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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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herunterleiern. Und das Volk vertraut ihnen blind. – Es sieht nicht gut aus für Magdeburg. Wir werden natürlich versuchen, sie umzustimmen. Vielleicht wird es uns gelingen. Gleichzeitig überlege ich, wie ich meine Familie retten kann, wenn die Mauern fallen.«
    »Im Dom Zuflucht suchen?«, schlug Benno vor. »Die Kirche wird doch sicherlich auch für die Katholischen ein heiliger Ort sein.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte der Druckermeister, »denn zur Zeit der Kreuzzüge haben Juden mehrmals in Kirchen Schutz gesucht. Doch die Kreuzritter haben die Kirchen kurzerhand in Brand gesteckt. Denen war nichts heilig, auch ihre eigenen Kirchengebäude nicht, geschweige denn das Asylrecht.«
    »Aber doch nicht der Dom!«, rief Benno aus. »Den werden doch auch die Katholiken nicht antasten! Das Grabmal des ersten deutschen Kaisers!«
    »Wir werden sehen«, entgegnete Carl-Ulrich Stetter, »wir werden sehen. – Nun zum Fechtunterricht. Lassen Sie uns Montagnachmittag damit beginnen. Vielleicht hat sich die Lage bis dahin entspannt. Ist das in Ordnung für Sie?«
    Benno nickte: »Klar, beginnen wir nächste Woche. Dann gehe ich jetzt mal zur Stadtmauer, um zu schauen, was draußen los ist.«
    »Darf ich Sie begleiten?«, hörte er Anneliese hinter sich fragen. Er lächelte, drehte sich um und sah ihr direkt in die Augen. Sie senkte den Kopf. »Es wäre mir ein großes Vergnügen, Anneliese, wenn Sie mich begleiten würden. Ihre Gesellschaft wäre für mich an diesem trüben Tag ein echter Lichtblick.«
    Sein Kompliment gefiel ihr. Jetzt erwiderte sie seinen Blick.
    Gemeinsam gingen sie zu den Befestigungsanlagen hinunter, die am Elbufer lagen. Die Soldaten ließen sie auf einen der Türme steigen, weil sie wussten, dass Anneliese die Tochter des geachteten Stadtrates Stetter war. Benno schaute über den Fluss, die Marieninsel und die Alte Elbe hinüber zu den dort liegenden Schanzen.
    »Die Befestigungsanlagen dort drüben sind ziemlich weit entfernt, nicht wahr? Was nützen sie überhaupt der Stadt?«
    »Falkenberg hat sie anlegen lassen, um den Schiffsverkehr auf der Elbe zu sichern«, erklärte Annliese. »Die erste und am besten ausgebaute Schanze heißt Magdeburger Succurs, das heißt Unterstützung, Verstärkung oder Hilfe für Magdeburg. Sie liegt dort drüben im Waldgebiet Kreuzhorst, ganz im Süden. Die zweite liegt dort zwischen der Einmündung der Dornburger Alten Elbe und dem Rehberg. Sie heißt Trutz Tilly.«
    »Ein provozierender Name!«, warf Benno ein.
    »Ja, das soll den Feind abschrecken.«
    Unter ihnen ritt ein Trupp bewaffneter Soldaten, angeführt von einem schnittigen Offizier, im Galopp über die Elbbrücke Richtung Schanze.
    »Schau mal«, rief Anneliese und fuhr sich durch die dunklen Locken, »dort unten reitet Kapitän Böse, der Kommandant von Trutz Tilly.«
    »Kapitän Böse?«
    »Das ist sein Name. Eigentlich ist er ein ganz netter Kerl, charmant und witzig.«
    Anneliese blickte Benno ein wenig herausfordernd an.
    »Muss ich mir da Gedanken machen?«, gab er mit hochgezogener rechter Augenbraue zurück.
    Sie legte ihren Kopf ein wenig schief und antwortete schnippisch: »Vielleicht?«
    Benno grinste wie ein Schuljunge. Verunsichert blickte Anneliese zum Horizont.
    Schwere Stiefel erklangen auf der Steintreppe, die im Turm nach oben führte, und ein Stadtsoldat erschien im Türrahmen.
    Anneliese fasste sich und erklärte, während sie nach Südosten zeigte: »Die dritte Schanze liegt in der Nähe der von Magdeburg nach Gommern liegenden Straße und heißt Trutz Pappenheim, fordert also durch ihren Namen ebenfalls die kaiserlichen Truppen heraus.«
    Benno nickte und blickte sie interessiert von der Seite an. Sie war gebildet, selbstbewusst und sah gut aus: Ihre fein geschwungenen Augenbrauen, die schmale Nase, ihr süßer Mund – alles umrahmt von schwarzbraunen Locken, in denen der Wind spielte. Sie wäre eine standesgemäße Partie.
    Eine raue Männerstimme riss ihn aus seinen Träumen.
    »Die Pappenheimer haben sich schon einmal blutige Nasen geholt«, mischte sich der Soldat in das Gespräch ein, »als sie die Schanzen letztes Jahr einnehmen wollten. Diesmal wird es ihnen nicht besser gehen!«
    »Hoffen wir's«, erwiderte Anneliese. Dann wandte sie sich Benno zu: »Kommen Sie, lassen Sie uns zur Neustadt gehen. Hier ist von Tillys Armee noch nichts zu sehen. Vielleicht haben sie im Norden schon Stellung bezogen.«
    Sie verließen die Wehranlage und gingen gemeinsam die

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