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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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als Männer ihre Frauen. Für dieses Phänomen gibt es nur eine Erklärung: Wir werden von euch Frauen ausgespäht, und dann setzt ihr euch so in Szene, dass wir einfach über euch stolpern müssen. Und wenn unser Interesse an euch erwacht, ziert ihr euch und zieht euch zurück, sodass wir vom Jagdfieber erfasst werden und euch erobern wollen. In Wirklichkeit aber sind wir die Gejagten.«
    »Wirklich?«, erwiderte Rosa mit Unschuldsmiene.
    Doch dann mussten beide zugleich loslachen.
    Ein Fenster öffnete sich im ersten Stock des Hauses, und ein blasses, von grauen Haaren umrahmtes Gesicht erschien.
    »Macht ihr euch etwa über mich lustig? Schämt ihr euch denn nicht, jemanden in den Schmutz zu ziehen, den das Schicksal hart geprüft hat?!«
    »Entschuldigen Sie, verehrte Frau Emmerich, wir haben nicht über Sie gelacht, sondern nur über die Dummheit von Männern«, beeilte sich Benno zu sagen, während er ein entwaffnendes Lächeln aufsetzte und Rosa zustimmend nickte.
    »So, so, über die Dummheit von Männern habt ihr gelacht?«
    Berta Emmerich blickte nicht mehr so verärgert, schien aber immer noch nicht ganz überzeugt zu sein.
    »Wirklich, es ist so!«, bestätigte Rosa.
    »Wir waren gerade auf dem Weg zu Ihnen«, sagte Benno.
    »Zu mir? Was wollt ihr denn, und wer seid ihr?«
    Berta Emmerich redete mit ihnen in einem Ton, als wären Benno und Rosa irgendwelche Dahergelaufenen.
    »Ich bin Benno Greve, Jurist und Advokat von Beruf. Das hier ist Rosa Münkoff. Sie hat Ihren Gatten in der Elbe entdeckt und ist damit eine der wichtigsten Zeugen im Mordfall. Auch ich war dabei, als die Leiche Ihres Gatten geborgen wurde. Deshalb hat mich Stadtschreiber Friese beauftragt, den Fall zu untersuchen. Eben deshalb sind wir gekommen, um mit Ihnen zu sprechen. Vielleicht können Sie uns Hinweise geben, die zur Ergreifung der Täter führen.«
    Berta Emmerich blickte unentschlossen auf sie herab.
    »Würden Sie uns bitte einlassen? Ich habe einige Fragen an Sie. Der Rat der Stadt möchte diesen Fall möglichst bald aufgeklärt wissen.«
    Benno machte eine Geste, als wollte er die Tür öffnen.
    »Schon gut«, sagte Emmerichs Frau ein wenig widerwillig, »ich komm ja schon runter.«
    Dann verschwand sie am Fenster. Benno und Rosa hörten, wie sie die knarrenden Stufen herunterstieg. Dann öffnete sich die Haustür.
    Berta Emmerich war eine verhärmte, hagere Mittsechzigerin, und für die Frau eines Kaufmanns ärmlich gekleidet. Sie blickte die beiden jungen Leute vor ihrer Tür immer noch skeptisch an.
    Benno verneigte sich großzügig vor ihr und machte wieder diese Handbewegung, als wollte er um Einlass bitten.
    »Dürfen wir? Die Leute auf der Straße sollten nicht mitbekommen, was wir mit Ihnen besprechen müssen.«
    Das half. Berta Emmerich öffnete die Tür ein Stück weiter, sodass die beiden sich durch den Spalt zwängen konnten. Sobald sie im Flur standen, schloss sie die Tür wieder und verriegelte sie.
    »Haben Sie denn den Laden nach dem Tod Ihres Gatten geschlossen?«, fragte Benno mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Die Leute wollen mich jetzt nur noch übers Ohr hauen! Wollen nicht mehr den regulären Preis zahlen, sondern feilschen um jeden Heller. Meinen nun, mit einer alten Witwe könnten sie machen, was sie wollen. Aber da haben sie sich geschnitten! Ich gebe ihnen weder Rabatt noch lasse ich anschreiben. Punkt, aus.«
    Benno blickte sich um.
    »Können wir uns irgendwo setzen, um in Ruhe über alles zu sprechen?«
    Widerwillig nickte Berta Emmerich und ging vor ihnen die Treppe hinauf, auch wenn sich das nicht schickte, weil sie dadurch ihre Beine entblößte. Doch das machte der Witwe nichts aus; vielleicht hielt sie auch nicht viel von gesellschaftlichen Vorschriften und Benimm-Regeln.
    Sie öffnete die Tür zur Wohnküche und wies auf drei Schemel, die an einem abgenutzten Tisch standen. Benno rückte einen Schemel zurecht, damit Rosa sich darauf setzen konnte und wartete dann höflich, bis auch Berta Emmerich Platz genommen hatte, ehe er sich niederließ.
    »Nun, was wollen Sie wissen?«, fragte die Witwe mit versteinertem Gesicht, doch nun ein wenig höflicher.
    Benno fragte sich, ob die Frau jemals in ihrem Leben gelächelt hatte. Vorstellen konnte er sich das jedenfalls nicht.
    »Wann haben Sie Ihren Gatten das letzte Mal gesehen?«
    »Vor sechs Wochen«, antwortete sie, »er wollte Metallwaren bei den Schmieden der umliegenden Dörfer einkaufen.«
    »Und seitdem ist er

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