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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica - sTdH 6
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Miß Armitage? Oder haben Sie vor, heute noch auszusteigen?«
    Mit einer
Decke um die Schultern, da sie nur ein dünnes Musselinkleid und eine Pelerine
trug, die Lady Godolphins geschickte Kammerzofe aus einem Kleid der Lady genäht
hatte, stürzte Frederica in den Sturm hinaus.
    Wenn sie
sich vor die Kutsche stellte, sah sie der Kutscher. Auf beiden Seiten der
Kutsche bestand die Gefahr, daß der Herzog oder Lady Godolphin sie
beobachteten; und auf der Rückseite waren die Lakaien.
    Sie beeilte
sich deshalb, an den Straßenrand zu kommen, und lief in ein kleines Wäldchen
hinein, bis sie sicher war, daß man sie von der Kutsche aus nicht sehen konnte.
Dabei hätten auch wenige Schritte gereicht, um sie allen Blicken zu entziehen,
denn es war stockdunkel und der Sturm tobte heftig.
    Sie ärgerte
sich über sich selbst, als sie merkte, daß ihr überhaupt nicht mehr übel war.
Denn dafür war sie jetzt durch und durch naß und zitterte vor Kälte. Sie kam
sich sehr albern vor und machte sich auf den Weg zur Kutsche zurück.
    Aber wo war
die Kutsche?
    Sie hörte
nur, wie der Wind an den Bäumen zerrte und der Regen rauschte. Die Lichter der
Kutsche waren nicht zu sehen und es waren auch keine Stimmen zu hören. Sie
wollte nicht noch mehr Umstände machen und rief deshalb nicht um Hilfe, denn
damit würde sie ja einen der bedauernswerten Diener zwingen, loszulaufen und
sie zu suchen. Man nahm eben einen ganz anderen Standpunkt im Leben ein, wenn
man einmal selbst zur Dienerschaft gehört hatte, und sei es auch nur für ganz
kurze Zeit.
    »Ich darf
nicht in Panik geraten«, dachte Frederica. »Ich bin nicht mehr so, wie ich
einmal war. Ich bin jetzt mutig und entschlossen. Die Kutsche ist sicherlich
dort drüben.«
    Mit
gesenktem Kopf rannte sie durch den wütenden Sturm. Undeutlich erkannte sie,
daß der Wald sich lichtete. Sie mußte also nahe an der Straße sein.
    Aber da
rutschte sie plötzlich aus und stürzte tiefer und tiefer, bis sie krachend in
einen Busch fiel. Atemlos und zu Tode erschrocken, blieb Frederica still
liegen. Sie war davon überzeugt, daß sie alle Knochen gebrochen hatte. Nach ein
paar Augenblicken bewegte sie vorsichtig ihre Arme und Beine. Sie fürchtete
sich davor, aufzustehen und womöglich weiter zu fallen.
    »Hilfe!«
schrie sie, so laut sie konnte. Aber der Wind fing ihre Stimme auf und riß sie
in Fetzen.
    Sie spähte
nach oben in den Regen, wobei sie die Augen zu einem schmalen Spalt verengte,
und hoffte das tanzende Licht einer Laterne zu entdecken, denn sicherlich wurde
sie inzwischen gesucht. Aber die ganze Welt hatte sich in ein dunkles Getöse
aus Regen und Wind verwandelt, und es war kein Licht zu sehen.
    Frederica
stand vorsichtig auf und fuhr vor Schmerz zusammen, als ihre nasse Kleidung an
die aufgeschlagenen und zerkratzten Beine und Arme schlug. Sie versuchte, sich
den Hang hinaufzuarbeiten, verlor aber den Halt und begann wieder nach unten zu
rutschen, wobei sie außer sich vor Angst nach Gräsern und Wurzeln griff, um die
Beschleunigung ihres Sturzes wenigstens ein bißchen abzubremsen.
    Schließlich
fand sie auf einem Felsen Halt. Frederica gab ihren Versuch, zur Kutsche
zurückzukehren, auf. Sie hatte nur noch einen Gedanken –, irgendeinen
Unterschlupf zu finden und am Leben zu bleiben.
    Sie drehte
sich um und schaute nach unten. Sie erkannte undeutlich einen Fluß, der direkt
unter ihr reißend dahin strömte. Frederica holte tief Atem. Der Fluß mußte
irgendwohin fließen, ja er könnte zur Straße zurückführen.
    Langsam und
unter Schmerzen begann sie sich über die herumliegenden Felsbrocken und das
Gras am Ufer vorwärts zu tasten. Sie sprach laut zu sich selbst, um nicht ganz
entmutigt zu werden. »Es ist ein Wunder«, sagte sie beherzt, »daß ich mir nicht
einmal den Knöchel verstaucht habe. Ich friere und bin naß und hungrig, aber
ich bin davon überzeugt, daß ich bald irgendwo ankommen werde. Ich muß die
Kutschendecke bei meinem Sturz verloren haben, aber das macht nichts. Sie hätte
mich sowieso mit ihrem feuchten Gewicht nur zu Boden gezogen.«
    Zwar ließ
der Regen allmählich nach, und der Himmel wurde heller, dafür aber brauste der
Wind noch stärker. Frederica konnte jetzt einen schmalen Pfad erkennen, der
sich am Fluß entlang um Felsen und Grasbuckel herum schlängelte. Der unklaren
Spur folgend, ging es sich schon leichter.
    Der Himmel
wurde immer heller.
    Sie blickte
nach oben und sah voller Entsetzen, daß sich der Fluß am Grunde einer

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