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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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sind direkt unter ihrem Haus. Mann, wenn die wüssten, warum sie keinen Keller haben! Wir sind hier, wie schon gesagt, in einem Fluchttunnel oder einem unterirdischen Wehrgang.«
    »Vielleicht beides«, meinte Benno und kniete an der Mauer nieder, um herauszufinden, woher der Schimmer kam.
    »Tatsächlich, Rosa, Sie haben recht. Hier geht es nach draußen«, sagte Benno. »Der Durchgang ist nur so hoch, dass man auf dem Bauch hindurchkriechen kann.«
    »Also, so etwas Ähnliches wie das ›Nadelöhr‹, das Fluchttor von Jerusalem, von dem Jesus sprach?«, fragte Rosa. »Er hat doch gesagt, dass ein Kamel eher durch ein Nadelöhr kommt als ein Reicher in den Himmel.«
    »Genau solch ein Tor!«, bestätigte Benno. »Ich kann auf der anderen Seite ein Eisengitter erkennen, das aber mit Efeu zugewachsen ist. Sicherlich sieht man es von außen überhaupt nicht.«
    »Lasst mich mal sehen«, sagte Hans Münkoff, schob Benno zur Seite und bückte sich in das Loch. Dann setzte er die Öllampe ab und kroch mit dem Kriegsbeil in der Hand hinein.
    Plötzlich hörten Rosa und Benno drei kurze metallische Schläge und das Splittern von verrostetem Eisen.
    »Er hat das alte Gittertor aufgebrochen!«, rief Rosa halblaut. »Jetzt können Tillys Söldner ganz leicht in die Stadt eindringen.«
    »Vorausgesetzt, sie sehen das Loch in der Mauer«, versuchte Benno sie zu beruhigen. »Ihr Vater wird sicherlich nicht die Efeuranke abreißen.«
    Münkoffs Beine erschienen wieder im Fluchttor. Er robbte heraus, erhob sich und klopfte den Sand aus der Kleidung.
    »So, das Tor ist offen«, sagte er, »aber man kann von außen nichts sehen. Das Efeu ist zu dicht. Also, keine Angst, Töchterchen. Es müsste schon mit dem Bösen zugehen, wenn die Kaiserlichen das Fluchttor entdecken sollten.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Nun, ja, und wenn sie es doch entdecken sollten, was soll's. Wir werden Sudenburg in den nächsten Tagen sowieso aufgeben.«
    »Aber führt der Gang nicht bis in die Altstadt?«, warf Rosa ein.
    »Stimmt«, nickte ihr Vater, »das habe ich nicht bedacht. Aber das Gittertor war so verrostet, dass ich es mit drei Hieben kaputtschlagen konnte. Das hätten die Kaiserlichen auch sofort geknackt.«
    »Was halten Sie davon, wenn wir das Loch am Ausgang provisorisch zumauern?«, schlug Benno vor. »Wir haben in der alten Waffenkammer genügend Schutt und Steine. Wenn wir das ›Nadelöhr‹ doch einmal benötigen, können wir es in wenigen Minuten wieder öffnen.«
    »Gute Idee«, stimmte der Gerbermeister zu, »machen wir uns gleich ans Werk. Ich krieche wieder rein, und ihr reicht mir die Steine.«
    Benno und Rosa nickten und schafften sofort die passenden Steine heran, die Münkoff am Ende des Durchgangs verbaute. Eine Viertelstunde später waren sie fertig. Der Gerber hatte die Steine geschickt übereinander gestapelt und die Fugen mit Sand ausgefüllt, sodass man das Fluchttor von außen auch ohne die Efeuranke nicht entdecken konnte.
    »Was nun?«, wollte Rosa wissen. »Erkunden wir heute noch den Gang? Es interessiert mich brennend, wohin er führt.«
    Sie hörten den gedämpften Schlag einer Turmuhr. Es musste schon später Nachmittag sein.
    »Lass es uns auf morgen verschieben«, meinte Hans Münkoff. »Unser Advokat muss sich noch vom Dreck und Staub befreien, ehe wir ihn wieder auf die Straße lassen können, sonst schöpfen die Leute vielleicht Verdacht.«
    Benno nickte. »Ja, kehren wir zurück. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    »Ist das nicht großartig?«, sagte Rosa. »Wir haben einen Fluchtweg, und wir haben ein verstecktes Boot. Jetzt brauchen wir nur noch eine günstige Gelegenheit, um zu fliehen.«
    »Aber nur, wenn es ganz dick für Magdeburg kommt«, warf ihr Vater ein. »Vielleicht ziehen Tilly und Pappenheim ja wieder unverrichteter Dinge ab, genauso wie Wallenstein vor anderthalb Jahren, als die Hansestädte sich für uns eingesetzt haben.«
    Rosa blickte ihn kritisch an.
    Der Vater meinte ihre Gedanken lesen zu können: »Der Gedanke, in die Neue Welt auszuwandern, fasziniert mich schon. Aber …«
    »… aber irgendwie hängst du doch an deiner Heimat«, führte sie seinen Gedanken zu Ende.
    »Wer macht das nicht?!«, gab ihr Vater zu und hob ein wenig hilflos die Schultern.
    »Wir müssen ja heute nichts entscheiden«, beruhigte ihn Rosa.
    Die Öllampe begann zu flackern.
    »Die Flamme geht gleich aus«, sagte Benno. »Wir sollten jetzt umkehren, sonst müssen wir im Dunklen zurückstolpern.«
    Eilig

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