Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie

müssen, statt mit Liz zusammen einen Rundritt um die Farm machen zu können. Und am allerschrecklichsten war ihr der Gedanke, gegen irgendeinen Menschen als Zeuge auftreten zu müssen, auch wenn es sich um einen Mann handelte, der sie so herzlos auf der Straße in jener finsteren Nacht stehengelassen hatte.
    Beide Mädchen waren während der Fahrt ungewöhnlich schweigsam. Sie machten sich früh auf den Weg, da sie mehr als hundert Meilen zu fahren hatten. Zu jeder anderen Zeit hätte Freddie den Ausflug sehr genossen, denn sie fuhren durch das Tal hinunter, vorbei an den ziemlich wohlhabenden Farmen und hinaus auf die Ebene. Überall machte sich der Frühling endlich doch bemerkbar; als sie die Hügelkette hinter sich ließen, entdeckten sie Legionen von Blütendolden in allen Bauerngärten, und die Lämmer waren, wie Liz neiderfüllt beobachtete, schon viel größer und älter als ihre eigenen.
    »Dennoch würde ich hier nicht leben wollen, obgleich das Land so fruchtbar ist. Ich hasse Asphaltstraßen und Nachbarn, die einem so dicht auf der Pelle sitzen. Die Hügel und der Busch — das ist was für mich, für immer!« Eine Bemerkung, die Ian in eine geradezu fröhliche Stimmung versetzte.
    Endlich näherten sie sich Eastdale , nachdem sie meilenweit durch Vorstädte gefahren waren, und wiederum befiel die beiden Mädchen große Nervosität. Plötzlich sagte Liz: »Ich weiß natürlich auch, daß es ganz und gar niederträchtig von ihm war, sich mit dem Wagen aus dem Staub zu machen, aber trotzdem...«
    »Vielleicht, wenn sie ihm doch nur noch eine Chance geben wollten. Schreckliches Gefühl, daß wir einen Mann ins Gefängnis zurückschicken.«
    »Sei doch vernünftig«, bat Ian geduldig. »Das tut ihr doch gar nicht. Er entwischte. Er geht also nur dahin zurück, wo er von Rechts wegen hingehört.«
    »Aber mir haben die Männer in Gefängnissen immer so leid getan «, sagte Freddie in leicht weinerlichem Tonfall. »Ich möchte wirklich wissen, wie es die Leute über sich bringen, entsprungene Häftlinge anzuzeigen — noch dazu einen Mann, der sein Leben im Feld aufs Spiel setzte.«
    »Sehr romantisch«, sagte Ian eisig, »aber er hat seither auch anderer Leute Leben aufs Spiel gesetzt, ganz zu schweigen von dem Polizisten. Und was das Zurückschicken ins Gefängnis betrifft, das liegt ja gar nicht in eurer Hand, und wenn ihr’s nicht tätet, würde ich es tun. Denkt daran, er hat auch meinen Wagen gestohlen.«
    »O Ian, aber du wirst doch deshalb keine Rache nehmen wollen«, wandte Liz ein. »Schließlich ersetzt dir die Versicherung doch den Schaden, und der Wagen mußte sowieso neu lackiert werden. Ich finde, der hat doch wirklich nur dabei profitiert.«
    Aber Ian sah das ganz anders. »Kann sein und kann auch sein, daß er wirklich neu gespritzt werden mußte, aber ich persönlich würde das lieber dann besorgen, wenn ich will. Der Lump schlich sich in meinen Schuppen und klaute den Wagen. Da kommt ihr nicht drum herum. Hernach, als er Bruch damit gemacht hatte, lauerte er auf ein paar Unschuldslämmer wie euch und bekam prompt einen anderen Wagen. Nichts besonders Edles oder Romantisches an einem Kerl, der zwei nette, freundliche Mädels meilenweit von jeder menschlichen Behausung entfernt einfach im Stich läßt, während er in ihrem Wagen entschwebt... Schön, da wären wir.«
    Freddie schien es ein verbotener Ort, und die herumstehenden Polizisten jagten ihr Angst ein. Die Mädchen folgten Ian und wurden in den Gerichtssaal hineingeführt, wo sich bereits eine ansehnliche Menschenmenge eingefunden hatte. Shales erneute Gefangennahme und sein auf diesen Morgen festgesetztes Auftreten hatte eine Menge Neugieriger auf die Bildfläche gerufen, und als die beiden Mädchen ihre Plätze einnahmen, ging ein teilnahmsvolles Raunen durch den Saal.
    An diesem Tag standen wie üblich eine Menge Fälle zur Verhandlung — Kraftfahrerdelikte, kleine Diebstähle und Trunkenheit am Steuer aber unglückseligerweise kam Shales Fall an erster Stelle auf der Liste, so daß die Mädchen keine Gelegenheit hatten, sich vorher mit dem Verfahren vertraut zu machen... Als der Gefangene in den Gerichtssaal hineingeführt wurde, war Freddie über sein Äußeres überrascht. Er war viel größer und kräftiger, als sie sich in jener Nacht gedacht hatte, und sein Gesicht hatte einen verschlagenen Ausdruck. Als er so hereinkam, schielte er seitlich zu ihnen herüber, und in seinen Augen stand Wut. »Wenn wir gewußt hätten, wie er