Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
Vom Netzwerk:
schlug das Herz bis zum Halse. Aber es war ihr Fall. Sie hatte den Befehl zum Einsatz erhalten und nicht Michalk. »Frau Thede, ich nehme noch ein Wasser.«
    »Medium. Ich weiß, Frau Kommissarin.« Patricia Thede suchte nach Gläsern.
    »Ik mekte Ihren Dschob nikt tun«, sagte die Dame am Tisch. Smalltalk? Schabowski konnte den Akzent nicht deuten. Russisch? Polnisch? Serbokroatisch? Die Dame trug Make-up und hatte einen sehr üppigen Busen. Ihr Begleiter wischte sich immer wieder mit seinem Taschentuch über den Mund. Seine wenigen Haare glänzten feucht. »Wie chaffen Sie das denn bloss, Ihren Dschob?«
    Ich habe keinen Freund, könnte Schabowski sagen, keine Liebe. Die Dame streichelte ihrem Galan zärtlich die Hand. Gleich würde sie Ik liebe dik in sein Ohr hauchen. Die Kommissarin schloss ihre Augen und atmete durch. Ein Mord, eine Geiselnahme, zwei schwarze Masken. Sie brauchte eine genaue Beschreibung der Täter. So genau wie möglich. Sie stellte ihre Frage laut in den Raum: »Wer von Ihnen hat die Täter gesehen?«
    Hände gingen in die Luft. Waldemar Sziegoleit und der Kerl mit blonder Bürste und drei, vier andere hielten sie in die Höhe wie Streber. Patricia Thede hielt das Glas Wasser medium in der Hand. Die Dame ihr gegenüber schüttelte den Kopf, ihr Begleiter wischte sich mit dem Taschentuch im Gesicht. »Wir chaben doch gar nikts gesähen, Vitali, odär?«
    »Wie sahen die Täter aus?«
    Jetzt sprachen alle durcheinander. Einsachtzig … muskulös … schmächtig … der eine reichte mir kaum bis zur Hüfte … stahlblaue Augen … ein Hüne … und haben die nach Knoblauch gestunken! Ekelhaft! Ekelhaft, sage ich Ihnen. Sie sagten es, und die Kommissarin fragte Patricia Thede: »Gibt es hier einen Raum, wo mich keiner stört?«
    Die Barfrau wies auf den Gang zum Büro mit dem Toten. »Gegenüber vom Chef ist ein kleines Lager.«
    »Haben Sie dafür einen Schlüssel?«
    Patricia Thede reichte der Kommissarin ein Bund über die Theke. »Tisch und Stuhl gibt’s dort aber nicht.«
    Schabowski nickte. Sie würden einen Platz finden. Hauptsache, ein Gespräch war dort ungestört möglich. Im Barraum war es ausgeschlossen, auch wenn alle Zeugen gerade schwiegen. Die Kommissarin hatte sich für die Dame mit dem Akzent entschieden. »Würden Sie bitte mit mir kommen?«
    »Abärr ik chabe ieberhaupt nikts gesähn!«
    Schabowski diskutierte nicht und winkte sie heran. Die Frau fiel ihrem Begleiter um den Hals, als würde die Kommissarin sie zur Hinrichtung führen. Dann folgte sie mit wogendem Busen.
    Das Lager maß keine zehn Quadratmeter und war mit Getränkekästen und Kisten vollgestellt. Schabowski stieß mehrmals dagegen. Flaschen klirrten. Die Kommissarin schuf nötigen Freiraum. Die Sessel aus der Bar waren zu schwer, um sie ins Lager zu ziehen. Die Kommissarin entschied sich für zwei Hocker. Der junge Mann mit blonder Bürste trug sie ihr nach. Schabowski schloss die Tür hinter ihm und schwang sich darauf. Die Zeugin entschied sich für einen Kasten Obstland-Sähe und saß einen halben Meter unter ihr. So würden sie auf unterschiedlichen Ebenen sprechen. Die Kommissarin zog sich einen Kasten Bier heran und setzte sich darauf.
    »Frau Kommissarin, ik chabe nikts gesähn. Männer waren ganz schwarz.«
    »Es waren zwei Männer?«
    »Nu, wie soll ik sagen? Greeße und Keerper …« Die Frau schob ihre Hände unter den Busen. »Ik chab nikts gesähn.«
    »Sind Sie öfter im BARocko zu Gast?«
    »Nu, mankmal. Main Freind fiehlt sich wohl hier. Da gähn wir mankmal chier eher. Und main Neffä bedient hier. Hait abärr nikt.«
    Schabowski brauchte Fakten und keine Familiengeschichte. »Sie saßen im Gastraum, als die Täter ins Lokal kamen?«
    »Ik chabe sie gar nikt gesähn, erst als sie aus dem Biero kamen. Sie chaben geschossen. Dann waren sie weg.«
    »Wie sahen sie aus?«
    »Groß. Schwarz. Sie ranntän und warfän hinter sik Stühle.«
    Schabowski musste der Frau Zeit lassen. »Wie heißen Sie?«
    »Nu, Vera Kreizpointner.«
    Spätaussiedler oder eine verkaufte Braut, vermutete Schabowski, für den Job als Prostituierte hatte Vera Kreuzpointner an Jahren zu viel. Aber wer weiß? Knapp fünfzig schätzte die Kommissarin das Alter der Dame. »Seit wann leben Sie in Leipzig?«
    »Fienf Jahre. Vor sechs Jahren konnten wir ändlich in unsere Chaimat zurick. Leipzig ist eine sähr scheene Schtadt.«
    Vera Kreuzpointner musste vor ihr die Stadt nicht loben, für Schabowski war Leipzig keine Heimat und

Weitere Kostenlose Bücher