Frederikes Hoellenfahrt
Eingangstür und behielt sie alle im Blick. In seiner Hand qualmte mindestens die achte Zigarette. Superman stand hinter ihnen und tat wahrscheinlich das Gleiche. Das Telefonläuten durchbrach die Stille.
Alle Anweisungen der Masken waren ohne Widerstand ausgeführt worden. Platz schaffen! Die Geiseln hatten Tische und Stühle vor die Waschmaschinen und Trockner geschoben. Wie beim Tanzunterricht in der Schule. Der Held vom Klo kommt genau hierher! Zwei Männer hatten den bewusstlosen Kain in die Mitte gezerrt. Hinlegen! Man hatte alle auf den Boden gezwungen. Wortlos waren sie den Anweisungen gefolgt. Die Pistolen erstickten jede Auflehnung. Catwoman lachte. Sie lagen wie tote Fische. Frederike hatte sich zwischen Kain und Isabell geklemmt. Wahrscheinlich wollte sie auch jetzt noch ihre Angestellten schützen. Dazu würde sie keine Chance haben.
Eine der Urenkelinnen hatte um einen Gang auf Toilette gebeten. Ein Schuss war die Antwort gewesen. Frauen hatten geschrien, bis Catwoman es ihnen verbot. Schnauze! Oder ich schieße euch in euren Schädel! Hände nach vorn! Frederike drückte Isabells Hand, sie hatten sich eher zufällig gefunden und nicht wieder losgelassen. Ihre Berührung war den Masken entgangen. Frederike gab sie Mut.
Kain lief Speichel aus dem Mundwinkel. Er atmete schwer. Warum nur musste Kain den Helden spielen? Bruno hätte überlegter gehandelt, dachte Frederike. Aber Bruno kam seltener, seitdem ihn Jonas Diepholz und der Modellbau beschäftigten. Jetzt verstärkte Isabell den Druck ihrer Hand. Ihr liefen die Tränen. Frederike nickte ihr zu: Alles wird gut. Sie glaubte selbst nicht daran.
Die Urenkelin mahnte noch einmal ihre dringende Notdurft an.
»Piss durch die Rippen!«, sagte Catwoman und sah sich um. »Wo ist denn Frau Wirtin?«
Es war vorbei. Die Masken würden sie als Erste erschießen. Sie hob zitternd die Hand.
Catwoman lachte: »Ich möchte was trinken, und nichts von der billigen Sorte!«
Frederike schob sich auf die Knie. »Unsere Auswahl ist reichlich.« So antwortet man Gästen und lässt ihnen die Wahl, für diese Verbrecher war das aber eindeutig die falsche Strategie. Prompt kam Catwoman auf sie zu, zog sie an den Haaren. Gleich würde er ihr ins Gesicht schlagen. Die fetten Lippen schienen zu grinsen. Seine Augen schnitten ihr ins Fleisch. Frederike zählte auf: »Cointreau, Aperol, Amaretto, Old Pascas Ron Negro, Jägermeister, Stroh 80, Cynar, Osborne Veterano, Goldkrone, Grand Marnier, Bacardi Light Dry, …« Frederike sprach ohne Pause, als ob mit dem Ende der Aufzählung auch ihr Leben beendet wäre.
»Kannst du nichts mixen?« Frederike nickte. Catwoman winkte sie mit der Pistole hinter den Tresen. »Wodka Red Bull. Für meinen Freund auch.« Frederike begann die Flasche zu suchen. Am besten ihm eins damit über den Schädel, dachte sie.
Catwoman setzte sich zu ihr an die Theke. »Köpfe runter! Ich habe euch alle im Blick!«
Frederike öffnete die Flasche und maß den Wodka in Gläser. Red Bull holte sie aus dem Kühlschrank. Sie wusste nicht, was die Masken im Waschsalon wollten. So wie die sich benahmen, hatten die selbst keine Ahnung. Nach Plan lief diese Aktion jedenfalls nicht. Unkoordiniert waren die Anweisungen. Ziellos ihre Handlungen. Ums Geld schien es den Masken nicht zu gehen. Zwanzig Menschen lagen ihnen zu Füßen. Irgendwann mussten sie Forderungen stellen. Wodka Red Bull oder in zwanzig Minuten wird die erste Geisel erschossen! Das Telefon läutete wieder. Die Masken überhörten es einfach. Sie sprachen auch nicht miteinander.
Frederike schob die fertigen Drinks über die Theke. »Wohl bekomm’s.«
Catwoman brachte seinem Komplizen das Glas. Sie stießen nicht an. Frederike sah hinter den Rollläden Blaulicht. Gott sei Dank!
»Plörre!«, sagte Catwoman und goss den Wodka Red Bull über den Kopf einer Frau. »Mach einen mit doppelt Wodka.« Frederike nickte zitternd. Oder du wirst erschossen! Sie griff nach den Flaschen. Das Blaulicht machte ihr Hoffnung. Es wurde an die Scheibe geklopft.
»Sag ihnen, sie sollen verschwinden!« Catwoman nahm den nächsten Drink.
»Dazu brauch ich den Schlüssel.«
»Sag’s ihnen durch die Scheibe, du Kuh! Schreien hast du ja vorhin auch können.«
Frederike stieg über die liegenden Menschen und hoffte, dass sie auf keine Hand trat. Dann stand sie am Fenster, genau dort, wo es klopfte. Durch die Rollläden blinkten Lichter, manche schienen sich fortzubewegen. Sie legte ihre Hände an die Scheibe.
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