Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
würdest du lieber in der Stadt leben?«
»Grauenhaft fände ich das, aber es gibt verschiedene Farmer«, sagte Liz dunkel und schwang sich leicht in den Sattel. Freddie folgte ihrem Beispiel, und sie ritten aus dem Hof hinaus und verhielten einen Augenblick, um die Aussicht zu genießen. Der Nebel w ar nun schließlich doch aufgerissen, und strahlender Sonnenschein brach durch die Wolken. Unter ihnen lag das Tal wie ein Schachbrett grüner Weiden, und durch schützende Hecken schimmerten verstohlen hier und da ein paar Häuser. Das alles nah m sich sehr viel zivilisierter aus, als Freddie es nach der Fahrt in der vergangenen Nacht erwartet hatte. Es war eine wunderbare Aussicht, die bei den grünen Wiesen am Fuß des Hügels begann und mit einem vagen Schimmer schneebedeckter Berge schloß. Auf Freddie aber, die an das Stadtleben gewöhnt war, wirkte sie einsam.
»Fehlen dir eigentlich deine Schulfreundinnen gar nicht?« fragte sie, aber Liz schüttelte den Kopf.
»Nicht sehr. Die Schule war schon ganz in Ordnung, aber ich gehöre nun mal hierhin. Außerdem kommen manche Mädels in den Ferien her. Ich liebe dieses Stück Land.« Und mit einem Mal wurde ihre Stimme ernst, fast leidenschaftlich, dachte Freddie.
»Wie lange bist du eigentlich schon hier?«
»Seit meinem neunten Lebensjahr. Davor verwaltete Paps ein Gut im Küstengebiet, aber an diese andere Farm erinnere ich mich kaum noch. Ich gehöre hierher, und als ich noch zur Schule ging, hatte ich oft schrecklich Heimweh nach dem Busch und den Tieren.«
Sie ritten jetzt den Hügel hinauf zum Gatter. Liz sagte: »Es kommt mir so drollig vor, daß diese Farm deinem Vater gehört und du sie überhaupt nicht kennst, während ich — nun ja, das Gefühl hab’, als ob mir jeder Zentimeter davon kostbar wär’!« Dann lachte sie: »Wie blöd und gefühlsduselig sich das anhört...! Da drüben, das ist die Wardsche Farm. Früher saßen dort Freunde von euch — die Lorimers . Die Farm ist riesig, und Mr. Ward will sie aufteilen, Wenn Ian, ich meine, falls...«
Freddie erriet, daß sie sagen wollte: wenn und falls Ian heiratet. Sie hielt das für eine sehr glückliche Lösung, vorausgesetzt, daß Ian noch ein bißchen mehr war als nur ein guter treuer Schatz.
Dann bliebe Liz in der Nähe der Menschen, die sie liebte, und in dem Land, das ihr soviel bedeutete; doch mochte ihr ein treuer beständiger Schatz vielleicht nicht ganz genügen. Freddie war entsetzlich neugierig auf Ian, und als sie plötzlich einen jungen Mann quer über die Koppel auf sich zureiten sahen, interessierte sie sich sehr für ihn. Aber es war nicht Ian, denn Liz sagte ziemlich atemlos: »Da kommt Derrick. Reitet er nicht fabelhaft? Und das da ist einer seiner besten Hunde — Flirt.«
Freddie sah gleich, daß Derrick Morton alles andere als ein treuer fester Schatz war. Dies hier war ein berufsmäßiger Charmeur, sah phantastisch aus, mit braunem Haar und sehr hellen blauen Augen und einer unbekümmerten, zwanglosen Art. Klar, daß er vor der Tochter des Chefs nicht die geringste Scheu empfand, denn er sagte auf der Stelle Freddie zu ihr und brachte ihr auch geschickt bei, daß er sie ungewöhnlich attraktiv fände. Ganz von Ferne erinnerte er sie an Maurice Gresham; er hatte das gleiche Auftreten eines entzückenden Playboys und eine Weltgewandtheit, die man nie und nimmer in einem Schäfer auf einer Hinterlandfarm vermutet hätte. Maurice jedoch, sagte sich Freddie, war netter.
Er verfehlte seine Wirkung auf sie. Während der drei Jahre, die seit ihrem Flirt mit Maurice vergangen waren, hatte sie eine Menge dazugelernt. Sie war vielen charmanten jungen Männern begegnet und hatte es gelernt, sie zu durchschauen. Derrick Morton wäre bestimmt eine amüsante Abwechslung, aber für dauernd war er nichts. Maxwell hatte recht: Diesem jungen Mann würde es nicht im Traum einfallen, sich mit der Tochter eines bloßen Farmverwalters einzulassen. Freddie hoffte sehr, daß es Liz nicht ernst meinte.
Derrick wendete und ritt mit ihnen zurück. »Mir ist grad eingefallen, daß ich noch einen Blick auf ein bestimmtes Mutterschaf werfen wollte«, sagte er fröhlich, und Liz lachte. Offenbar erwartete er gar nicht, daß man ihm Glauben schenke, und Freddie fragte sich, vor welcher unangenehmen Arbeit er sich wohl jetzt wieder drücken mochte, und ob Jock Baker wohl auf ihn wartete.
Liz indessen schien hocherfreut über seine Begleitung und begann ihn sofort zu drängen, seinen Hund vorzuführen.
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