auch, daß man sich, selbst wenn man die ganze Nacht mit dem Assistenzarzt durchtanzt und er einen sogar zu küssen versucht hatte, nicht das geringste anmerken lassen durfte, daß man ihn schon kannte. Man hatte »Ja, Herr Doktor« zu sagen und seine Anweisungen mit der gebührenden Demut zu empfangen.
Winter jedoch fand wenig Zeit für Krankenhausetikette. Seine Untersuchung und die Befragung waren kurz und bündig und ganz auf den Fall konzentriert. Und als er fertig war, sagte er: »Alles in Ordnung. Glauben Sie aber jetzt nur nicht, ich wollte damit sagen, daß Sie aufstehen oder sich Freiheiten erlauben könnten. Da liegen Sie und da bleiben Sie liegen, bis ich den Startschuß gebe. Einstweilen geht’s Ihnen aber entschieden besser. Das sieht doch heute schon ganz anders aus als gestern. Das einzige, was Sie jetzt brauchen, ist Ruhe und die diversen Rauschgifte, die ich Ihnen verschrieben habe — obgleich Sie wahrscheinlich ohne sie ebensogut überleben würden. Immerhin, für all das schöne Geld, das Sie vermutlich der Sozialversicherung in den Rachen schmeißen, können Sie geradesogut was dafür zurückverlangen... Im Ernst, Standish, tun Sie, was ich Ihnen sage, und Sie werden später wieder völlig auf dem Damm und der alte sein. Machen Sie Dummheiten, können Sie sich immer noch in die Tinte setzen. Morgen werd ’ ich nicht vorbeikommen. Miss Standish kann mich in der Früh ja anrufen und mir Bericht erstatten. Die beste Zeit ist sieben. Überflüssig, die ganze Nacht aufzubleiben. Sie müssen lediglich auf Draht sein, wenn er Sie braucht.« Und nach ein paar weiteren Anordnungen eilte der Arzt fort, und zwei Minuten später war sein Wagen schon die Auffahrt hinuntergebraust und ihren Blicken entschwunden.
5
Louisa Wells musterte Freddie anerkennend, als sie am Nachmittag ins Haus kam. »Sehr vernünftig von Ihnen, daß Sie Ihre Reithosen mitgebracht haben. Sie gehen also mit Elizabeth.« (Offenkundig blieb Mrs. Wells hartnäckig bei jenem Namen, den alle anderen verworfen hatten.) »Na schön, eine gute Idee, ein bißchen frische Luft zu schnappen, aber lassen Sie sich von diesem Mädel ja nicht zu einem zu schnellen Galopp verführen.« (Freddie erfuhr nun, daß die übliche Variante zu >Elizabeth< >dieses Mädel< hieß.)
»Sind Sie einverstanden, wenn ich eine Stunde ausbleibe?«
»Warum nicht? Ich bin ja immer zwischen zwei und vier hier und kann ein Auge auf Mr. Standish haben. Es braucht wirklich nicht dauernd einer um ihn herumzuscharwenzeln. Meiner Meinung nach ist es viel besser für ihn, wenn er möglichst viel in Ruhe gelassen wird. Wie ich höre, ist dieses Mädel heut morgen hiergewesen ?«
»Ja, aber er hat sich gefreut, sie zu sehen. Ich glaube, sie muntert ihn auf. Mehr als ich.«
»Unsinn. Ein wenig Gewürz im Pudding ist schon recht, aber zuviel davon taugt auch nicht«, und nach dieser verschrobenen, doch zutreffenden Zusammenfassung von Liz’ Charaktereigenschaften machte sich Louisa an die Arbeit am Spülbecken.
Liz war eben im Hof dabei, den Sattelgurt unter einem lebhaften grauen Gaul festzuzurren, und am Zaun war ein schöngebautes kleines Vollblut angebunden, das einen herrlichen Widerrist hatte.
»Der Graue ist Max’ Pferd und du wirst ihn bestimmt gern haben. Reite ihn nur mit ziemlich langem Zügel. Er ist sehr weich im Maul und geht leicht.«
»Er sieht herrlich aus, aber ich bin noch nicht oft geritten. Anders als du. Ich könnte mir denken, daß du wirklich hervorragend reitest.«
»Eigentlich müßte ich es ziemlich gut können, denn ich reite schon, seit ich laufen kann. Ich tauge überhaupt nur für alles, was mit der Landwirtschaft zusammenhängt. Du hast einen Beruf. Was nützt es einem Mädel schon, etwas von der Landwirtschaft zu verstehen? Landarbeit bringt nichts ein.«
»Aber ich glaube, du heiratest doch sicher einmal einen Farmer. Oder
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